Die Doku „Der Spion, den ich liebte“ (ZDF) setzt auf sich auf die Spur von Kino-Mythen und will sie entzaubern. Es geht um den Romeo-Trick und um den Fall Anna Chapman. Die NSU-Affäre indes spielt nur eine Nebenrolle.
Essen.
Was für das Erste der Vorabend, ist für das Zweite der Dienstagabend: eine Todeszone. Gegen die Serien von ARD und RTL sind die Mainzelmänner chancenlos. Aber sie halten tapfer gegen mit einem Kontrastprogramm, das viele Gebührenzahler von öffentlich-rechtlichen Programmen verlangen: mit Information, seit Mitte Januar gebündelt unter dem Logo „ZDFzeit“. Am heutigen Dienstag, 20.15 Uhr, will das Zweite mit dem 45-Minüter „Der Spion, den ich liebte“ Licht ins Dunkel der Geheimdienste bringen.
Die Anspielung auf Kino-Held Bond, James Bond signalisiert: Die Doku von Kirsten Hoehne und Robert Wortmannwill populär aufbereiten, fast um jeden Preis. Tenor: Im internationalen Spionagegeschäft wird Sex seit jeher als verlässlicher Schlüssel zum Erfolg eingesetzt. Spionage im Dienst der Mächtigen gilt als zweitältestes Gewerbe der Welt. „ZDFzeit“ untersucht Klischees und Wirklichkeit, blickt ein Stück hinter die Fassade der geheimen Dienste und zeigt, wie Agenten arbeiten, was ihnen wichtig ist, mit welchen Mitteln sie an Informationen kommen.
Der Romeo-Trick funktioniert
Ein verblüffendes Experiment in einer Bar demonstriert, wie einfach der so genannte Romeo-Trick funktioniert. Ein weiblicher Lockvogel bringt männliche Gäste vor versteckten Kameras auf Anhieb dazu, Einzelheiten aus ihrem Privat- und Berufsleben preiszugeben. Für den ehemaligen Kriminaloberrat Klaus Dieter Matschke, der das Experiment begleitet, ein klarer Beleg dafür, dass der Mensch auch in Zeiten des Internets das schwächste Glied in der Spionage-Abwehrkette bleibt.
Beim Streben nach möglichst vielen Seh-Leuten ließen sich die Macher der Doku die boulevardeske Geschichte der russischen Spionin Anna Chapman nicht entgehen. Ihre Mission, amerikanischen Unternehmern und Investoren Geschäftsgeheimnisse zu entlocken, scheiterte spektakulär. Im Sommer 2010 flog die russische Agentin in New York auf und wurde des Landes verwiesen. Für Chapman war es der Beginn einer großen Karriere: In Russland wurde die Stümper-Spionin zum Fernseh-Star.
Bedrückender Fall NSU
Ein weiterer Geheimdienst-Fall hingegen war eher bedrückend denn glamourös: Bei der Mordserie der rechtsradikalen NSU spielte der Bundesnachrichtendienst eine unrühmliche Rolle. Das Filmprojekt wurde allerdings weitgehend vor dem Auffliegen der sogenannten Zwickauer Zelle erstellt.
Ob diese mittelaktuelle Aufbereitung des Themas tatsächlich den Nerv des Publikums trifft, bleibt abzuwarten. Bisher verbuchte das ZDF mit seiner dienstäglichen Info-Offensive mäßige Erfolge.