Es war ein Mordfall, der nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa für Aufsehen sorgte. Zwei Mädchen, zwölf und dreizehn Jahre alt, erstechen eine Mitschülerin (12). Der Mordfall Luise, so der Name der getöteten Schülerin, löst eine Welle der Trauer, aber auch der Wut und Entrüstung aus. Sofort wird auch der Ruf nach Konsequenzen laut. Ein Aspekt, den der erfahrene Kriminalbeamte Sebastian Fiedler vorausgeahnt hatte, wie er am Donnerstagabend (23. März 2023) bei Markus Lanz erklärt.
„Ich habe es vorhergesagt. Als ich diesen schlimmen Fall las, habe ich gesagt, es werden die ersten kommen und sagen, wir müssen die Strafmündigkeit jetzt senken“, so Fiedler in der ZDF-Talkrunde von Markus Lanz.
Markus Lanz hat Sebastian Fiedler zu Gast
Fiedler weiter: „Es gibt ja andere Länder auf der Erde, ich meine, in den Vereinigten Staaten gibt es Bundesstaaten, wo Sechsjährige eingesperrt werden. Und es hat nicht lange gedauert und die Forderung war tatsächlich da. Obwohl wir eigentlich nichts darüber wissen und obwohl die Zusammenhänge bei Kindern völlig andere sind als bei Erwachsenen.“
So könnten Motive für solche Fälle bei Kindern ganz andere sein als bei Erwachsenen, wie auch Kinderpsychiaterin Sibylle Winter erklärt. Sie erklärte dies am besser untersuchten Zusammenhang der Eigengefährdung. „Eigengefährdung heißt, dass sich ein Kind oder Jugendlicher versucht, das Leben zu nehmen. Und da kenne ich das schon, dass das eben ganz nichtige Anlässe sind. Zum Beispiel eine hohe Handyrechnung. Im Affekt versuchen die sich das Leben zu nehmen. Das wäre ja für uns als Erwachsene gar kein Grund, das kann man ja gar nicht mit einem Leben aufwiegen“, so die Psychiaterin.
Der Fall Luise bei Markus Lanz
Doch warum ist die Grenze der Strafmündigkeit so wichtig? Sie sei zuallererst einmal aus der Sicht der Strafverfolger wichtig, weil dann ein Instrumentarium greife, erklärt Sebastian Fiedler. Man stelle den Erziehungsgedanken in den Vordergrund. „Ein Jugendstrafverfahren findet nach völlig anderen Maßstäben statt“, so der Kriminalbeamte.
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Was Fiedler dann erklärte, war extrem spannend. So würde in seinem Leben fast jeder Jugendliche einmal straffällig, das könne auch nur der Diebstahl eines Bonbons sein, dies würde sich im Normalfall aber herauswachsen. Solche Taten wie beispielsweise im Fall der getöteten Luise oder auch der 15-jährigen Anastasia, die im vergangenen Sommer von einem 13- und einem 14-Jährigen erstickt wurde, seien extrem selten. Und seien oft auch nicht die ersten Vergehen der Täter oder Täterinnen. „Was man mit ziemlicher Sicherheit sagen kann (…), dass das die erste Tat gewesen wäre. Das kann ich nahezu ausschließen. Diese Gewalttätigkeit, die da zum Zuge gekommen ist, kann nach meiner Überzeugung nicht die Erste gewesen sein. Da muss eine Vorgeschichte schon dabei gewesen sein. Das würde ich mal als gesichert voraussetzen, was wir nicht wissen … welche.“ Das müssen nun die Ermittler klären.