James Bond: „Keine Zeit zu Sterben“ – 3 Gründe, warum Daniel Craigs Abschied am Ende enttäuscht
FILMKRITIK
Auf kaum einen anderen Film habe ich mich 2021 so sehr gefreut wie den neuen James Bond „Keine Zeit zu Sterben“. Ein fast dreistündiges 007-Epos, Daniel Craigs letzter Auftritt als James Bond – die Voraussetzungen für ein emotionales Finale der Craig-Ära waren da.
Und zunächst lieferte der Streifen auch extrem stark ab, der langjährige Bond-Fan in mir saß mit leuchtenden Augen im Kinositz – nur um sich dann in der zweiten Hälfte immer häufiger an die Stirn zu fassen, während der Film auf der Leinwand Stück für Stück auseinanderfiel.
>>> Vorsicht, Spoiler! In diesem Artikel verraten wir elementare Details zur Handlung des neuen James Bond-Films „Keine Zeit zu Sterben“. Wenn du dich nicht spoilern lassen willst, solltest du jetzt lieber aufhören zu lesen.
James Bond: Neuer 007-Film schwächelt in der zweiten Hälfte
Die ersten Minuten des Films sind ein absolutes Fest für 007-Fans! Wenn Bond und seine Geliebte Madeleine (Lea Seydoux) im legendären Aston Martin an der Mittelmeerküste entlangfahren und im Hintergrund „We have all the Time in the World“ ertönt (Louis Armstrongs Hit aus dem 1969er-Bond-Film „Im Geheimdienst ihrer Majestät“), kriegt man als eingefleischter Bond-Fan das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.
Und es geht ähnlich stark weiter: Fesselnde Actionszenen, beeindruckende Kameraarbeit, ein Daniel Craig in Höchstform – doch je klarer wird, worauf der Film im Kern hinaus möchte, desto mehr fällt er auseinander.
Grund 1: Gleich zwei Bösewichte komplett verschwendet!
Ernst Stavro Blofeld. Schon seit den frühen Connery-Jahren DER Erzfeind von 007 und Kopf hinter der Verbrecherbande „Spectre“ – in den neuen Filmen großartig verkörpert von Oscar-Preisträger Christoph Waltz. Doch was passiert in „Keine Zeit zu Sterben“? Blofeld bekommt keine fünf Minuten Screentime – und wird von Bond unabsichtlich (!) in der Mitte des Films umgebracht. Upps, kann mal passieren.
Und bei Haupt-Fiesling Safin sieht es auch nicht besser aus. Mit Rami Malek, der 2019 noch für seine Freddie-Mercury-Darstellung in „Bohemian Rhapsody“ den Oscar gewann, hat man zwar einen überragenden Schauspieler verpflichtet – doch letztendlich darf er nur in einem Seidenmantel in seiner Insel-Festung umherspazieren und klingt mit seinen Allmachtsfantasien wie eine schwache Dr.-No-Kopie.
Grund 2: James Bond ist Vater?
Fast 60 Jahren lang hat sich 007 mit reihenweise Bond-Girls vergnügt – dass erst jetzt ein Kind dabei herausspringt, grenzt eigentlich an ein Wunder. Doch tatsächlich: In den Jahren zwischen Vorgänger „Spectre“ und „Keine Zeit zu Sterben“ hat Bonds große Liebe Madeleine eine Tochter zur Welt gebracht, ohne Papa 007 etwas davon zu erzählen.
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James Bond: Keine Zeit zu Sterben
der 25. Film der 007-Reihe
Kinostart: 30. September 2021
Laufzeit: 163 Minuten
Darsteller: Daniel Craig, Léa Seydoux, Rami Malek, Christoph Waltz, Ralph Fiennes, Lashana Lynch
Regie: Cary Joji Fukunaga
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Das Problem: Kaum etwas wirkt in einem Bond-Film fehlplatzierter als ein Kind – erst recht, wenn man die Kleine komplett aus dem Drehbuch entfernen könnte, ohne dass sich die Handlung dadurch groß verändern würde. Bond kurz vor seinem Filmtod (>>> hier mehr dazu lesen) zum Familienvater zu erklären – und die ganze Sache dann noch erschreckend oberflächlich abzuhandeln – sorgt beim Zuschauer eher für Irritation als Mitgefühl.
Grund 3: Bonds Filmtod sieht peinlich aus!
Besonders peinlich: Als Bond sich selbst opfert, um das Leben seiner Familie zu retten, hält er den riesigen Plüschhasen seiner Tochter in der Hand. Und den Anblick von 007, der bei seinem ersten Leinwandtod überhaupt, ein verdammtes Kuscheltier mit sich herumträgt, dürfte wohl kaum ein Kinozuschauer irgendwie ernst nehmen können. Schade – das raubt der Szene einiges an emotionaler Tiefe.
Ach ja… der Plot um ein Killervirus, das heimlich von der Regierung als Superwaffe gezüchtet wurde, hat in Zeiten einer weltweiten Pandemie und gefährlicher Verschwörungstheorien einen äußerst unangenehmen Beigeschmack. Und besonders kreativ ist dieser Schurken-Plan noch dazu auch nicht.
Fazit: Kein Reinfall, aber auch nicht zufriedenstellend
„Keine Zeit zu Sterben“ ist kein schlechter Film. Regisseur Fukunaga zeigt vor allem in der ersten Hälfte, dass er mit der Bond-Materie umgehen kann. Doch die Versuche, krampfhaft irgendwelche neuen Ideen in den Bond-Mythos hinein zu zwängen – nur damit man sagen kann, man hat mal etwas Neues oder Unerwartetes gemacht – gehen letzten Endes nach hinten los.
Nach 15 Jahren als James Bond hätte Daniel Craig auch einen würdevolleren 007-Abschied verdient gehabt.