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Alter Prangerstein existiert noch

Alter Prangerstein existiert noch

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Norbert Behrendt fand einen Hinweis auf das Relikt in einem Dokument von 1890. Vor dem Teweshof wurde er tatsächlich fündig.

Millingen. 

Gleiche Interessen schweißen zusammen. Das gilt auch für die Heimatforscher Josef Becker aus Bienen, Fritz Stege aus Isselburg und Norbert Behrendt aus Millingen. „Wir tauschen uns regelmäßig aus“, sagt Behrendt. Dazu gehört auch, dass man sich gegenseitig Unterlagen leiht. Und aus einem Dokument aus dem Jahre 1890, das sich im Besitz von Josef Becker befindet, erfuhr Behrend indirekt, dass sich ein Pranger in unmittelbarer Nähe der Schlossanlage Empel befunden haben musste. Der Artikel erhielt nämlich einen Hinweis darauf, dass noch Ende des 19. Jahrhunderts ein Teil dieses mittelalterlichen Strafwerkzeuges existierte und auch wo.

Der Pranger, auch Schandpfahl genannt, war ein Strafwerkzeug für kleinere Vergehen wie Ehrenstrafen, also Verleumdungen. Bei dem Folter-Werkzeug handelte es sich meist um eine Holzwand mit Aussparungen für Kopf und Hände oder um einen schlichten Pfahl, an dem ein Halseisen befestigt war. Darin wurde der Übeltäter fixiert und war so der Lächerlichkeit und den Schmähungen der Vorbeireisenden preisgegeben. Nicht ganz ungefährlich für den Täter, musste er doch damit rechnen, vom Mob auch beworfen zu werden. Dabei gehörten faule Eier noch zu den ungefährlicheren Wurfgeschossen.

Das von Norbert Behrendt aufgespürte Dokument, eine Sonntagsbeilage zur Rheinisch-Westfälischen Volkszeitung, hatte in eine ihrer Ausgaben 1890 folgenden Text veröffentlicht: Gegenwärtig erzählt man in der Umgegend von Empel nach, dass in der Kaedsweide früher ein Geißelpfahl gestanden, welche einzelne Personen daselbst noch gekannt haben wollen. Der kreisförmige Stein, auf welchem der Verurteilte während der Geißelung am Pfahle gestanden, dient gegenwärtig als Stufe vor der Hausthür des erwähnten Theveshofes.“

Stein liegt vor dem Hauseingang

Behrendt war schon wenig später unterwegs, um nach den Resten des Prangers zu suchen. Und wurde am Burgweg in Empel fündig. Der Theveshof (heute Teweshof), der derzeit von Beatrix und Norbert Opgen-Rhein bewirtschaftet wird, liegt in unmittelbarer Nähe zur Schlossruine. „Und gehörte vermutlich früher zu dem Anwesen selbst“, nimmt Behrendt an. Dort lag vor dem Hauseingang tatsächlich noch der mächtige Stein, der dem Pranger als Fundament gedient hatte. „In den Stein hat man Vertiefungen eingehauen, offenbar um die Holzpflöcke des Prangers einzulassen“, erklärt Behrendt.

Den Opgen-Rheins hat Behrendt eine Kopie des Zeitungsausschnitts dagelassen. Daher wissen auch sie, dass die Weide südlich ihres Hofs, auf dem jetzt ein Kuhstall steht, früher Kaedsweide – ein altes westfälisches Wort für Galgenweide – hieß, und dort der Pranger stand.

„Wir hatten immer schon gerätselt, was es mit dem Stein auf sich haben könnte“, sagt Beatrix Opgen-Rhein. Auch von Besuchern seien sie regelmäßig auf den großen rund behauenen Stein angesprochen worden. Eine alte Funktion als Mühlstein hatten die Besitzer gleich ausgeschlossen. „Dafür fehlten ihm ja die typischen Rillen und das Mittelloch“, erklärt die Empelerin.

Dass sie nun um die Herkunft und Bedeutung des Steins wissen, hat die Opgen-Rheins gefreut, hat es doch ihr Bewusstsein für die Geschichte und Kultur der Region weiter geschärft. Klar, dass der Stein bleibt, wo er ist. „Er ist ja schließlich etwas Besonderes und Teil des Hauses geworden“, sagt Beatrix Opgen-Rhein.