Durchgeknallt, chaotisch, mutig: Genau diese Attribute verkörpert Jella Haase in den meisten ihrer Filme. Im Netflix-Hit „Kleo“ spielt sie eine ehemalige Stasi-Killerin, die auf Rachetour ist. In ihrer neuesten Rolle „Meine Chaosfee und ich“ (seit 13. Oktober im Kino) leiht sie der chaotischen Zahnfee Violetta ihre Stimme. Diese vermasselt die Zahnfee-Prüfung und verirrt sich in die Menschenwelt, wo sie Maxi (Lisa-Marie Koroll) kennenlernt. Gemeinsam setzen die beiden sich für die Natur ein und lernen, wie wichtig Freundschaft ist.
Im Interview mit dieser Redaktion verrät Netflix-Star Jella Haase, warum sie sich ausgerechnet immer für abgedrehte Rollen entscheidet, was sie zu ihrem bevorstehenden 30. Geburtstag plant und warum sie sich nach Spießigkeit sehnt.
Du hast schon ein paar Synchronrollen gemacht: Inwiefern reizen sie dich?
Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass ich als Kind einfach wahnsinnig viele animierte Filme gesehen habe. Trickfilme, Serien, Kinofilme, aber auch Fernsehen – ich habe ganz viel geguckt. Auf mich hat das immer eine große Faszination ausgeübt. Ich habe immer ganz viel imitiert und glaube, dass das schon eine Vorform des Schauspielens war.
In „Meine Chaosfee und ich“ geht es um Patchworkfamilie, Freundschaft, Natur und Selbstverwirklichung: Wie lange musstest du überlegen, in dem Film mitzuwirken?
Da musste ich nicht lange überlegen, weil die Rolle ja eine Chaosfee und eine Zahnfee ist und meine Mama ist Zahnärztin. Unsere Zahnfee quasi und deshalb war das total süß. Ich habe mich total gefreut. Violetta ist ja schräg und unangepasst, das sind immer die Figuren, die mich berühren.
Ja, irgendwie schaffst du es immer, abgedrehte Charaktere zu verkörpern. Jetzt in „Meine Chaosfee und ich“ und auch in diversen anderen Produktionen: Warum glaubst du, ziehen dich durchgeknallte Rollen an?
Ich glaube einfach, ich bin kein braver Mensch, ich wünsche mir wirklich auch mehr Struktur und mehr Spießigkeit. Ich habe eine ganz große Sehnsucht, eine ganz große romantische Vorstellung von einem geordneten, spießigen Leben. Das ist aber auch nicht das, was ich ausstrahle. Ich bin einfach nicht der Typ, der stillsitzt. Ich lasse mich in meinen Figuren auch immer extrem fallen und bin sehr bedingungslos. Es ist irgendwie auch das Universum, das dem Leben Geschichten schickt. Entweder wollen die Geschichten von mir erzählt werden und ich passe da rein oder eben nicht.
Glaubst du, das hat auch etwas mit Berlin zu tun, wo du wohnst und wo es eh wilder zugeht?
Ja, ich bin gestern durch Stuttgart spaziert und habe mich gefragt: ‚Wäre ich wohl jemand anderes geworden, wenn ich hier aufgewachsen wäre?‘ Aber das hängt natürlich auch mit der Sozialisierung zusammen, dem Elternhaus, Freundeskreis. Meine Eltern sind schon Freigeister. Wir sind sehr frei groß geworden, das prägt. Meine Mama sagt immer, ich war ganz aufrichtig liebend, aber auch sehr wild.
Wie viel Chaos von der Chaosfee Violetta steckt in Jella?
Komplett Katastrophe! Das wird auch immer schlimmer. Mein Leben ist ja auch einfach so voll und so viele Dinge passieren gleichzeitig, dass man für gewisse Sachen einfach keine Kapazitäten mitbringt, aber ich bin auf einer Skala von 1 bis 10 auf jeden Fall eine 12. Ich bin sehr verpeilt.
