Senta Berger mimt eine Ordnungsfanatikerin, Henry Hübchen indes einen alten Zausel mit chaotischem Liebesleben. Das kann nicht gut gehen, oder doch? Die beiden Schauspieler geben in der ARD-Beziehungskomödie „Frauen verstehen“ mächtig Gas.
Frankfurt.
Armer Michael Roll! Er muss Senta Bergers jüngeren Liebhaber geben, darf aber kaum mehr sein als ein bleichgesichtiger, zerknitterter und durchsetzungsschwacher Psychologe. Kurzum: eine Figur, bei der jeder Gegenspieler nicht nur gewinnen kann, sondern siegen muss. Vor allem dann, wenn der Gegenspieler Henry Hübchen heißt. Der Alt-Star spielt den weißhaarigen Zausel mit dem ewigen Jungen-Gemüt derart herzerfrischend, dass der Titel der ARD-Komödie „Frauen verstehen“ (20.15 Uhr) eine glatte Lüge zu sein scheint. Denn tatsächlich weckt der Film von Jörg Grünler nach einem pointierten Drehbuch von Maria Solrun und Martina Mouchot viel Verständnis für liebenswerte Chaoten.
Gleich zu Anfang knallt es doppelt
Diesen Typ verkörpert Henry Hübchen, nicht nur weil Jeans und Lederjacke trägt. Als Kfz-Meister Paul bringt er kaputte Autos in Ordnung, dafür ist sein Liebesleben umso strubbeliger. Und das macht längst nicht jeder seiner zahlreichen Freundinnen Spaß. Das erfährt der Lebenskünstler gleich in der Eingangsszene, als ihn seine aktuelle Lebensabschnitt-Begleiterin buchstäblich vor die Tür setzt.
Wohin? Diese Frage beantwortet der Schlawiner auf seine ganz spezielle Art und Weise: zurück in die Wohnung seiner Noch-Ehefrau, die er vor Jahren verließ.
Natürlich muss es knallen, und es gibt einen Doppel-Schlag: Erstens ist seine amtierende Gattin Marlene (Senta Berger) alles andere als begeistert von der Rückkehr ihres verloren geglaubten Ehemannes, und zweitens will die Versicherungskauffrau gerade die gemeinsame Wohnung verhökern. Daraus wird es logischerweise nichts.
Das verflixte Trennungsjahr
Auch die von der Marlene angepeilte Scheidung klappt nicht. Ihr Anwalt des Vertrauens (Peter Prager) macht ihr klar, dass sie die erforderliche einjährige Trennung nicht nachweisen kann. Notgedrungen hofft Marlene darauf, dass Trennungsjahr mit ihrem Mann in der gemeinsamen Wohnun abbrummen zu können.
Damit ist klar, ich welche Richtung sich der Film bewegt. Und trotz des absehbares Endes macht die Komödie der Spaß. Denn der Weg ist das Ziel, und Gott sei Dank haben die beiden Drehbuch-Autorinnen einen schönen Hindernis-Parcours aufgebaut, der dem ungleichen Duo Hübchen und Berger alles abverlangt. Das fängt damit an, dass das Paar unterschiedlicher nicht sein könnte. Der Schwerenöter alter Schule steht eine Frau gegenüber, deren Selbstbewusstsein nahtlos in Kontrollzwang und Regelungswut übergeht.
Sympathien für den alten Schrauber mit dem jungen Herzen
Das Drehbuch erzählt die Geschichte so, dass die Sympathien eher bei dem alten Schrauber mit dem jungen Herzen als bei der Ordnungsfanatikerin liegen. Die beiden gemeinsamen Kinder attestieren ihm nämlich, er sei stets für den Spaß zuständig gewesen – und die Mutter für die Erziehung.
Doch kann zusammenwachsen, was offenkundig nicht zusammengehörte? Kann ein Mann, der die Frauen liebte, zu einem Mann werden, die die Frauen versteht? Die Komödie gibt eine Genre-gerechte Antwort darauf – und zwar in einer äußerst sehenswerten Szene, in der Paul über sich hinauswächst und Marlene mit einem romantischen Abend erster Güte bezirzt. Dabei spielt Alkohol eine nicht unwesentliche Rolle, und die beiden Schauspieler dürfen es mal so richtig krachen lassen. Zurück bleibt ein belämmerter Psychologe. Armer Michael Roll!