Essen. Liebesbriefe erzählen von Verliebtheit, Sehnsucht, Glück, Herzschmerz oder Abschied. Aber ist es im Zeitalter von SMS und E-Mail zeitgemäß, seine Gefühle für einen geliebten Menschen zu Papier zu bringen? Ja, sagt die Paartherapeutin. Denn Zeichen von Wertschätzung sind nie altmodisch.
Die meisten haben schon mal einen bekommen oder einen geschrieben. Aber ist ein Liebesbrief in Zeiten des technischen Fortschritts überhaupt noch aktuell, oder ist er hoffnungslos altmodisch? Wann haben Sie Ihren letzten Liebesbrief geschrieben? Oder gar einen bekommen? Schauen Sie doch mal in der alten verstaubten Kiste auf dem Dachboden nach – bestimmt finden Sie dort noch den einen oder anderen.
Liebesbriefe erzählen von romantischen Gefühlen, von der Sehnsucht nach dem oder der Geliebten, dem Schmerz, dem anderen nicht nahe sein zu können. Aber es ist gar keine so einfache Sache, einen Liebesbrief zu schreiben. Vielen Menschen fällt es sowieso schon schwer, ihre Gefühle auszudrücken. Und sie dann auch noch zu Papier bringen? Sich Zeit nehmen, über seine Gefühle nachzudenken und diese dann in blumige Worte zu fassen, damit sie beim Empfänger auch gut ankommen? Das ist für die meisten Menschen heutzutage eine echte Herausforderung.
Jüngere schreiben kaum noch Briefe
Im 18. Jahrhundert war es normal, Liebesbriefe zu schreiben. Es gehörte einfach zum guten Ton der Gesellschaft. „Heute ist es dagegen Gang und Gäbe, sich per SMS oder E-Mail kleine Nachrichten zu senden“, sagt Paarberaterin Gisela Török und ergänzt: „Gerade die jüngeren Generationen kennen es doch gar nicht mehr, überhaupt Briefe zu schreiben. Sie schicken alle Mitteilungen nur noch auf elektronischem Weg. Und dazu gehören dann eben auch Liebesbotschaften.“
Wichtig findet sie nicht, ob die Liebesbotschaften auf Papier oder elektronisch ihren Weg zum Empfänger finden, sondern dass es überhaupt geschieht. „Sicherlich freut sich jeder, wenn er einen mühevoll handgeschrieben Liebesbrief auf duftendem Blümchenpapier bekommt. Aber so etwas gibt es nur noch selten. Gerade die kurzen Botschaften per SMS sind es, die einem heute den hektischen Alltag schöner machen“, sagt Török und findet: „Es ist doch toll, wenn der Partner einem per SMS mitteilt: „Bin gleich zuhause – freue mich auf dich.“
Im Zeitalter der Fernbeziehungen und Dienstreisen tritt auch oft die E-Mail an die Stelle des klassischen Liebesbriefs. Von Laptop zu Laptop werden liebe Worte und romantische Fantasien ausgetauscht.
Hilfe aus dem Internet
Für diejenigen, denen hierzu die eigenen Worte fehlen, bietet das Internet zahlreiche Hilfen an. Wer allein das Wort „Liebesbrief“ googelt, erhält ungefähr 268.000 Ergebnisse. Darunter finden sich jede Menge Tipps, was beim Schreiben zu beachten sei und was der Schreiber besser unterlassen solle. Sogar Liebesbrief-Generatoren gibt es. Dort sind nur einige „Eckdaten“ der angeschriebenen Person einzutragen, wie Name oder Augenfarbe, und schon spuckt der Generator einen kompletten Liebesbrief aus. Mit persönlichen Gefühlen hat das allerdings nicht mehr viel zu tun. Und was, wenn der oder die Angebetete auf die Idee kommt, den einen oder anderen Satz des Briefes mal im Internet zu googeln? Dann dürfte es mit der Romantik und der Freude über die Liebesbotschaft wohl ganz schnell vorbei sein.
Doch warum überaupt Liebesbotschaften schreiben? „Liebesbriefe und kleine Botschaften zeigen dem Partner, dass man ihn wertschätzt und auch an ihn denkt, wenn er gerade nicht anwesend ist“, erklärt Török. „Gerade in Partnerschaften, die schon länger bestehen, kann ein Liebesbrief wieder neuen Wind in die Beziehung bringen,“ weiß die Paarberaterin und empfiehlt Liebesbriefe sogar für Situationen, in denen eine Kommunikation auf anderer Ebene nicht mehr gelingt: „Wenn kein persönliches Gespärch mit dem Partner mehr möglich ist, wenn man sich nur noch streitet, dann kann es durchaus sehr hilfreich sein, sich die Zeit zu nehmen, in lieben Worten alles aufzuschreiben, was man am Partner schätzt.“ Zum einen öffnet es dem Schreibenden die Augen für die positiven Seiten des Partners, zum anderen sieht der Briefempfänger, dass die Situation nicht nur negativ ist.
Ein sehr persönliches Geschenk
Dass Liebesbriefe noch immer hochaktuell sind, zeigt der folgende Fall: Im Film „Sex and the City“, der eine Fortsetzung der bekannten Fernsehserie ist, las Carrie ihrem Mr. Big aus dem Buch „Liebesbriefe großer Männer“ vor, während die beiden im Bett kuschelten. Das Buch war eine reine Erfindung der Drehbuchautoren, doch nach dem Film standen die Kinobesucher in den Buchhandlungen Schlange, um diesen Band zu erwerben. Das immense Interesse führte dazu, dass inzwischen tatsächlich ein Buch unter diesem Titel erschienen ist.
Liebesbriefe sind eine sehr persönliche Sache. Sind Sie romantisch genug, Ihrem Schatz einen Liebesbrief zu schreiben? Der klassische Liebesbrief kostet nicht viel Geld, doch er erfordert Zeit und Mühe. Ein Aufwand, ein Geschenk, das ein geliebter Mensch sicherlich Wert ist. Und vielleicht, wenn er oder sie in ein paar Jahren in der verstaubten Kiste auf dem Dachboden stöbert, zaubert der Brief noch einmal ein romantisches Lächeln auf sein oder ihr Gesicht.