Wir schreiben den 3. August des Jahres 2013. Es ist der Geburtstag einer Sendung, die nicht nur das Leben von Horst Lichter verändern, sondern auch zu DEM Nachmittags-Knaller des ZDF werden sollte. Es ist die Geburtsstunde von „Bares für Rares“.
Im ZDF-Spartenkanal „ZDFneo“ gestartet, ist „Bares für Rares“ mittlerweile aus dem ZDF-Programm nicht mehr wegzudenken. Wir haben mit Horst Lichter über die Sendung, die Anfänge und sein neues Buch „Ich bin dann mal still“ gesprochen.
Lieber Herr Lichter, Corona macht manche Menschen wütend, manche müde, Sie sind ins Schweigekloster gegangen. Hätte es ihr Buch auch ohne die Pandemie gegeben?
Ja, zu 100 Prozent. Wobei das Thema Pandemie natürlich eine ganz eigene Sache ist. Ich möchte es mal so ausdrücken. Wir haben ja kein Leid. Ausgenommen natürlich die Menschen, die auf der Intensivstation liegen oder die Familien, die jemanden verloren haben. Der ganze Rest der Bevölkerung hat nur einen Verzicht. Und es erschreckt mich sehr, wie ein Verzicht so viel Unwohlsein hervorrufen kann.
Schmerzt Sie der Verzicht nicht?
Ein Verzicht schmerzt nicht. Der lässt nur darüber nachdenken, was man vorher hatte. Ich habe zum Beispiel mein viertes Enkelkind seit seiner Geburt noch nicht gesehen. Natürlich ist das traurig. Aber es ist ja nur ein Verzicht. Wir schicken uns Fotos, wir facetimen und wir freuen uns sehr auf die Zeit, wenn alles wieder in Ordnung ist.
Wenn Sie wirkliches Leid mal erfahren haben, dann werden Sie feststellen, dass das hier kein Leid ist. Wenn Sie wirklich schlimm krank sind und wirklich schlimme Schmerzen haben, wissen Sie, was Leid ist. Wenn Sie aus der Generation stammen, die nach dem Krieg groß wurde, wissen Sie, was Leid ist. Deswegen erschreckt es mich, dass die Aufmerksamkeit nur denen geschenkt wird, die so unglaublich laut sind.
In ihrem Buch „Ich bin dann mal still“ bezeichnen Sie sich selbst als Workaholic…
Ich habe in meinem Leben schon oft alles verändert. Und ich habe in meinem Leben immer unheimlich viel gearbeitet. Ich habe das aber nie als negativ empfunden. Ich bin jemand, der gerne arbeitet.
Ich glaube zu wissen, warum so viele Menschen heute einen Burnout bekommen. Sie möchten in jeder Ebene des Lebens das Bestmögliche geben. Sie möchten im Job alles geben, sie möchten zu Hause alles geben und sie möchten dabei noch immer gut aussehen. Das hatte ich nie in meinem Leben. Wenn ich zum Beispiel privat bin, würde ich mir niemals den Schnurrbart nach oben zwirbeln. Das würde ich eher albern finden. Ich war aber immer jemand, der Leistung für die Dinge gezeigt hat, die ich erreichen wollte. Wenn ich für etwas engagiert werde, mache ich da meinen bestmöglichen Job.
Sie schildern in Ihrem Buch eine spannende Anekdote. Und zwar wollte das ZDF nach den ersten Erfolgen von „Bares für Rares“ die Show direkt täglich zeigen. Das haben Sie abgelehnt. Hatten Sie keine Sorge, dass das ZDF Sie austauschen würde? Sie betonen ja immer wieder, wie sehr Ihnen die Show am Herzen liegt.
Ja, ich liebe diese Sendung. Einfach, weil sie sehr vieles hat, was heute in der Gesellschaft vermisst wird. Sonst hätte sie ja nicht diesen Erfolg. Aber zu ihrer Frage. Ich hatte Angst, dass man die Sendung kaputtmacht.
Ein Beispiel: Wenn ich in einem Schwimmbecken 100 Meter schwimmen kann, dann heißt das nicht gleich, dass ich quer über den Rhein schwimmen kann.
Wichtig war damals die Selbsterkenntnis, dass ich das noch nicht konnte, bevor man das Risiko eingeht, zu ertrinken. Ich wusste, wir waren noch nicht so weit. Wenn man uns gezwungen hätte, das zu machen, dann hätte ich gesagt: ‚Gut, dann schwimmt. Aber dann bin ich raus!‘
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Das ist Horst Lichter:
- Horst Lichter wurde am 15. Januar 1962 in Nettesheim geboren
- Er ist Koch, Autor und TV-Moderator
- 2019 erhielt Horst Lichter die ‚Romy‘ in der Kategorie „Show/Unterhaltung“
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Eine gute Entscheidung, schließlich ist „Bares für Rares“ eine der erfolgreichsten Sendungen im deutschen Fernsehen. Was macht die Show so erfolgreich?
Wir haben nichts von dem, was heutzutage in den Medien groß ist. Es wird keiner vorgeführt, es wird keiner verarscht, es wird keiner respektlos behandelt. Wir haben normale Menschen mit normalen Geschichten, mit manchmal außergewöhnlichen Gegenständen, die alle gleich respektvoll behandelt werden. Und das in einer Sendung, die einfach grundehrlich ist. Auch wenn viele versuchen, dagegen anzukämpfen, weil sie uns den Erfolg nicht gönnen. Aber dass so eine Sendung heutzutage Erfolg haben darf, ist für mich auch ein großer Hoffnungsschimmer.
In Ihrem Buch heißt es an einer Stelle, dass Sie ein einfacher Mensch seien, der durch Zufall im TV gelandet ist. Kommt Ihnen das dahingehend auch entgegen?
Ja. Ich bin ein ganz normaler Hauptschüler, habe dann meine Lehre gemacht. Da war nie Aussicht auf großen Erfolg, Reichtum oder Berühmtheit. Es war ein riesiger Glücksfall, dass das nun alles so gekommen ist. Und ich hatte das große Glück, dass ich immer ich bleiben durfte. Das ist vielleicht das Geheimnis.
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Sie schreiben aber auch, dass viele Menschen Sie anders einschätzen, als Sie sind…
Es gibt eine Sache, die mich Zeit meines Lebens beschäftigt. Die aber auch sehr gut sein kann. Man unterschätzt mich maßlos. Viele denken, ich wäre einfältig und dumm. Vielleicht weil ich immer so höflich, nett und freundlich bin. Das bin ich aber aus tiefster Seele heraus. Das heißt aber nicht, dass ich nicht erkenne, wer böse oder hinterhältig ist. Ich bleibe ihm nur trotzdem höflich gegenüber.
Das neue Buch von Horst Lichter, „Ich bin dann mal still“ erscheint am Montag, dem 3. Mai im „Knaur Balance“-Verlag.