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Felicitas Woll: „Wir dürfen nicht immer die Angst haben, etwas Falsches zu sagen“

Felicitas Woll ist wieder in „Neuer Wind im Alten Land“ zu sehen. Ein Gespräch über tolle Drehmomente und ein Blick in die Vergangenheit.

© ZDF und Boris Laewen

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Sie gehört zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen des Landes: Felicitas Woll. Mit ihrer Verkörperung der Lolle in der ARD-Kultserie „Berlin, Berlin“ wurde die heute 45-Jährige Anfang der 2000er zu einem landesweiten Star. Millionen schauten zu, wie Lolle ihren Weg in der großen Stadt machte.

Seitdem ist viel passiert. Felicitas Woll spielte in zahlreichen Filmen und TV-Serien mit, verzauberte als Igel das Publikum von „The Masked Singer“. Ab dem 27. April ist die gebürtige Hombergerin wieder als Reporterin Beke Rieper in der ZDF-Reihe „Neuer Wind im Alten Land“ zu sehen. Wir haben mit Felicitas Woll über ihre Rolle als Journalistin, schöne Drehmomente und ein Remake von „Berlin, Berlin“ gesprochen.

Sie spielen die Journalistin Beke. Welche Frage würden Sie sich selbst stellen?

Das ist ja eine gemeine Frage direkt zum Anfang (lacht). Ich versuche es hier mit: Wie fühlt es sich an, wenn man beruflich eine Stufe herabsteigen muss? Ist das ein Problem, oder kann man daraus auch wachsen?

Wie wäre Ihre Antwort ausgefallen?

Ich hätte wahrscheinlich nach außen hin gesagt, dass das alles gar kein Problem ist. In meinem Inneren hätte ich daran aber doch noch zu knapsen. Das kommt auch in der ein oder anderen Situation noch heraus. Da muss man dann schon aufpassen, dass man nicht zu schnippisch ist, sich nicht ein bisschen lustig macht, über die Geschichten, die man nun erzählt. Beke hat schließlich vorher beim Guardian gearbeitet, da hatten die Inhalte schon ein anderes Niveau. Aber ich glaube, dass sie mittlerweile gut angekommen ist. Sie mag es einfach über Menschen zu schreiben, da ist es egal, für welche Zeitung oder welche Redaktion sie das tut.

Dazu kommt ja, dass vermeintlich kleinere Themen, wie beispielsweise die Parkautomaten, große Emotionen hervorrufen.

Das hat große Wellen geschlagen (lacht).

Merken Sie das auch an sich selbst, dass sie kleinere Probleme viel mehr auf die Palme bringen als die Großen?

Beides. Wenn das Große so stark ist, dass es für nichts anderes mehr Raum lässt, ist es natürlich sehr präsent. Ich kann mich aber auch mit wachsendem Alter gut über kleinere Dinge aufregen. Eigentlich sagt man ja, dass man mit den Jahren entspannter wird, aber ich bin da doch ein bisschen dünnhäutiger geworden.

Ein Beispiel?

Da gibt es so viele Themen. Ein Beispiel aus der Küche. Ich habe einen hochfunktionalen Ofen. Wenn ich dann Muffins für 24 Schulkinder backe, und die Backzeit ist nur eine Minute drüber, ist alles verbrannt. Das ist für mich schon ein Grund, den Tag abzubrechen (lacht).

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Ist ihr Job dann auch in gewisser Weise eine Auszeit?

Es klingt vielleicht ein bisschen komisch, aber mein Beruf ist meine Therapie. Lars Eidinger hat das letztens sehr treffend ausgedrückt. Er sagte, dass er erst auf der Bühne so sein kann, wie er ist. Und das kann ich nachempfinden. Das ist bei mir genauso. Ich fahre zum Dreh, dort kann ich lustig oder verrückt sein, ich fühle mich wie zwölf oder 16, ich kann Dinge machen, die ich in meinem Alltag nicht mache. Ich habe einfach das Gefühl, ich kann so sein, wie ich eben bin. Das geht natürlich im Alltag mit Schule, Kindern und dringenden Terminen nicht.

Gibt es Drehs, auf die man sich mehr freut als auf andere?

Das kann man nicht sagen. Du liest vorher das Buch, machst die Kostümprobe, sprichst mit dem Regisseur, da zieht es dich automatisch zum Dreh. Aber es kann natürlich auch eine weniger gute Zeit werden. Klar haben wir auch Drehs, in denen man Probleme hat, bei denen es sehr anstrengend ist, wo es vielleicht mit den Kollegen, mit der Rolle, dem Gesamtkonzept nicht stimmig ist. Aber das weiß man ja vorher nicht.

