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Flucht aus der Ukraine: Familie berichtet von „folterähnlichen Methoden“

Ihre Flucht aus der Ukraine wurde für diese Familie zum absoluten Horror. Ihre Route führte über die Krim. Dort erlebten sie Verstörendes.

© Charmaine Fischer / DER WESTEN

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Seit dem Angriff Russlands auf sein Nachbarland bestimmt der Ukraine-Krieg das weltpolitische Geschehen. Wir erklären dir, wie sich der Konflikt entwickelt hat.

Witalij (damals 39), Hanna (damals 43), Wladyslaw (damals 13) und Anna (damals 28) mussten ihre geliebte Heimat zurücklassen, die Flucht aus der Ukraine antreten. Die Familie stammt aus Mariupol. Die Hafenstadt war einer der ersten Orte, der von den Russen im Februar 2022 angegriffen wurde. In Teil 1 unserer Reportage-Reihe schilderte die Familie bereits, wie sie sich ohne Strom, Wasser und Gas bei eiskalten Temperaturen durchschlug (hier geht es zum Artikel). In Teil 2 spitzte sich die Situation weiter zu. Außerdem äußerte die Familie einen traurigen Wunsch (den Artikel findest du hier). In Teil 3 schilderte der 13-jährige Wladyslaw seine Kriegserfahrungen (hier geht es zum Artikel).

Am 24. Februar jährt sich der russische Angriff auf die Ukraine zum zweiten Mal. Zahlreiche Menschen sind seitdem geflüchtet – unter anderem nach Deutschland. Wir haben mit Geflüchteten gesprochen und wollen ihre Geschichten anlässlich des traurigen Jahrestages in einer Artikel-Serie erneut erzählen.

Nachdem die Familie zunächst zu Hannas Mutter flüchtete, führte ihre Fluchtroute sie am 28. März 2022 zu dem Elternhaus von Witalij. Einen wirklichen Plan gab es immer noch nicht. Doch Fakt war: Hier in Mariupol zu bleiben, war viel zu gefährlich! Die Familie bereitete sich also auf die weitere Flucht vor.

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Flucht aus der Ukraine führte über die Krim

„Wir sind einfach, ohne zu wissen wohin und mit der Hoffnung, dass uns jemand helfen würde, los“, erzählt Witalij. Gemeinsam mit einigen weiteren Ukrainern fanden sie sich zu einem Autokorso zusammen. Mit circa zehn Autos starteten sie schließlich von Mariupol aus. Die Straßen vor ihnen waren voller Minen. Die Familie schaffte es zunächst nach Saporischschja (Ukraine) zu den Eltern von Anna. „Ihr riecht alle nach Rauch“, war die erste Reaktion von Annas Mutter.

Ursprünglich wollte die Familie in die Landeshauptstadt Kyjiw reisen. Doch der Weg dahin war zu gefährlich. Schließlich entschieden sich Witalij, Hanna, Wladyslaw und Anna dazu, die Route über die Krim zu nehmen. Die ukrainische Halbinsel wurde im Frühjahr 2014 von Russland annektiert. „Das war russisches Territorium. Deswegen wurde dort nicht geschossen“, erklärt Witalij. Über die Krim wollten sie nach Polen.

Hanna, Witalij, Wladyslaw und Anna mussten aus der Ukraine flüchten. Foto: Charmaine Fischer / DER WESTEN

„Folterähnliche Methoden“ bei russischer Kontrolle

Als die Familie die Krim-Brücke erreichte, kamen ihr jede Menge Panzer und Militärfahrzeuge entgegen. „Spätestens da wurde uns auch noch einmal bewusst, dass der Krieg länger dauern würde“, erzählt die Familie. Am 6. April 2022 kamen sie auf der Halbinsel an. „Wir wurden genaustens kontrolliert, ob wir eine Verbindung zum ukrainischen Militär haben. Wir Männer mussten uns bei Minusgraden komplett ausziehen und uns nackig machen“, erzählt Witalij.


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Außerdem sei er gezwungen worden, ein Papier zu unterschreiben. In diesem Papier wurde festgehalten, dass die Ukraine Mariupol selbst angegriffen habe. Aus der Todesangst heraus unterschrieb Witalij den Zettel. „Du unterschreibst in dem Moment alles“, sagt er. Hätte er die Anweisungen des russischen Militärs nicht befolgt, hätte die Familie wohl nicht weiter gedurft. Die gesamte Kontrolle dauerte rund zwölf Stunden. Witalij spricht von „folterähnlichen Methoden“, die er selbst zwar nicht gesehen, aber gehört habe. „Ich habe auch gehört, dass einige Männer von diesen Kontrollen nicht zurückgekehrt sind. Wahrscheinlich wurden sie in Gewahrsam genommen.“


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„Du bist körperlich hier, aber mit der Seele bist du zuhause“

Die Familie blieb einen Tag auf der Krim, reiste dann weiter nach Polen. Dort schlief sie drei Tage lang bei Verwandten. Die anderen Tage waren die vier auf der Durchreise in Richtung Deutschland, schliefen dabei in ihrem Auto. „Wir wussten in Deutschland nicht genau, was wir mit uns anfangen sollen“, sagen sie. Also irrte die Familie ohne wirkliches Ziel umher. An einem Rastplatz lernten die Geflüchteten schließlich jemanden kennen, der gut mit anderen Ukraine-Flüchtlingen vernetzt war – ein echter Glücksfall. Seit dem 24. April 2022 lebt die Familie in einer Wohnung in Ascheberg bei Münster (NRW). „Du bist körperlich hier, aber mit der Seele bist du zuhause“, sagt Anna.