Adele Neuhauser kennt alle Höhen und Tiefen des Lebens. Deshalb ist ihr die Rolle der alkoholkranken „Tatort“-Fahnderin Bibi Fellner auf den Leib geschrieben. Was ihr das Revier bedeutet, verrät sie im Interview.
Essen/Wien.
Adele Neuhauser ist im Wiener „Tatort“ (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) Harald Krassnitzers alkoholkranke Kollegin von der Sitte. Sie begeisterte mit ihrem Spiel so sehr, dass mancher Kritiker die Neue im Krimi als eigentliche Hauptdarstellerin sah.
Bei Wikipedia wird kolportiert, Sie hätten bereits als Sechsjährige Schauspielerin werden wollen. Was ist dran?
Adele Neuhauser: Das stimmt! Ich hatte schon im zarten Alter von sechs Jahren das starke Bedürfnis in andere Charaktere zu schlüpfen, um zu sehen wie sich das anfühlt jemand anderer zu sein. Befreit von den eigenen Grenzen einzutauchen in eine andere Welt.
Die Großmutter und ihr Sinn für Humor
Welche Rolle spielte Ihre Großmutter in Ihrem Leben?
Neuhauser: Meine Großmutter war eine der wenigen, die mich nicht für meinen Wunsch Schauspielerin zu werden, belächelte. Ihr Humor, ihre Stärke und unglaubliche Kreativität inspirierten und beflügelten mich ungemein. Ich denke viel an sie!
Sie haben in Ihrem Leben harte Zeiten erlebt, wenn’s stimmt, Suizid-Versuche inklusive. Was gab Ihnen Kraft, aus seelischen Tiefs herauszukommen?
Neuhauser: Die Einsicht, dass ich noch etwas zu erledigen habe in diesem Leben. Ich hatte gesehen, dass ich Menschen zum Lachen bringen kann und dass sie mich in diesen Momenten wertschätzten und so habe ich eine Verantwortung für meine Begabung übernommen, die nicht nur mein Leben bereichern konnte und hoffentlich noch kann.
Sie spielen gern Theater. Was bedeutet Ihnen das Live-Erlebnis auf der Bühne?
Neuhauser: Das kollektive Gefühl! Gemeinsam mit den Kollegen und dem Publikum einen einzigartigen, unwiederbringlichen Abend zu erleben. Aus dem Alltag in eine Gegenwelt einzutauchen!
Das große Miteinander im Theater
Theater kann eine gegen alle bedeuten. Wie gehen Sie mit dem Publikum um?
Neuhauser: Der Meinung bin ich nicht! Für mich ist Theater spielen immer ein Miteinander. Ich atme mit dem Zuschauerraum! Aber manchmal hatte ich das Gefühl, dass dem Publikum nicht genug bewusst ist, dass auch sie einen sehr großen Anteil daran haben, ob eine Vorstellung besonders wird, oder eben nicht.
Sie haben unter anderem in Essen gespielt. Welche Erinnerungen sind hängen geblieben?
Neuhauser: Essen war eine wichtige Station in meiner Schauspielkarriere, da ich dort zum ersten Mal mit dem rumänischen Regisseur David Esrig gearbeitet habe. Wir haben dann 6 Jahre zusammen gearbeitet. Erst durch ihn habe ich das Handwerk zum Schauspieler richtig gelernt, und er hat mich mit seinem philosophischen Ansatz sehr geprägt!
Sie spielen im „Tatort“ eine alkoholkranke, ausgebrannte Fahnderin. Was mögen Sie an ihr?
Sie ist und bleibt eine Kämpferin
Neuhauser: Alles! Sie ist durch ihre Erfahrungen, die sie bei der Sitte gemacht hat an einem Burnout angelangt und sie ist, trotz Zusammenbruchs, eine Kämpferin.
Was kann Bibi Fellner womöglich nur deshalb, weil sie angeschlagen ist?
Neuhauser: Ich denke sie hat dadurch eine andere, einfachere, menschlichere Sicht auf die Dinge. Eine direktere Sprache, und so dringt sie mehr zu den Problemen oder dunklen Seiten der Menschen durch.
Gibt es eine Situation, die kennzeichnend für Ihr Verhältnis zu Harald Krassnitzer ist?
Neuhauser: Ich denke unser gemeinsames Spiel gibt Zeugnis von unserem inspirierten, beglückenden und humorvollem Verhältnis! Jede Stunde mit ihm am Set wird zu einem erfüllten und von Tränen der Freude begleiteter Tag!