„Der Wind hat mich angeschoben“ – die besten Raser-Ausreden
Rückenwind oder kaputter Tempomat: Manch Verkehrssünder versucht, sich mit Ausreden vor der Strafe zu drücken. Hier die skurrilsten Versuche.
Essen.
Es kann so schnell gehen. Das Gaspedal getreten, das Verkehrsschild übersehen oder ignoriert – und, zack: schon hat’s geblitzt! Hunderttausende Autofahrer werden am Donnerstag von 6 bis 22 Uhr beim europaweiten Blitzmarathon kontrolliert. Und man darf davon ausgehen, dass auch wieder Einige in die Radarfalle gehen.
Einmal ertappt, nehmen die meisten Verkehrssünder Bußgeld und Tadel klaglos hin – zumal, wenn die Kontrolle angekündigt war. Zeitnot, Gedankenlosigkeit, Unwissen: Das sind Standard-Entschuldigungen; die Polizisten vor Ort hören sie nur zu oft. Mitunter aber haben Raser und Regelbrecher auch ganz besondere Erklärungen für ihre Verfehlungen.
Mal ist der böse Rückenwind schuld am erhöhten Tempo, mal das neue Auto. Der eine Raser beschwert sich, dass der Tempomat defekt war, andere sind enttäuscht, weil die neueste Warn-App nicht funktionierte. Alle haben sie gemeinsam: Durchgekommen sind sie mit ihren Ausflüchten nicht.
Ausreden und Gedichte für die Bußgeldstelle
Auch in den Bußgeldstellen sind die Sachbearbeiter unempfänglich für wortreiche Ausreden. Dass die Reaktionen aber auch dort Spaß machen können, beweist das Regierungspräsidium Kassel. Die Mitarbeiter haben die kreativsten und lustigsten Zuschriften aufbewahrt und unter dem Titel „Humor in der Bußgeldstelle“ online gesammelt. Da finden sich dann Zeichnungen und Gedichte, krude Argumentationen und sprachliche Verrenkungen.
Beispiele gefällig? „Ein Fußgänger kam plötzlich vom Bürgersteig ab und verschwand wortlos unter meinem Wagen…“ So schilderte ein Autofahrer seinen Verkehrsunfall. Ein anderer schrieb: „Der Fußgänger hatte keine Ahnung, in welche Richtung er gehen sollte, also überfuhr ich ihn.“ So weit, so klar.
„Danach verlor ich bedauerlicherweise die Herrschaft über mein Auto“
Nicht alle Ausführungen sind so simpel. Aufgepasst! Ein Verkehrssünder erklärt: „In einer Linkskurve geriet ich ins Schleudern, wobei mein Wagen einen Obststand streifte und ich – behindert durch die wild durcheinander purzelnden Bananen, Orangen und Kürbisse – nach dem Umfahren eines Briefkastens auf die andere Straßenseite geriet, dort gegen einen Baum prallte und schließlich – zusammen mit zwei parkenden PKW’s – den Hang hinunter rutschte. Danach verlor ich bedauerlicherweise die Herrschaft über mein Auto.“
„Auch bei ’normalen‘ Verkehrsverstößen wissen die Betroffenen sich klar und deutlich auszudrücken“, kommentiert das Regierungspräsidium süffisant – und liefert ein Beispiel: „Das ist mir unbewusst, so wie ich mir erinnern kann, habe ich mir den Verkehr angepasst.“ Oder so: „Außerdem bin ich vor meinem ersten Unfall und nach meinem letzten unfallfrei gefahren.“ Aha.
Der Ton der Verkehrssünder ist ruppiger geworden
Zuletzt ist nichts Neues mehr hinzugekommen zur Ausreden-Sammlung des Regierungspräsidiums. „Jammerschade“ sei das, sagt Sprecher Michael Conrad. Das ganze Verfahren sei mittlerweile „entromantisiert“ – in der Bußgeldstelle werde kaum mehr auf Papier gearbeitet, Bescheide und Widersprüche werden online zugestellt und am Computer bearbeitet. Es bleibe „kaum noch Zeit“ für so etwas. Und: Insgesamt sei der Ton ruppiger geworden. „Je kleiner das Vergehen, desto maßloser der Ton“, sagt Conrad.
Natürlich hätten kreative Erklärungsversuche keinen Einfluss auf die Entscheidungen gehabt. Aber „das Humorige lässt immer mehr nach“, sagt der Präsidiumssprecher. Dass ein Sachbearbeiter auf ein Gedicht vom Verkehrssünder mit einem eigenen Vers antwortet – heute ist das fast undenkbar.
Dabei hat es selbst das mal gegeben. Frei nach dem Motto: „Ist der Reim auch noch so gut gelungen, zum Bußgeld seh‘ ich mich gezwungen.“