Hannes Jaenicke ist nicht nur Schauspieler, sondern setzt sich bereits seit Jahren auch für den Tierschutz ein. Der TV-Star will aufklären und für Veränderung sorgen. In seiner ZDF-Dokumentation „Im Einsatz für das Schwein“, die am Dienstag (31. Mai) im TV läuft, sorgt Hannes Jaenicke jetzt allerdings für eine Überraschung indem er weniger auf brutale Aufnahmen aus Schlachthöfen, als auf das Wesen des Tieres setzt.
Warum er glaubt, damit mehr erreichen zu können und wieso uns Ernährung und Tierhaltung auch in Krisenzeiten interessieren sollten, erzählt der ZDF-Star im Exklusiv-Interview mit dieser Redaktion.
Ein Film ohne Schockbilder, das ist ihre Prämisse bei „Im Einsatz für das Schwein“. Warum haben Sie sich für diese Form der Filmgestaltung entschieden?
„Ich beschäftige mich mit dem Thema jetzt seit vierzig Jahren. Und genauso lange gucke ich schon Videos über das Abschlachten von Walen. Hat das zum Ende des Walfangs geführt? Nein. Norwegen, Island, Japan, die Faröer Inseln schlachten munter weiter. Wir fragen uns immer: ‚Wie erreichen wir den Menschen am besten?‘ Wir suchen einen Weg, der den Zuschauer nicht zum Weggucken und Ausschalten bewegt. Wenn wir zeigen würden, wie Schweine in Deutschland bestialisch gequält und vergast werden, dann schalten die Menschen vermutlich erst gar nicht ein, oder sofort wieder aus.“
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Drei Fakten über ZDF-Star Hannes Jaenicke:
- Hannes Jaenicke wurde am 26. Februar 1960 in Frankfurt am Main geboren
- Er ist Schauspieler, Synchronsprecher, Autor und Umweltaktivist
- Für seine Arbeit erhielt Hannes Jaenicke schon zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem den „Naturelife Umweltpreis“ und den „Bambi“
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Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, das sind alles aktuelle Themen, die uns beschäftigen. Warum glauben Sie, sollte uns das Thema Schwein trotzdem am Herzen liegen?
Weil dieser schreckliche Krieg auch fatale Konsequenzen für den Import unserer Lebens- und Futtermittel hat. Die Ukraine ist einer der größten Getreideproduzenten, es wird also Ernteausfälle geben. Und die betreffen alle: Ukrainer, uns, unsere sogenannten Nutztiere. Zu sagen, der Ukraine-Krieg tobt, jetzt ist alles andere erstmal egal, ist kurzsichtig. Natürlich ist dieser Krieg eine humanitäre Katastrophe, aber auf lange Sicht ist die bedrohlichste Baustelle die Vernichtung dieses Planeten.
Wir finden immer neue Ausreden, den Klima- und Umweltschutz nicht ganz oben auf unsere Prioritätenlisten zu setzen. Immer noch geht es darum, dass Benzin, Lebensmittel immer teurer werden. Warum? Weil wir weiterhin so tun, als hätten wir einen Ersatz-Planeten im Kofferraum unserer SUVs. Geiz ist immer noch geil, und wir vernichten immer noch einen unfassbar hohen Anteil unserer Lebensmittel, verbrauchen immer noch viel zu viel Energie und Ressourcen. Aber alles soll bitte schön billig bleiben. Dinge müssen wieder einen Wert haben, vor allem Lebensmittel. Und wie erzähle ich das am besten? Indem ich mal das Tier zeige, aus dem unsere Koteletts hergestellt werden. Wir zeigen, was für neugierige, intelligente, soziale Tiere Schweine sind. Wir zeigen zuerst, wie ähnlich ihr Sozialverhalten dem unsrigen ist, und fragen dann, ob es in Ordnung ist, wie wir Schweine in der Massentierhaltung behandeln.
Als 2020 Deutschlands größter Schlachtbetrieb Tönnies Schlagzeilen machte, gab es einen Aufschrei in der Gesellschaft. Wie haben Sie darauf reagiert?
