Das Luftschiff, das am Pfingstsonntag im hessischen Reichelsheim in Flammen aufging, landete noch eine Woche zuvor auf dem Flughafen Essen/Mülheim. Die dort stationierte Luftschiff-Flotte ist hochwertiger gebaut als der Unfall-“Blimp“ und wird weiter aufsteigen, versichert der Mülheimer Unternehmer Theodor Wüllenkemper.
Essen.
Für Sicherheit auf den Straßen sollte die „Spirit of safety“ (Geist der Sicherheit) werben, doch ihr Flug endete in einem schrecklichen Unfall. Beim Landeversuch im hessischen Reichelsheim verbrannte am Pfingstsonntag der Pilot des Luftschiffes in seiner Gondel.
Erst eine Woche zuvor war der vom Reifenhersteller „Goodyear“ gecharterte „Blimp“ zur Eröffnung der bundesweiten Kampagne auf dem Flughafen Essen/Mülheim gestartet. In Zusammenarbeit mit dem Automobilclub von Deutschland (AvD) und der Deutschen Verkehrswacht warb das Luftschiff dafür, die Zahl der Verkehrstoten im Straßenverkehr zu verringern. Auch ein WAZ-Fotograf stieg mit auf, fotografierte den landschaftlich schönen Süden von Essen und Mülheim.
Auch im 36 Kilometer nördlich von Frankfurt gelegenen Reichelsheim begleiteten den 52 Jahre alten australischen Piloten Mike am Pfingstsonntag drei Journalisten: ein Bad Homburger Fotograf und zwei RTL-Mitarbeiter. Um 18 Uhr hob der „Blimp“ ab, gegen 20.15 Uhr näherte sich das von zwei 80 PS-Motoren angetriebene Prallluftschiff, Typ „Lightship A60“, wieder dem Boden. Problemlos sei der Flug zuvor gewesen, erinnert sich der Fotograf, der mit den beiden Berufskollegen in letzter Sekunde aus dem brennenden Luftschiff sprang.
Pilot: „I crashed the airship!“
Offenbar, so erste Ermittlungen, zerbrach beim Landeanflug das Fahrwerk unter der Gondel. Eine Hitzewelle war zu spüren, erinnert sich Fotograf Joachim Storch. Auch von Benzingeruch ist die Rede. „We have an accident!“ („Wir haben einen Unfall!“), habe Pilot Mike gerufen. Und: „I crashed the airship!“ („Ich habe das Luftschiff zerstört!“) Aus zwei Metern Höhe springen die drei Journalisten aus der Gondel, landen unverletzt auf dem Boden.
Luftschiffe sind grundsätzlich in zwei Bauarten aufgeteilt. Beim „Blimp“ wird die Hülle mit nicht brennbarem Helium aufgefüllt und erhält dadurch ihre Form. Fahrzeuge dieser Bauart werden auch „Prallluftschiff“ genannt. Der Zeppelin ist dagegen ein Starrluftschiff: Hier wird die Hülle auf einem starren inneren Gerüst aufgebaut und mit Gas gefüllt. Bekanntester Zeppelin ist die 1937 bei der Landung im US-amerikanischen Lakehurst vollständig ausgebrannte „Hindenburg“.
Durch den plötzlichen Gewichtsverlust steigt der „Blimp“ schnell in die Höhe. Die Menschen an Boden hören den Piloten noch laut schreien. Für ihn gibt es keine Hilfe. In 40 Metern Höhe verbrennt er. Seine Leiche finden Helfer in mehreren 100 Metern Entfernung auf einer Wiese des Flughafens inmitten von Wrackteilen. Noch am Abend nimmt die Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen ihre Ermittlungen auf, die einige Tage dauern werden.
Mit zwei Luftschiffen hatte „Goodyear“ die Sicherheitskampagne gestartet. Das Unternehmen gilt als weltweit größter Hersteller der „Blimps“. Legendär ist die 1925 erbaute „Pilgrim“. Nach dem Unfall stoppte die Firma die Kampagne, das zweite Luftschiff bleibt vorerst am Boden.
Wüllenkemper: „Helium ist nicht brennbar“
Am Flughafen Essen/Mülheim steigt am Pfingstmontag auch kein „Blimp“ auf, berichtet ein Mitarbeiter. Das liege aber wohl daran, dass es windig sei: „Dann bleiben die immer unten.“ Luftfahrtunternehmer Theodor Wüllenkemper, der 1972 seine „Blimp“-Flotte gründete und die Luftschiffe als Werbeflächen am Himmel kreisen lässt, sieht aber keine Veranlassung, die Flüge einzustellen.
Auf Anfrage dieser Zeitung sagte der Mülheimer, er könne sich das Unglück zwar nicht erklären: „Helium ist gar nicht brennbar, und die Hülle geht auch bei einer harten Landung keineswegs kaputt.“ Er wisse aber, dass seine 20 Meter längeren Luftschiffe hochwertiger gebaut seien als das von Goodyear, das er aus eigener Anschauung kannte.