Jeder kennt ihn – wenn nicht persönlich, dann zumindest beim Namen: den Ballermann auf Mallorca. Für die meisten Deutschen ist Mallorca gleich der Ballermann. Dabei steht er längst nicht nur für eine bestimmte Urlaubsgegend auf der Insel. Es ist viel mehr als das! Ballermann ist ein Lebensgefühl. Die meisten, die ihren Urlaub auf Mallorca in S’Arenal – so heißt der Ort eigentlich – verbringen, sind bei Weitem nicht zum ersten Mal hier.
Seit vielen Jahren machen nirgendwo auf der Insel so viele Deutsche Urlaub wie hier am Ballermann. Um genau zu sein – seit 52 Jahren. Denn im Jahr 1972 wurde der Ballermann von einem Deutschen erfunden. Ich habe den mittlerweile 79-Jährigen genau hier, am Geburtsort des Ballermanns getroffen und mit ihm über den Moment gesprochen, als der Grundstein dieses Phänomens gelegt wurde. Es ist eine Geschichte, die jeder, der hier einmal war oder noch herkommen wird, kennen sollte – denn sie ist wahrlich unglaublich!
Von Köln nach Mallorca
Werner Dive ist mittlerweile 79 Jahre alt, als ich ihn in der Kölschen Woche im September auf Mallorca treffe. Er ist der Mann aus Köln, der vor 52 Jahren den Begriff Ballermann erfand und damit den deutschen Tourismus auf der Insel für immer veränderte.
Auch interessant:
Kölsche Woche auf Mallorca – der Auftritt einer Kölnerin geht mitten ins Herz
Werner Dive blätterte im Jahr 1972 im Neckermann-Katalog und traf die Entscheidung, gemeinsam mit seinen Fußballjungs in den Urlaub nach Mallorca zu fahren. Denn die „FC Merowinger“ – benannt nach einer Kneipe in der Merowinger Straße in der Südstadt Kölns – unternehmen schon ihr Leben lang im Herbst eine gemeinsame Mannschaftsfahrt.
Weil die jungen Merowinger sich bei diesen Ausflügen zum Beispiel in Rüdesheim am Rhein des Öfteren daneben benahmen, zu viel tranken und daraufhin randalierten, bekamen sie kurzerhand „Hausverbot“ in der Stadt. Und so musste eine Alternative her! Es war der junge Werner Dive, der auf die Idee kam, doch einmal Mallorca als Ausflugsziel zu testen – ein Blick in den Reisekatalog verriet, dass das Ganze in Spanien auch noch um einiges günstiger sein würde und so stieg die Mannschaft in den Flieger gen Süden.
Das hatte die Kölner Truppe im Gepäck dabei
Weil die Männer aus Köln dem Essen und Trinken im fernen Spanien nicht zu trauen schienen, nahmen sie kurzerhand 20-Liter Kölsch einfach mit und das auch noch im Handgepäck. Eine Flüssigkeiten-Obergrenze gab es damals noch nicht. Doch das war noch längst nicht alles. Auch Gulasch hatte die damals 15-köpfige Truppe auf der Heimat mitgenommen – aus der Puszta-Hütte Köln, einem Restaurant in der Altstadt Süd, das es immer noch gibt.
Und wie könnte es anders sein? Natürlich hatten die Kölner auch ihre Kostüme eingepackt. So kam es also, dass die deutschen Männer im September auf Mallorca an der Playa de Palma in ihren Karnevalskostümen Kölsch tranken und Gulasch aßen. Das war die Geburtsstunde der Kölschen Woche auf Mallorca, die seitdem jedes Jahr in der zweiten Septemberwoche gefeiert wird, mittlerweile zum Kölschen Monat geworden ist und vor allem Rheinländer auf die Insel treibt.
Die Geburtsstunde des Ballermanns auf Mallorca
Auch heute noch steigen die Kölner im Hotel „Dunas Blancas“ am Balneario 3 an der Playa de Palma ab. Weil Werner Dive nach ein paar Bier bei einer Party am Balneario 6 – so seine Erzählung – das Wort Balneario nicht mehr aussprechen konnte, machte er daraus Ballermann. Und so war der Ballermann 6 geboren.
Heute steht besonders der Ballermann 6 für den Partytourismus der Deutschen auf Mallorca, der jährlich Millionen Menschen auf die Insel holt. Über 50 Jahre nach diesem Moment ist eine eigene Musikbranche entstanden. Restaurants, Bars und Kneipen wurden eröffnet, Klubs und Hotels gebaut und sehr viel gefeiert und getrunken.
Aus der 15-köpfigen Mannschaftstruppe der „FC Merowinger“ ist eine Bewegung geworden. Das Konzept ist aber noch das gleiche. Eine Woche Mallorca-Urlaub im Hotel am Ballermann 3. Tagsüber Bier an der Playa de Palma. Das Motto: zusammen feiern „bes m’r umfallen“, so der 67-jährige Willi Kröhnert. Er ist seit 28 Jahren Mitglieder der Merowinger Truppe auf Mallorca.
Seit 52 Jahren dieselbe Tradition
Seit 1972 feiert die Truppe rund um Werner Dive ihren Urlaub auf Mallorca immer gleich. Nur im Jahr 2020 mussten sie aufgrund der Corona-Pandemie einmal aussetzen. Am Dienstag steht jedes Jahr aufs Neue die Strandparty der Merowinger an der Playa de Palma an. In diesem Jahr ist der Himmel bewölkt, als die Fahnen des „FC Merowinger“ am Strand im Wind wehen.
Gekleidet in den kölschen Farben rot und weiß hat sich die Truppe, wie schon seit 52 Jahren, am Strand auf Mallorca eingefunden. Jeder eine Dose Bier in der Hand. Eine Frau sitzt im Rollator – wilde Alkoholexzesse und Prügeleien gibt es keine mehr.
Mehr News:
Am Tag danach dann der Frühschoppen. Früher im Hotel selbst, seit ein paar Jahren nun schon im „Münchner Kindl“. An diesem Mittwoch (18. September) erstrahlt das Münchner Kindl in den kölschen Farben rot und weiß. Der Hof ist bereits am Morgen brechend voll mit Kölnern und vielen anderen, die sich die Merowinger Party nicht entgehen lassen wollen. Um kurz nach 11.11 Uhr findet dann der famose Karnevalseinzug der Truppe zum Lied „Es was einmal ein treuer Husar“ statt.
Angeführt wird er von Werner Dive in einem Regenbogenoutfit mit buntem Hut. Er wird nächsten Monat 80 Jahre alt. Der Tradition entsprechend, wird er auch im kommenden September wieder mit einem Bier an der Playa de Palma stehen und feiern und ein weiteres Jahr beweisen, dass die Kölner gut im Feiern sind.