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Flucht aus der Ukraine: Familie in Kriegs-Albtraum gefangen – „Schnee geschmolzen, um zu überleben“

Eine Familie kämpfte vor ihrer Flucht aus der Ukraine ums Überleben. Es musste Schnee geschmolzen werden, um Trinkwasser zu haben.

© Charmaine Fischer / DER WESTEN

Ukraine-Krieg: Nach 1991 nahm das Unheil seinen Lauf - die Chronologie

Seit dem Angriff Russlands auf sein Nachbarland bestimmt der Ukraine-Krieg das weltpolitische Geschehen. Wir erklären dir, wie sich der Konflikt entwickelt hat.

Am 24. Februar jährt sich der russische Angriff auf die Ukraine zum zweiten Mal. Zahlreiche Menschen sind seitdem geflüchtet – unter anderem nach Deutschland. Wir haben mit Geflüchteten gesprochen und wollen ihre Geschichten anlässlich des traurigen Jahrestages in einer Artikel-Serie erneut erzählen.

Niemals hätten sie ihr Leben in der Ukraine aufgegeben – doch der Krieg zwang sie zur Flucht. Witalij (damals 39), Hanna (damals 43), Wladyslaw (damals 13) und Anna (damals 28) hatten alles, was sie brauchten: Gute Jobs als Logistik-Manager, Pharmazeutische Angestellte und Buchhalterin. Wladyslaw ging zur Schule. Sie lebten in der Hafenstadt Mariupol. „Die Stadt war im Aufbau. Das Leben dort blühte“, beschreibt Witalij die Situation vor dem Krieg. Doch dann kamen die Russen.


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Es war der 24. Februar 2022, um 5 Uhr morgens: Witalij wurde von dem Klingeln seines Handys geweckt. Ein Freund rief ihn an und teilte ihm mit: Es ist Krieg – Russland greift die Ukraine an! „Wir mussten uns richtig zusammenreißen, weil wir es nicht verstanden haben. Es war wie ein schlechter Traum“, schildert Witalij. Noch während er telefonierte, vernahm er eine Explosion. Der Flughafen von Mariupol wurde bombardiert. „Dann haben wir verstanden: „Es ist Realität.“ Schon direkt an Tag 1 des russischen Angriffskrieges stand Mariupol unter heftigem Beschuss.

Hanna, Witalij, Wladyslaw und Anna mussten aus der Ukraine flüchten. Foto: Charmaine Fischer / DER WESTEN

Vier Tage nach Kriegsausbruch brach alles zusammen

Die Familie checkte die Nachrichten, telefonierte hin und her. Immer wieder hörte sie Explosionen. Fassungslosigkeit machte sich breit. „Wir wussten nicht, was wir tun sollen. Wladyslaw wollte eigentlich noch zur Schule gehen. Doch den Kindern wurde geraten, erst einmal ein paar Tage zu Hause zu bleiben“, erklärt Witalij. Er selbst, Mutter Hanna und Cousine Anna gingen ganz normal zur Arbeit. „Wir dachten zunächst, dass es schon bald aufhören wird“, erzählen die drei. Deswegen versuchten sie zunächst, so normal wie möglich weiterzuleben.

Das ganze Ausmaß der Katastrophe realisierte die Familie erst am 28. Februar 2022, also rund vier Tage nach Kriegsausbruch. In Intervallen ging immer mal wieder der Strom aus. Ab dem 2. März 2022 herrschte dann kompletter Stillstand. Es gab weder Gas noch Wasser, auch der Strom war komplett weg. Draußen waren es minus zehn Grad – und die Familie stand ohne Heizung da. „Die Erkenntnis, dass das hier schlimmer ist, kam schrittweise“, erklärt Hanna. Plötzlich begriff die Familie: Ihre Heimatstadt war von Russen umzingelt. Ein Entkommen war von nun an kaum noch möglich.

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Asche mischte sich ins Wasser

Deswegen plante die Familie zunächst, auch weiterhin in der Stadt zu bleiben. „Woanders hinzufahren war viel zu gefährlich“, bekräftigt Witalij den ursprünglichen Plan. Doch die Lebensumstände in Mariupol waren nicht mehr tragbar. Lebensmittel waren ausverkauft, es wurde gehamstert, Supermärkte geplündert. Auch Sprit gab es so gut wie nicht mehr. Glücklicherweise hatte die Familie noch einiges an Kraftstoffvorräten für ihr Auto. Doch das größte Problem war ein ganz anderes. „In einer Großstadt gibt es keine Wasserquellen. Es gibt keinen Brunnen wie zum Beispiel in einem Dorf. Wir haben Schnee geschmolzen, um zu überleben und haben Regenwasser getrunken“, so die dramatische Schilderung der Familie.


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Doch durch die ganzen Bomben mischte sich die Asche der zerstörten Gebäude in Schnee und Regenwasser. „Wir hatten noch die Möglichkeit, mit dem Auto zu einer Wasserquelle zu kommen“, erklärt die Familie. Doch grundsätzlich herrschte Wasserknappheit. Hygiene war deswegen kaum mehr möglich. Das Wasser wurde zum Trinken gebraucht.

Welch traurigen Wunsch die Familie während des Krieges hatte und wie sich die Situation weiter zuspitzte, kannst du am Donnerstag (22. Februar) in Teil 2 unserer Reportage-Reihe nachlesen. Folge uns auf Facebook oder Instagram, um keinen Teil zu verpassen.