Mit einem Defibrillator können auch Laien Leben retten
Viele Leute trauen sich im Notfall nicht, einen Defibrillator zur Wiederbelebung einer Person einzusetzen. Dabei können sie eigentlich nichts falsch machen.
Essen.
„Alle vom Tisch weg“, ruft der Arzt, setzt die Elektroden auf die Brust des vor ihm liegenden Patienten, den ein Elektroschock durchzuckt. Im Hintergrund das monotone Piepsen der Überwachungsmonitore. Diese dramatische Situation kennen wir alle aus Filmen und Serien. Doch so kompliziert es dort auch immer aussieht – der Einsatz des Defibrillators ist es nicht. Dafür aber umso wichtiger. Denn der plötzliche Herztod ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland außerhalb der Kliniken.
Der Defibrillator (AED)
„Der automatisierte externe Defibrillator (AED) ist die einzige Möglichkeit, das sogenannte Kammerflimmern zu beseitigen“, erklärt Detlef Zabel, Leiter der Ausbildungsabteilung des DRK in Essen. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung. „Defibrillieren heißt im Grunde entflimmern. Oder, um es auf Neudeutsch zu sagen, das Gerät resettet das Herz.“ Seit 2000 gibt es immer mehr AED in öffentlichen Gebäuden, Einkaufszentren, Stadien, Bahnhöfen, Schwimmbädern und großen Betrieben. Hinweisschilder zeigen die Standorte des nächsten AED an. Diese Technik der Wiederbelebung gibt es seit den 50er Jahren. „Die heutigen Geräte sind so einfach zu bedienen, dass es auch Laien können“, sagt Zabel.
Wann er eingesetzt wird
„Immer dann, wenn Wiederbelebungsmaßnahmen notwendig sind.“ Das bedeutet, wenn ich eine reglose Person vorfinde oder mitbekomme, dass jemand vor mir zusammenbricht, gilt es, zunächst einen Basischeck durchzuführen: Ansprechen, Berühren, Atmung überprüfen. „Wenn derjenige nicht mehr atmet, muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden“, betont Zabel und fügt hinzu: „Zeitgleich muss der Notruf 112 rausgehen, damit Notarzt und Rettungskräfte so schnell wie möglich eingreifen können.“
Die Wiederbelebung besteht aus zwei abwechselnden Elementen: Herzdruckmassage (30 Mal) und Beatmung (2 Mal). Grundsätzlich gelte, wenn man eine Person bewusstlos vorfindet, immer zunächst mit der Herzdruckmassage zu beginnen. „Der Rhythmus der Massage sollte etwas schneller als der Song ,Staying Alive’ sein“, sagt DRK-Sprecher Christian Kuhlmann. „Also eine 120er Taktung.“
Wie er benutzt wird
Wenn ein Defibrillator vor Ort ist, kommt er nach diesem ersten Intervall zum Einsatz: Sobald man das Gerät öffnet, spricht es mit dem Ersthelfer und sagt, was zu tun ist: „Man muss sich dabei überhaupt keine Sorgen machen, denn sobald das Gerät gestartet ist, leitet es einen Schritt für Schritt an“, sagt Kuhlmann. „Man kann absolut nichts falsch machen. Viel schlimmer ist es, nicht zu helfen.“
Nach dem Öffnen erinnert das Gerät an den Notruf und erklärt, wie man die Elektroden an der bewusstlosen Person anbringt. Dann analysiert der AED selbsttätig die Vitalfunktionen. Er stellt nicht nur fest, ob ein Elektroschock notwendig ist, sondern auch, ob die Person überhaupt geschockt werden darf. „Wenn Kinder zu jung sind, löst das Gerät keinen Schock aus und meldet dies“, erklärt Detlef Zabel. Der AED misst dies über die sogenannte Impedanz, den körpereigenen Widerstand. „So ist man auf der sicheren Seite.“ Das Gerät entscheidet im Übrigen auch, wie oft geschockt wird und weist den Helfer zudem an, die Herzdruckmassage fortzusetzen.
„Grundsätzlich gilt, keine Panik und in Ruhe den Anweisungen folgen, bis der Notarzt da ist.“ Sobald die Rettungskräfte eintreffen, kann der Ersthelfer ihnen ruhigen Gewissens die weiteren Maßnahmen überlassen. Tipp: Wer sich unsicher ist, sollte regelmäßig – alle zwei Jahre – seine Erste-Hilfe-Kenntnisse auffrischen. Der Umgang mit dem AED ist Bestandteil aller Schulungen. Anbieter für Erste-Hilfe-Kurse sind unter anderem: DRK, Johanniter, Malteser, Arbeiter-Samariter-Bund und DLRG.
Rechte und Pflichten im Notfall
„Grundsätzlich ist jeder dazu verpflichtet, Hilfe bei Unglücksfällen zu leisten, so auch mit den Basismaßnahmen zur Reanimation zu beginnen“, erklärt Herbert Karpienski, Mitglied des Verbandes Deutscher Verkehrsrechtsanwälte (VDVKA). „Wer nicht hilft, obwohl ihm das zuzumuten ist, kann nach §323c StGB bestraft werden.“ Es drohen Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr. Gemäß Empfehlungen der Bundesärztekammer sind Basismaßnahmen: frühzeitiges Erkennen des Notfalls, frühzeitige Herzdruckmassage und frühzeitige Defibrillation.
Ob jemand die Hilfeleistung absichtlich unterlassen hat oder einfach nicht erkannt hat, ob eine Person sich in einer Notlage befindet, muss im Einzelfall geprüft werden. „Als aktiver Notarzt kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, dass es nicht selten ist, dass Ersthelfer schon die Reanimationspflicht und damit die Notlage an sich nicht erkennen“, sagt Karpienski. „Hat der Ersthelfer die Notlage als solche nicht erkannt, dann fehlt es am Vorsatz.“ Die Strafbarkeit entfällt.
„Rippenbrüche und Ähnliches müssen für eine effektive Wiederbelebung in Kauf genommen werden“, betont Karpienski. Letztlich sei das Risiko der Strafbarkeit bei Nichtstun groß. Bei den Wiederbelebungshandlungen sollte zudem nicht gezögert werden: „Der Schaden insbesondere am Gehirn und Herzen, nimmt von Minute zu Minute zu.“ Es gelte der Leitspruch „time is brain“ – Zeit ist Gehirn.