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Männer fühlen sich von eigenen Erwartungen überfordert

Männer fühlen sich von eigenen Erwartungen überfordert

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Ein Mann erledigt den Abwasch, während eine Frau ein Buch liest: 64 Prozent Männer finden einer Umfrage zufolge, dass es mit der Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland mittlerweile reicht. Foto: Jens Kalaene
Viele Männer überschätzen laut einer Studie die Erwartungen, die an sie gerichtet werden und fühlen sich überfordert. Dabei könnten viele Männer eigentlich entspannter sein: Frauen wünschen sich gar nicht so viel von ihnen, wie sie denken – vor allem, was die klassische Ernährerolle angeht.

Berlin. 

„Wie tickt der Mann?“, fragte das Institut für Demoskopie Allensbach in einer großen deutschen Männer-Studie, und das Ergebnis mag Frauen zwar enttäuschen, in seinen wesentlichen Punkten aber wohl kaum überraschen: Männer setzen immer noch alles auf die Karriere-Karte, der Hausmann ist dagegen ein Exot. Teilzeit kommt für 62 Prozent der Männer nicht in Frage, gerade mal 15 Prozent wären bereit, beruflich zurückzustecken.

Dass die Frauensicht eine andere ist, versteht sich dabei von selbst. Erst im August hatte Allensbach im Auftrag der Frauenzeitschrift „Emma“ eine Befragung zum Thema Gleichberechtigung unternommen, bei der zwei Drittel der befragten Frauen zu dem Ergebnis kamen: Es müsse noch viel getan werden, bis Frau und Mann in der Bundesrepublik gleichberechtigt seien. Vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Karriere sowie die Benachteiligung im Beruf wurden dabei von den Frauen genannt.

Doch zurück zu der repräsentativen Männerstudie, für die Allensbach im Auftrag von „Bild der Frau“ 947 Männer und 546 Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren befragte. Danach fühlen sich viele Männer von den Erwartungen der Frauen und durch eine „Supermann“-Rolle überfordert.

Hintergrund seien die doppelten Ansprüche der Frauen. Laut Allensbach wünschen sich 66 Prozent der Frauen, dass Männer viele Aufgaben im Haushalt und in der Familie übernehmen. Auf der anderen Seite ist es aber auch 52 Prozent der Frauen weiterhin sehr wichtig, dass Männer im Beruf erfolgreich sind.

Männer gleichzeitig berufs- und familienorientiert

Jeder dritte Mann, bei den Singles sogar jeder Zweite, habe das Gefühl, den an ihn gestellten Erwartungen nicht gewachsen zu sein. Prof. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach: „Männer sehen sich heute mit hohen Erwartungen konfrontiert: Sie sollen gleichzeitig berufs- und familienorientiert sein, sich intensiv um die Kinder kümmern und vermehrt Aufgaben in Haushalt und Familie übernehmen, selbstbewusst und gleichzeitig einfühlsam sein, eigene Gefühle zeigen und eine selbstbewusste Partnerin schätzen.“

Von einer echten Doppelbelastung sind Männer aber oft weit entfernt, die Studie belegt: Der Haushalt ist weitgehend männerfreie Zone. Obwohl zwar die Mehrheit der Männer für neue Aufgabenverteilungen zwischen Mann und Frau offen ist – 61 Prozent der Männer sehen diese sogar positiv – klafft eine Lücke zwischen Theorie und Wirklichkeit: 81 Prozent der 18- bis 44-jährigen Männer glauben etwa, dass Frauen Arbeiten wie Bügeln besser erledigen.

Weniger im Vorstand

„Es ist offensichtlich, dass die Männer heute bei der Gleichberechtigung von Frauen kein großes Problem mehr sehen, Frauen dagegen schon“, sagt auch Elke Holst, Forschungsdirektorin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die Fakten sprächen dabei eine klare Sprache. So sitzen in den Vorständen der großen deutschen Unternehmen gerade einmal vier Prozent Frauen. Zudem verdienen Frauen in Deutschland im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer.

„Frauen haben inzwischen die besseren Abschlüsse als Männer, sehen aber, dass sie nach wie vor benachteiligt sind. Schließlich wird die Karriere zwischen 27 und 35 Jahren gemacht, in einem Alter, in dem Frauen zumeist Kinder bekommen“, sagt Holst.

Die hohe Überrepräsentation von Männern in Führungspositionen habe dazu geführt, dass ihre Lebensrealitäten die Normen für Karriere prägten. Häufig säßen dort Männer, deren Ehefrauen ihnen den Rücken freihalten. Sie, Elke Holst, habe sich als Ökonomin schwer getan mit der Quote als Instrument, habe aber Verständnis für die Forderung: „. . . wenn man in absehbarer Zeit etwas erreichen will“.