Man muss aber auch sagen, dass Schauspielerei ja auch eher ein chaotischer Beruf ist als z.B. Lehrerin.
Es ist auf jeden Fall so, dass man sich immer auf neue Sachen einstellen muss, obwohl man sich auf nichts einstellen kann. Man muss relativ angstfrei sein. Wenn man Schauspielerin ist, kann man auf jeden Fall nicht mit einem geregelten Leben rechnen. Es macht Spaß, es wird nie langweilig.
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Violetta geht am Ende doch einen anderen Weg und nicht den, von dem sie dachte, dass er ihr vorherbestimmt ist. Am Ende ist sie keine Chaosfee, sondern eine Blumenfee: Gab es bei dir auch einen Moment im Leben, an dem du plötzlich einen anderen Weg eingeschlagen hast?
Ich wusste schon relativ früh, dass ich Schauspielerin werden will, habe aber letztens noch mal darüber nachgedacht, wie ich dazu gekommen bin. Das war so, dass ich eigentlich ein Musikinstrument lernen sollte und an der Musikschule alle möglichen Musikinstrumente ausprobiert habe. Aber nichts hat gepasst. Aber an der Musikschule gab es auch eine Theatergruppe und in die bin ich reingerutscht. Da habe ich dann gemerkt, dass es das ist, was mir wirklich Spaß macht.
Zu Beginn fällt Violetta durch die Zahnfee-Prüfung, lässt sich davon aber nicht unterkriegen. Viele Psychologen schreiben, dass Kinder heutzutage durch die Erziehung viel weniger mit Kritik konfrontiert werden als früher und größere Probleme haben, Niederlagen wegzustecken: Wie siehst du diese Entwicklung? Und wie war das bei dir?
Zu der Entwicklung kann ich gar nichts sagen, aber ich muss sagen, ich kann auch schlecht mit Kritik umgehen. Ich glaube, Kritik auszuhalten, ist aber etwas extrem Wichtiges, was man lernen muss. Was man auch in einer guten Beziehung gerade von den Konflikten lernt. Es ist extrem wichtig, sich zu fördern, aber auch zu fordern. Meine Eltern haben eigentlich alles richtig gemacht, auch wenn nicht immer alles einfach war. Ich bin ein großer Fan von offener Kommunikation, von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit und bedingungsloser Liebe.
Was ist denn deine Message aus dem Film, die du Kindern gerne mitgeben würdest?
Keine Träume ohne Bäume. Das ist so süß und so schön. Dass wir nur in Verbundenheit mit der Umwelt zusammenleben können. Wir haben uns so entfernt – auch ich – durch die permanente Nutzung von Smartphones. Einfach mal in die Natur gehen und die ganzen Kinder… ich sehe Kinderkriegen echt kritisch, weil ich mir so denke: „In was für eine Welt werden die reingeboren!“ Wir müssen einfach alle so viel mehr machen, wir machen alle noch zu wenig, damit das Überleben gesichert werden kann. Deshalb kann ich nur sagen, Umwelt schützen und versuchen, nachhaltig zu leben.
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Bald steht dein 30. Geburtstag an: Irgendwelche coolen Pläne?
Ich werde groß feiern. Ich feiere jeden Geburtstag groß, denn man muss auch dankbar sein, dass wir leben, dass wir nicht im Krieg leben. Manchmal stelle ich mir schon vor, dass ich mit 30 dann ruhig und gediegen werde, aber seien wir mal ehrlich: Das wird wahrscheinlich nicht passieren.
Gibt es Dinge, wo du sagst, die hättest du eigentlich gerne bis 30 geschafft, die du aber noch nicht durchgezogen hast?
Irgendwie nicht. Irgendwie bin ich sehr zufrieden. Ich bin einfach an einem Punkt in meinem Leben, wo ich sagen kann: „Danke, Universum.“