Wir wissen doch schon lange, wie Herr Tönnies arbeitet. Der Vater von Herrn Tönnies war ein kleiner Dorfmetzger. Die Frage ist, wie hat es sein Sohn geschafft, Milliardär zu werden? So etwas kann nicht mit rechten Dingen zu gehen. Solche Konzerne gehören dichtgemacht, schon aufgrund ihres Umgangs mit den Mitarbeitern. Ich kann nur jedem Konsumenten raten: Reduziere den Fleischkonsum, gönne Dir einen schönen Sonntagsbraten und kaufe ihn bitte Bio beim Metzger und nicht bei Herrn Tönnies. Das ist gesünder und fördert das vielzitierte Tierwohl.
Haltungsform, Kontrollen-Politik, welche „Schuld“ trifft am Ende wirklich die Verbraucher?
Es ist ein Dreiklang aus „Geiz ist geil“-Verbrauchern, dem totalen Versagen der Politik, die tatenlos zuguckt, wie das Tierschutzgesetz seit seiner Verankerung im Grundgesetz mit Füßen getreten wird. Und der dritte Spieler ist die Industrie. Wir gucken tatenlos zu, wie kleine Produzenten Pleite gehen, weil sie dem Druck des Marktes und Großkonzernen wie Tönnies nicht standhalten können. Es geht gar nicht darum, dass wir alle auf einmal Veganer werden. Es geht ums Reduzieren unseres Fleischkonsums, darum hochwertiger und tierfreundlicher produzieren zu können. Wie gesagt, wir sollten dringend zurückkehren zum guten alten Sonntagsbraten. Was wir vergessen ist, dass die Fleischproduktion 23 % des weltweiten CO2-Ausstosses verursacht, beim Verkehr sind es 18%. Wenn wir also ernstmachen wollen mit dem Klimaschutz, sollten wir zuallererst mal die Finger lassen von Billigfleisch von Tönnies, Wiesenhof und Co.
Inwiefern glauben Sie braucht es einen oder sogar mehrere Skandale, um endlich ein Umdenken zu erreichen?
Ich denke wir hatten genug Skandale: Tönnies, Gammelfleisch, Pferde-Lasagne, Schweinepest, Salmonellen, Rinderwahn, grausame Tiertransporte. Nichts davon hat etwas bewirkt. Aber wenn wir mal verstehen, wie reinlich, sozial, und intelligent Schweine sind, und wie brutal wir diese Tiere quälen, dann setzt vielleicht ein Umdenken ein. Ich selber hatte keine Ahnung, was für großartige Tiere unsere sogenannten Säue sind. Eigentlich wollte ich einen Film über Massentierhaltung und ihre Umweltschäden drehen, und habe erst durch die Recherche und Dreharbeiten gelernt, was für tolle Tiere das sind.
Was hat Sie nach der Recherche thematisch am meisten belastet?
Dass in über 7000 Konsumprodukten Schwein drinsteckt. In Kosmetik, Gummibärchen, Zahnpasta, Brot, Joghurt, Kaugummi, Duschgel, Shampoo… die Liste ist endlos. Und dass in der Massentierhaltung dreimal soviel Antibiotika eingesetzt werden wie in der Human-Medizin. Und wir wundern uns über immer mehr resistente Erreger, an denen immer mehr Menschen sterben?
Diese Erkenntnis klingt frustrierend …
Das weckt eher meinen Kampfgeist, deshalb mache ich diese Filme. Der Verbraucher hat ein Recht auf Information. Wir sind ein Land mit hohem Bildungsniveau, und je mehr wir wissen und verstehen, desto mehr werden wir verändern. Nach unserer Doku über Lachse und Fischfarmen ist der Lachskonsum merklich zurückgegangen, die Aktienkurse der größten norwegischen Anbieter sind um 11% abgestürzt. Das zeigt doch, dass wir was richtig machen und die Zuschauer neugierig und lernfähig sind. Und das stimmt mich dann doch optimistisch.
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Die Doku ist ab Montag (30. Mai) im Programm der ZDF-Mediathek abrufbar. Die TV-Ausstrahlung ist einen Tag später um 22.15 Uhr.