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Frankreich: Rätsel um deutsches Ehepaar – Staatsanwalt: „Eigene Einschätzung nicht die zutreffendste“

Ein in Frankreich lebender Deutscher hat seine eigene Ehefrau über Jahre gefangen gehalten und schwer misshandelt.

Frankreich
u00a9 picture alliance/dpa/AFP

Warum werden Fahndungsfotos so spät veröffentlicht?

Wenn die Polizei Fahndungsfotos veröffentlicht, sind oft Wochen seit der Tat vergangen. Wann darf die Polizei Fahndungsfotos veröffentlichen? Und warum dauert das so lange?

Wie kann man der eigenen Ehefrau so etwas antun? Ein in Frankreich lebender Deutscher soll seine Frau jahrelang eingesperrt und misshandelt haben. Die 53-Jährige wurde am Montag (7. August) in Forbach nahe der Grenze zu Deutschland in einem furchtbaren Zustand gefunden. Ihr Mann wurde vorläufig festgenommen, kommt aber noch am Dienstag (8. August) frei. Nachdem jetzt gegen den Deutschen wegen Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und Folter ermittelt wird, kommen jedoch auch einige Ungereimtheiten ans Licht. Die Zuständigen stehen vor einem Rätsel.

Nackt, unterernährt, mit abrasierten Haaren – so wurde die Frau, die ebenfalls aus Deutschland stammt, in einer Wohnung in Forbach in Frankreich gefunden. Nach ersten Erkenntnissen liegt ein jahreslanges Martyrium hinter der 53-Jährigen. Ihr 55-jähriger Mann soll sie seit zwölf Jahren in einem Zimmer gefangen gehalten und gefoltert haben, heißt es aus französischen Polizeikreisen.

Frankreich: Frau wirft Ehemann jahrelange Folter vor

Der aus Deutschland stammende Mann wurde am Montag gegen 6 Uhr von Polizeibeamten in Metz festgenommen, er wurde in Untersuchungshaft gesteckt. Die Frau wurde in ein Krankenhaus gebracht. Am Sonntag (6. August) hatte die Frau beim Opfertelefon des Weißen Rings angerufen, wie eine Sprecherin der Polizei Wiesbaden angab. Laut des französischen Senders „BFMTV“ telefonierte die 53-Jährige von einem gestohlenen Telefon aus – als die französischen Polizisten sie in der Wohnung fanden, lag sie in einem Bett in der Nähe eines Festnetztelefons.

Das ist nicht die einzige Ungereimtheit, die nach dem Fund der Frau ans Licht trat. So habe die Deutsche keine wunden Stellen und Blutergüsse gehabt, in ihrer Nähe habe es auch keine Blutspuren gegeben. Auch haben die französischen Polizisten die Frau ohne Fesseln gefunden, hätten zudem keine eindeutigen Hinweise entdeckt, dass sie in der Wohnung eingesperrt gewesen sein, so Olivier Glady, Staatsanwalt von Saargemünd. Zudem seien keine Brüche festgestellt worden, was den Vorwurf schlimmster Folter zumindest entkräfte. Zum Vorwurf der Freiheitsberaubung gebe es laut Glady Fakten, die das Ganze nuancierten.

Frankreich: Erkrankung Schuld an Zustand der Frau?

Laut des Staatsanwaltes sprach der 55-jährige Beschuldigte von einer Krankheit, an der seine Frau seit Längerem leide, erwähnte dabei Krebs, von dem auch die Nachbarn gewusst haben sollen. Im vorliegenden Fall befinde sich ein Schieber zwischen einem „absolut furchtbaren Szenario“ und einer befriedigenden Betreuung einer Krankheit, wertet Glady die Lage.


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Es gebe keine Erkenntnisse, die die schweren Beschuldigungen der Frau gegen ihren Mann untermauerten. Der Deutsche solle aus dem Polizeigewahrsam entlassen werden. Für eine strafrechtliche Verfolgung des Mannes gebe es keine Anhaltspunkte. Glady wertete den Vorwurf der Freiheitsberaubung nun als „inexistente Wirklichkeit“.

Lange Vernehmung der Frau

Statt eines strafrechtlichen Schreckens scheine der Fall viel mehr soziale Verzweiflung zu offenbaren, resümierte der Staatsanwalt. In der langen Befragung habe die Frau ihre Anschuldigungen wiederholt. Ihr Mann hingegen sprach von einer Krankheit, unter der seine Gattin seit Längerem leide. Diese bestritt, krank zu sein. „Aber zum jetzigen Zeitpunkt und besonders unter Berücksichtigung der rechtsmedizinischen Erkenntnisse ist ihre eigene Einschätzung der Situation vielleicht nicht die zutreffendste.“ An welcher Erkrankung die Frau genau leiden soll, war zunächst nicht klar.

Auch das Paar könne keine eindeutige Diagnose nennen, sagte Glady. Es habe keinerlei medizinische Betreuung gegeben. Der Mann hatte erzählt, die beiden hätten sich nicht an französische Ärzte gewandt, weil sie kein Französisch sprachen. Auch seien sie in Frankreich nicht versichert und hätten sich Gedanken über medizinische Kosten gemacht.

Paar ohne Kontakt zu Familien

Das Paar ist seit 2001 verheiratet und lebt seit Jahren in Frankreich. Der Mann war dort zunächst für ein deutsches Unternehmen tätig. Als die Firma umzog, verlor er seinen Job und erhielt aus Frankreich Arbeitslosengeld. Zu seiner Familie in Deutschland habe er keinen Kontakt. Auch die Frau stehe nicht mit ihren in Spanien lebenden Eltern und ihrer Schwester in Verbindung.

Seit Symptome auftraten, so gab es der Mann in seiner Vernehmung an, pflegte der Deutsche seine Frau. Vor rund zehn Monaten habe sich ihr Zustand verschlechtert. Sie hätte seitdem nicht mehr gehen können. Staatsanwalt Glady zufolge vermutet der Mann, dass seine Frau ihn für ihr Leiden verantwortlich macht und aus diesem Grund die schweren Vorwürfe gegen ihn erhoben hat. Die Frau war am Dienstagabend noch immer im Krankenhaus. Die Ergebnisse einer psychologischen Untersuchung standen aus.