Der Tod von Queen Elizabeth II. (1926-2022) kam trotz ihres hohen Alters unerwartet schnell: Am Donnerstag, dem 8. September, um 19.32 Uhr deutscher Zeit wurde der Tod der Monarchin in ihrer Sommerresidenz, Schloss Balmoral in Schottland, vermeldet. Zwei Tage zuvor hatte die Königin noch die neue Premierministerin Liz Truss, 47, empfangen, wirkte trotz eines Gehstocks aber gut gelaunt und erholter als in den Wochen zuvor.
Über 70 Jahre hatte die Queen regiert – einer der vielen royalen Rekorde, die sie im Lauf ihres langen Lebens aufstellen konnte. Dass nicht mehr alle Kinder und Enkel von ihr Abschied (nur Tochter Anne, Sohn Charles und Schwiegertochter Camilla schafften es rechtzeitig an ihr Sterbebett) nehmen konnten, passte zu den vergangenen beiden Jahren, in denen die betagte Monarchin noch einmal zahlreiche Schicksalsschläge hinnehmen musste: Die Folgen des Brexit für ihr Land ebenso wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg. Privat der geräuschvolle Austritt von Enkel Harry und dessen Gattin Meghan aus dem Königshaus plus Interviews mit deutlichen Breitseiten gegen die Familie. Nach 73 Jahren meist glücklicher Ehe war zudem Prinz Philip (+99) im April 2021 verstorben.
Queen Elizabeth II.: Trotz aller Sorgen regierte die Queen tapfer bis zu ihrem Tode
Trotz aller Sorgen regierte die Queen tapfer bis zu ihrem Tode. Unvergessen wird die Queen als ein Mensch bleiben, der es stets verstand, gegenüber anderen Menschen Respekt zu zeigen – von all ihren Terminen und Gesprächen ist keine einzige Begebenheit bekannt, in denen sie sich überheblich, desinteressiert oder gar feindselig zeigte – auch wenn ihr das manchmal nicht leichtgefallen sein mag. Die derben Kommentare lieferte lange Gatte Philip und damit vermutlich oft das, was auch seine Frau insgeheim dachte. Schon als 13-Jährige hatte sie sich in ihn verliebt – und die Heirat mit dem verarmten Prinzen von Griechenland und Dänemark gegen alle Widerstände durchgesetzt. Wenn der Queen etwas wichtig schien, setzte sie sich durch. Ihr freundliches Lächeln, ihre oft pastellfarbenen Outfits und ihre Körpergröße von 1,60 Metern ließen sie oft weniger resolut erschienen als sie wirklich war.
Das Erstaunliche im Leben der Queen war, wie die wohl bekannteste Frau der Erde es schaffte, ein Privatleben zu führen, über das so gut wie nichts in die Öffentlichkeit drang. Diskreter als ihre Familie waren ihre Freundinnen und Freunde, fast ausnahmslos aus dem britischen Top-Adel und seit Kindheitstagen an der Seite der Queen. Menschen, die weder mit Geld für Indiskretionen zu locken waren, noch unter Profilierungssucht litten. Spätere Bekanntschaften wurden maximal gute Bekannte, in den innersten Zirkel schafften sie es nie. Die Queen liebte Pferde, Hunde, das Landleben, Tee, gelegentlich ein Gläschen Likör, sie sah gerne fern (etwa die Seifenoper „Coronation Street“, „Downton Abbey“ oder „Inspektor Barnaby“), löste jeden Morgen ein Kreuzworträtsel und hörte die Morgennachrichten der BBC. Elizabeth II. schaffte es, trotz ihrer ererbten Rolle als weltweiter Super-VIP ein unerwartet bürgerliches Privatleben zu führen. Es schien, als hing sie nach jedem Tag royaler Pflichten abends die Krone (die sie nur selten trug) an die Garderobe, um danach ein normales Leben zu führen.
Queen Elizabeth II. war die perfekte Königin
Die wichtigsten Entscheidungen traf sie noch in den Monaten vor ihrem Tod: Für Prinz Andrew wurde ein Deal über geschätzt 15 Millionen Dollar ausgehandelt, der zur Einstellung der Ermittlungen in den USA führte. Und die umstrittene Frage, mit welchem Titel Camilla an der Seite von König Charles III. zu stehen hätte, klärte die Queen noch selbst: Camilla wird „Queen Consort“, also offiziell Queen Camilla. Damit verhinderte sie eine endlose Diskussion, die sonst vermutlich die Trauerzeit überschattet hätte. Strategisch eine Meisterleistung von Queen Elizabeth – trotz ihres hohen Alters noch mit aller Energie durchgesetzt.
Queen Elizabeth II. war die perfekte Königin – und dennoch ein Mensch aus Fleisch und Blut. Und sie schaffte es, ihren Landsleuten und der Welt das auch zu vermitteln. Sie war nie unnahbar, aber immer distanziert. Und sie war das Gesicht, das Herz und die Seele eines Königshauses und eines Landes, das jetzt ohne sie weiterleben muss. Irgendwann wird die Trauer weichen – einer Dankbarkeit, dass sie gelebt hat – und dass sie war, wie sie war: Eine einzigartige Frau und Königin.
Andy Englert, Adels-Experte der FUNKE Mediengruppe, befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit Königshäusern und ihrer Geschichte, derzeit als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschriften „Frau im Spiegel“ und „Frau im Spiegel ROYAL“ sowie als Royal-Experte des Schweizer Fernsehens SRF.