Trotz aller Aufklärungskampagnen fallen noch immer viele ältere Menschen an der Haustür Betrügern zum Opfer. Selbst altbekannte Maschen wie der Enkel-Trick haben vielfach Erfolg. Zwei Kriminalhauptkommissare aus Essen erklären die gängigsten Tricks der Trickbetrüger.
Essen.
„Straftaten zum Nachteil älterer Menschen“, so heißt es nüchtern und sachlich im Sprachgebrauch der Polizeidienststellen. Dahinter stecken gewiefte, in Banden arbeitende Trickbetrüger, denen vor allem Senioren an der Wohnungstür immer wieder zum Opfer fallen. Der angeblich in Not geratene Enkel, der falsche Wasserwerker, die nette Frau, die um einen Zettel bittet, um dem Nachbarn eine Nachricht zu hinterlassen: Was hinter diesen Maschen steckt und wie sich Bürger schützen können, erklären die Kriminalhauptkommissare Joachim Beyer und Jürgen Probst. Im Polizeipräsidium Essen/Mülheim, sind sie zuständig für Ermittlung und Prävention.
„Es gibt nicht
den
Trick, der gerade in den Städten massenhaft zur Anwendung kommt, es gibt keine Hitliste“, sagt Jürgen Probst. „Es gibt viele Varianten, altbekannte und neue Vorgehensweisen, mit denen sich die Täter Zutritt zu einer Wohnung verschaffen. Letztlich findet eine Masche dann Verbreitung, wenn sie Erfolg hat.“ Was Bürger jedoch für einen besseren Schutz wissen sollten: Jeder bekannte Trick baut laut Jürgen Probst und Joachim Beyer auf drei Grundmustern auf:
Vorspielen einer Autorität – Der falsche Polizist
Es ist der Klassiker, doch er funktionier immer wieder: An der Wohnungstür klingelt eine Person, die scheinbar berechtigt ist, einzutreten. „Das ist der falsche Polizist, der einen Ausweis vorzeigt, der angebliche Wasserwerker der Stadtwerke , der Stromableser des örtlichen Energieversorgers“, berichtet Joachim Beyer. „Oder es ist der vorgespielte Schornsteinfeger, der manchmal lediglich schwarze Kleidung tragen muss, um eingelassen zu werden.“
Das Ziel der Täter: Im Schlepptau des Täters gelangt unbemerkt ein Komplize in die Wohnung. Während das Opfer abgelenkt wird, durchsucht dieser die Räume nach Geld oder Schmuck. Beute vermuten die Diebe zu allererst hier: In den Schubladen des Nachttisches oder im Kleiderschrank zwischen der Wäsche.
Wie sich Bürger schützen können: „Lassen Sie keine unbekannten Personen ein, haben Sie den Mut, selbst Polizisten den Eintritt zu verwehren“, rät Jürgen Probst, der in Präventionskursen für Senioren immer wieder die Erfahrung macht: „Die ältere Generation ist obrigkeitshörig und verdrängt Zweifel. Genau das nutzen die Täter aus.“
Das Vortäuschen einer Notlage – Der Enkeltrick
Der Enkeltrick, er funktioniert immer wieder. Ein Anruf: „Rate mal, wer hier ist.“ – „Bist Du es, Klaus?“ – „Ja, ich bin es. Du musst mir helfen“. Die Masche: Der angebliche Enkel am anderen Ende schildert eine Notlage (zum Beispiel Unfall, spontaner Autokauf) und bittet um einen Geldbetrag, den ein Bekannter später abholen werde. Der Trick mit dem Wasserglas: An der Wohnungstür bittet eine angeblich schwangere Frau um eine Erfrischung und um Einlass. Der Trick mit dem Rohrbruch: Ein Mann in einem blauen Arbeitsanzug schellt an der Wohnungstür. Auf der Baustelle vor dem Haus habe man ein Wasserrohr beschädigt. Es könne sein, dass Wasser in die Wohnung läuft.
„In diesen Fällen bauen die Täter psychischen Druck auf, um in die Wohnung gelassen zu werden“, erklärt Jürgen Probst. Sein Kollege Joachim Beyer ergänzt: „Viele Opfer schütteln hinterher den Kopf und können sich nicht erklären, warum sie darauf hereingefallen sind. Der Stress aber führt immer wieder dazu, dass ältere Menschen die Vorsicht vergessen.“
Wie sich Bürger schützen können: Seien Sie auch bei Notfällen skeptisch, fragen Sie im Familienkreis nach, ob wirklich ein Angehöriger in Not geraten ist, rät die Polizei. Sie können auch dann mit einem Glas Wasser, einem Stift oder Zettel helfen, wenn Sie die Tür zunächst wieder schließen und später das Gewünschte im Hausflur anreichen. Fragen Sie, ob sich Handwerker ausweisen können, ziehen Sie Nachbarn hinzu.
Vortäuschen einer persönlichen Beziehung – Der Grußbestell-Trick
Der Grußbestell-Trick: Um Einlass bittet ein angeblicher früherer Arbeitskollege, Nachbar oder entfernter Verwandter, der Grüße bestellen möchte. Eine andere Masche: das Gewinnversprechen. Trickbetrüger überbringen die Nachricht von dem Gewinn eines Geld- oder Sachpreises und bitten um Einlass.
Wie sich Bürger schützen können: Verwehren Sie auch hier den Einlass, ziehen Sie Angehörige oder Nachbarn hinzu oder bestellen Sie die Person zu einem späteren Termin, wenn eine Vertrauensperson anwesend ist.
Trickbetrug auf offener Straße – Der Goldketten-Trick
Auch außerhalb der Wohnung lauern Trickbetrüger immer wieder älteren Menschen auf. Zwei Beispiele.
Der Goldketten-Trick: Die Täter bitten das Opfer auf der Straße um Hilfe – etwa darum, ihnen den Weg zu einem Krankenhaus oder Bestatter zu zeigen. Sie danken den Opfern überschwänglich, umarmen sie, legen ihnen als Dank eine Kette um. „Die Täter haben es auf den Schmuck abgesehen, sie rauben Ketten, Armbänder oder Ringe“, so Kriminalhauptkommissar Jürgen Kawelovski. Er rät: „Werden Sie laut, rufen Sie Passanten zu Hilfe.“
Raub am Geldautomaten: Immer wieder werden vor allem ältere Menschen Opfer von Trickbetrügern, wenn Sie an einem Automaten Geld abheben. Das Vorgehen: Ist die Geheimzahl eingetippt, drängen die Täter die Senioren zu Seite, geben eine hohe Summe ein und rauben das Geld. Oft spucken Sie in diesem Moment auf das Tastenfeld, um die Opfer abzulenken und abzuschrecken. Die Polizei rät: Gehen Sie gemeinsam mit einer Vertrauensperson zum Geldautomaten. Achten Sie beim Geldabheben darauf, ob sich Ihnen unbekannte Personen nähern.
Die Polizei rät: Lassen Sie keine Unbekannten in Ihre Wohnung. Ziehen Sie Angehörige oder Nachbarn hinzu. Haben Sie Zweifel, hegen Sie Verdacht, informieren Sie die Polizei: Notruf 110.
Die Polizei bietet kostenlose Informationsveranstaltungen zum Thema Trickbetrug an, oft in Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen. In den Kursen erklären Beamte typische Vorgehensweisen der Täter und geben Tipps, wie sich Betroffene in der Situation richtig verhalten.