Es gibt leichte Komödien, da fährst du hin, denkst, es wird eine super Zeit, und es wird die anstrengendste deines Lebens. Genauso kannst du aber auch zu einem Psychothriller fahren, und es wird die beste und leichteste Zeit, die du dir vorstellen kannst. Das ist Glückssache.

Felicitas Woll spielt die Reporterin Beke Rieper. Foto: ZDF und Boris Laewen

Und der Dreh für „Neuer Wind im alten Land“ war …?

Total positiv. Im ersten Jahr ist es natürlich immer so, dass du nicht genau weißt, was passiert. Wie nimmt der Zuschauer die Filme auf? Wie nimmt es der Sender auf? Wird es weitergehen oder nicht? Ist es eine einmalige Geschichte? Man versucht nicht darüber nachzudenken.

Und in diesem Jahr?

Jetzt ist es noch mal getoppt worden. Wir hatten eine wirklich schöne Drehzeit, waren fast ein bisschen high als wir fertig waren, weil die Stimmung so ansteckend war. Nicht nur bei uns Schauspielern, sondern beim ganzen Team.

Auch die Menschen an den Drehorten… dass sie uns nicht mit Trompeten empfangen haben, war alles. Sie waren so glücklich, weil sich durch die Ausstrahlung der Tourismus im Alten Land verstärkt hat. Es gibt nichts Schöneres, als mit offenen Armen empfangen zu werden. Das kann auch anders sein.

Inwiefern?

Es gibt auch Menschen, die gerne Aufmerksamkeit wollen, und dann ausgerechnet in den Szenen anfangen müssen, die Bäume zu schneiden, oder den Rasen zu mähen. Dann denkst du dir nur: Mensch, wir sind doch nur einen Tag hier, warum jetzt? Aber es ist auch irgendwie lustig.

Mit „Berlin, Berlin“ haben Sie Anfang der 2000er riesige Erfolge gefeiert. Nun ist es so, dass viele erfolgreiche Serien und Filme Remakes erfahren. Wäre das bei „Berlin, Berlin“ möglich? Und wären Sie dabei?

Wie soll das ohne mich gehen? (lacht) Nein, Spaß. Ich bin bei Remakes immer vorsichtig. Das kann funktionieren, aber auch in die Hose gehen, weil sich die Zeiten ändern. Ich weiß nicht, ob man das, was wir damals gedreht haben, heute noch so erzählen kann. Wir kommen aus einer Zeit, in der du viel sagen konntest, weil nicht alles gleich einen großen Aufschrei nach sich zog. Das geht heute nicht mehr. Ich glaube, wir haben verlernt, uns etwas zu trauen. Ohne jemanden zu verletzten, ohne übergriffig zu sein. Kunst darf alles, wenn sie nicht verletzt.



Was wünschen Sie sich?

Wir sollten wieder mutiger werden. Charaktere sollten verrückt sein. Wir dürfen nicht immer die Angst haben, etwas Falsches zu sagen oder zu machen. Unter Angst kann keine Kunst entstehen.

Ist der deutsche Film nicht mutig genug?

Ich finde schon, dass er zu angestrengt ist. Vor 15 oder 20 Jahren waren wir noch wesentlich lockerer und leichter. Wir haben nicht zu viel nachgedacht. Klar ging auch der ein oder andere Gag schief, aber alles hatte mehr Leichtigkeit. Das fehlt mir tatsächlich ein bisschen.

Anfang der 2000er wurde Felicitas Woll durch ihre Rolle der Lolle in „Berlin, Berlin“ berühmt. Foto: imago stock&people

Woher kommt das?

Zeit verändert sich, Menschen verändern sich, Situationen verändern sich, auch Sprache verändert sich. Das ist in Ordnung. Aber man muss aufpassen, dass man sich nicht so eingeengt fühlt, dass man glaubt, man dürfe nichts mehr sagen. Das ist schwierig. Verletze niemanden, aber sei wie du bist, und sag, was du denkst. Die Situation ist im Moment, wie sie ist. Das ist nicht leicht, aber ich habe die Hoffnung, dass es besser wird.

Das ZDF zeigt gleich zwei neue Folgen von „Neuer Wind im Alten Land“. Die Episode „Erntezeit“ läuft am 27. April 2025 um 20.15 Uhr. Auf die Episode „Stolz und Vorurteil“ dürfen sich die Fans am 4. Mai 2025 freuen.