Peter Ramsauer, ehemaliger CSU-Vize, ist nicht gerade dafür bekannt ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das zeigte sich auch bei seinem Auftritt bei „Markus Lanz“ (ZDF).
Dort wurde viel über die Wirksamkeit und die politische Tragweite der am Donnerstag vom Bundesrat bestätigten und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichneten Corona-Notbremse gestritten. Peter Ramsauer erklärte bei „Markus Lanz“ er habe gegen das Gesetz gestimmt – und dabei die Führungsriege der Union abgewatscht.
„Markus Lanz“: Paul Ziemiak will Ufer „so schnell wie möglich erreichen.“
Die Corona-Notbremse kommt – und mit ihr auch die viel diskutierten Ausgangssperren. Rund zwei Wochen hatten sich die Bundes-Gremien damit auseinandergesetzt, bis sie beschlossen wurden. „Es geht nicht viel schneller, wenn Abgeordnete miteinander diskutieren, als wenn Ministerpräsidenten miteinander diskutieren“, gab CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak unumwunden bei „Markus Lanz“ zu. Mit dem steigenden Tempo beim Impfen sei das Ufer nun aber in Sicht – „das wollen wir jetzt so schnell wie möglich erreichen.“
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Die Gäste bei „Markus Lanz“
- Prof. Thorsten Lehr, Pharmazeut
- Prof. Karl-Rudolf Korte, Politologe
- Eva Quadbeck, Journalistin
- Peter Ramsauer, ehemaliger CSU-Vizepräsident
- Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär
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Thorsten Lehr, Professor für Pharmazie, warnte davor, dass die Fallzahlen auch weiter gestiegen wären, wenn man jetzt nicht gehandelt hätte. Die umstrittenen Ausgangssperren könnten ihren Teil ebenfalls dazu beitragen. Studien aus Harvard hätten die Wirksamkeit der Maßnahme gezeigt. Allerdings nur, wenn bereits andere harte Maßnahmen greifen würden und sie sozusagen „on top“ gelte. Nun stehe die Frage im Raum, wie die Bevölkerung die Regelungen umsetzten würden.
Ramsauer bei Debatte um Infektionsschutz sauer: „Ein solcher Unfug“
Peter Ramsauer bringt die Debatte um die Corona-Notbremse ziemlich in Rage. Politik, die er nicht erklären oder verstehe, könne er auch „niemals mittragen.“ Offen gibt er zu, er habe bei dem Infektionsschutzgesetz mit Nein gestimmt. Vor allem wegen der Inzidenzzahl, an der sich auch die Ausgangssperren orientierten. Diese sei „vollkommen unzureichend“.
Was den CSU-Politiker bei der Debatte im Bundestag jedoch ebenfalls gestört habe, sei der Druck gewesen, der für Unions-Politiker aufgebaut worden sei, die dem Gesetz nicht zustimmen wollten. Dabei kritisiert er die Spitzenpolitiker der Union, namentlich auch den Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus für dessen Aussage, das Infektionsschutzgesetz sei ein „ja zum Leben“ – „das hat mich richtig aufgeregt“. Dann legt Ramsauer allerdings richtig los.
„Ich habe mit Nein gestimmt. Mir vorzuhalten, dass ich mit meinem Nein gegen das Leben stimmen würde. So ein Unfug! Ein solcher Unfug!“, sagt der 67-Jährige sichtlich angefressen. Wer viel teste, finde auch mehr Fälle. Der Inzidenzwert, so Ramsauer, „müsse anders geschaffen werden.“
Mediziner warnt vor jüngeren Patienten auf Intensivstationen
Lehr widerspricht daraufhin dem CSU-Politiker deutlich. Mehr Testungen erfassten eher die „wahre Inzidenz“, „was wir gesehen haben, ist anheben auf die normale Inzidenz“. Zudem zeigte er ein dramatisches Problem auf den Intensivstationen: Jüngere Patienten hätten höhere Überlebenschancen und blieben deswegen „länger liegen“. „Wer stirbt, stirbt schneller“, so die makabere Schlussfolgerung. Jüngere Patienten hätten eine höhere Überlebenschance und könnten langfristig deshalb auch auf den Intensivstationen die Ressourcen verknappen.
Ramsauer ist mit seiner Abarbeitung am Infektionsschutzgesetz damit aber noch nicht durch. Noch einmal betont er: Wenn mir jemand vorwirft, gegen das Leben zu sein, „dann muss ich das Recht haben, mich gegen diesen Unfug zu wehren“. Als Markus Lanz Paul Ziemiak in die Diskussion holen will, raunt Ramsauer nur in Richtung des CDU-Generalsekretärs: „Er war selber Drücker!“ Ohne diesen Druck hätten womöglich mehr als nur 21 Abgeordnete der Union gegen das Gesetz gestimmt, so der Vorwurf.
Ziemiak ziemlich angefressen
Der 67-Jährige ist danach kaum zu stoppen. Was man an Maßnahmen durch das Gesetz erwarte, könnten Bundesländer ohnehin bereits machen. Die Länder hätten „alles in der Hand“ gehabt. Diese Kompetenz sei ihnen genommen und auf Bundesebene verlagert worden. Diese Tendenz zu einer zentralstaatlichen Architektur werde sich auch in Zukunft fortsetzen, warnte Ramsauer. Das Gesetz sei ein „schlechtes Beispiel für zukünftige Gestaltungsaufgaben“. Die Vorteile des föderalen Systems würden die Nachteile überwiegen.
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Kritik daran, dass der Bundestag mehrere Wochen für den Beschluss gebraucht habe, wollte er nicht gelten lassen. Er finde, man sei „ganz schön schnell“ gewese. „Oder Paul?“, fragt er provozierend in Richtung Ziemiaks. Der entgegnet „Ich stimme dir zu, dass es jetzt gut ist.“ Es klingt beinah so, als wolle ein Elternteil das quengelnde Kind mit einem „ist gut jetzt“ zur Ruhe bringen.
Die gesamte Folge von „Markus Lanz“ kannst du hier in der ZDF-Mediathek schauen.