Die jungen Mütter strahlen vor Glück, deren Mütter auch: In Amerika tragen Omas ihre eigenen Enkelkinder aus, wenn ihre Töchter dazu gesundheitlich nicht in der Lage sind. Sara Connell schrieb ein Buch darüber, wie ihre Mutter Kristine Casey sie als Leihmutter aus der Depression holte.
Washington.
Das Schicksal hatte einen ganz besonders schlechten Tag, als es Emily Jordan zwei Schläge gleichzeitig versetzte. Wo doch schon einer ausgereicht hätte, um ein Leben aus der Bahn zu werfen. Die 32-Jährige aus Naperville nahe Chicago wurde vor drei Jahren im Beisein ihres Mannes Mike mit der Diagnose Gebärmutterhalskrebs konfrontiert. Und einer Schwangerschaft. Das Paar aus dem US-Bundesstaat Illinois entschied sich für die Entfernung der Gebärmutter. Und damit gegen das Ungeborene. Eltern sind die beiden trotzdem noch geworden.
Der Wunschvater gibt seinen Samen dazu
Weil die Ärzte am Klinikum der Universität von Chicago die Eierstöcke der Patientin bewahren konnten und sich eine ganz besondere Leihmutter fand, kam vor wenigen Tagen Elle Cynthia zur Welt. Gesund wie die inzwischen vom Krebs geheilte Emily. Ein Familienglück auf Umwegen, für das in Deutschland behandelnde Ärzte mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren rechnen müssten. Nach dem Embryonenschutzgesetz ist Leihmutterschaft hier verboten.
Viele US-Bundesstaaten wollen Frauen, die wie Emily Jordan nicht gebären können, die Hoffnung auf ein Baby aber nicht nehmen. Die Funktion der so genannten „gestational carrier“, der sich auch Hollywood-Stars wie Sarah Jessica Parker oder Nicole Kidman bedienten, ist legal und wird über staatliche geprüfte Agenturen gegen Summen von bis zu 100.000 Dollar vermittelt. Das Prinzip: Die eine Frau spendet ihre Eizellen, die andere leiht ihre Gebärmutter. Der Wunschvater gibt seinen Samen dazu. Anders als bei der Ersatzmutter, die mit dem Samen des jeweiligen Vaters direkt befruchtet wird, ist bei dieser Methode sichergestellt, dass Leihmutter und Kind keine genetische Verbindung haben. Jedenfalls keine unmittelbare.
Dieser Zusatz ist im Fall von Emily Jordan entscheidend. Weil ihre Leihmutter ihre wirkliche Mutter ist. Cindy Reutzel wurde mit 53 Jahren an einem Tag Mama und Oma zugleich. Und das mit einer gelassenen Selbstverständlichkeit. Die 53-jährige Direktorin einer Medizin-Stiftung in Chicago sagte dem Sender ABC: „Der Gedanke, dass Emily und Mike kinderlos bleiben würden, brach mir das Herz. Ich wollte meiner Tochter genau das ermöglichen, was ich vor über 30 Jahren mit ihr selbst erlebt hatte: Mutterglück.“ Vor der ungewöhnlichen Familienanbahnung standen Untersuchungen und ein vorgeschriebenes psychologisches Gutachten. „Frauen über 50“, sagte die behandelnde Ärztin Helen Kim der „Chicago Tribune“, „gehen vielfältige Risiken bei einer Schwangerschaft ein.“
Ihre Mutter holte Sara Connell aus der Depression
Nachdem die Leihmutter durch Hormongaben empfängnisbereit war, setzte Dr. Kim ihr die von Emilys Mann Mike befruchtete Eizelle ihrer Tochter ein. Elle Cynthia kam per Kaiserschnitt auf die Welt. „Das Band zwischen mir und meine Mutter ist dadurch noch einmal stärker geworden“, sagte Emily Jordan im Kreißsaal überglücklich.
Wie stark, das hat die 36-jährige Autorin Sara Connell aus eigenem Erleben in ihrem Buch „Bringing in Finn“ aufgeschrieben, das seit einigen Wochen für Furore sorgt. Die aus dem Chicagoer Vorort Evanston stammende Frau war nach jahrelangen Fruchtbarkeits-Problemen schwanger geworden. Im fünften Monat traten Komplikationen auf. Ihre Zwillinge überlebten nicht. Ihre Mutter Kristine Casey holte sie aus der Depression.
Die 61-Jährige, die nahe Washington lebt, bot sich als Leihmutter an – zehn Jahre nach Eintritt ihrer Menopause. Caseys Schilderung von den „kleinen Fußtritten“, die sie 30 Jahre nach der Schwangerschaft mit Tochter Sara wieder im Bauch gespürt hat, ließen der TV-Moderatorin die Tränen in die Augen steigen.