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Remmo-Räuber wegen Platzmangel frei – in NRW kann das nicht passieren

Weil er keinen Therapieplatz im Krankenhaus bekam, wurde ein suchtkranker Clan-Krimineller in Berlin aus der Haft entlassen. Bundesweit platzt der Maßregelvollzug aus den Nähten. Um so einen Fall wie in Berlin zu verhindern, geht NRW einen neuen Weg.

© Imago / Olaf Wagner

Herbert Reul: Der Mann, der den Clans den Kampf angesagt hat

Er hat kriminellen Familienclans den Kampf angesagt: NRW-Innenminister Herbert Reul. Wir stellen den CDU-Mann vor.

Stell Dir vor, ein Clan-Verbrecher wird wegen eines bewaffneten Überfalls auf einen Geldtransporter zu mehr als acht Jahren Gefängnis verurteilt – aber er kommt wegen personeller Überlastung des Maßregelvollzugs schon nach zwei Jahren frei. Ein Witz? Nein, in Berlin ist genau das jetzt tatsächlich passiert.

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Ausgerechnet der Neffe des berüchtigten Clan-Chefs Issa Remmo konnte die Justizvollzugsanstalt Moabit Anfang Februar vorzeitig entlassen. Die Begründung klingt haarsträubend. Muhamed Remmo ist kokainsüchtig. Deshalb steht ihm ein Therapie-Platz in der geschlossenen Abteilung der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik zu, genannt: Bonnies Ranch.

„Berlin hat ein Herz für koksende Knackis“

Die Klinik ist jedoch schon seit Jahren völlig überlastet, 500 Beschäftigte kümmern sich um 600 zum Teil außerordentlich gefährliche Patienten. Deshalb gibt es in Berlin inzwischen eine Warteliste mit 15 Straftätern. Konsequenz: Wenn Häftlinge nicht innerhalb von sechs Wochen aus der sogenannten Organisationshaft in den Maßregelvollzug überstellt werden können, müssen sie freigelassen werden. Ohne Therapie mache die Haft keinen Sinn, lautet die Begründung.

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Solche Fälle hat es in Berlin schon mehrere gegeben, sagt der Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel auf Anfrage dieses Portals. Mit Muhamed Remo wurde jetzt aber ein bekanntes Clan-Mitglied in die Freiheit entlassen. Der 33-Jährige ist vorbestraft wegen schweren Raubs, Hehlerei und Körperverletzung. „Berlin hat ein Herz für koksende Knackis“, spotten Reporter von „Spiegel TV“ in einem Filmbeitrag.

Der Maßregelvollzug platzt aus den Nähten

Dabei ist die Hauptstadt kein Einzelfall. Auch in Baden-Württemberg kamen suchtkranke Straftäter schon vorzeitig frei, weil es an Therapie-Plätzen im Maßregelvollzug mangelt. Das ist bundesweit ein Problem.

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Die Zahl der eingewiesenen Straftäter hat sich seit 2019 auf 4.300 verdreifacht. Die Suche nach Therapieplätzen gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil die Zuständigkeit für die Unterbringung – wie in Berlin – bei den Gesundheitsbehörden liegt.

Wie NRW den Worst Case verhindert

In Nordrhein-Westfalen hat man daraus die Konsequenz gezogen. In der Pressestelle des Justizministeriums heißt es, hier könne es nicht passieren, dass Schwerverbrecher wegen personeller Engpässe im Maßregelvollzug entlassen würden.

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Hier arbeiteten Justiz- und Gesundheitsministerium eng zusammen, um so schnell wie möglich einen Platz in den 14 Kliniken des Landes zu finden, der auf therapie-bedürftige Straftäter zurechtgeschnitten ist. „Das hat 2022 wunderbar funktioniert.“

„Der Rechtsstaat in Berlin hat versagt“

In Berlin streitet man derweil darüber, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die Justiz einen Kriminellen entlassen musste, von dem Oberstaatsanwalt Ralph Knispel sagt, die Öffentlichkeit müsse vor ihm beschützt zu werden. Der Rechtsstaat habe versagt.

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Die personellen Engpässe im Maßregelvollzug sind dem Senat seit Jahren bekannt. Erst im November hatte die für die Unterbringung kranker Straftäter zuständige Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) Alarm geschlagen und den Senat aufgefordert, die Haftklinik besser auszustatten – ohne Erfolg.

Leidtragende ist auch die Justiz. Nicht nur, weil das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat sinkt. Knispel sagt, Prozesse hätten schon wiederholt abgebrochen werden müssen, weil Angeklagte, die einstweilig im Maßregelvollzug untergebracht waren, vor Gericht völlig eskaliert seien. „Viele werden im Krankenhaus nur noch verwahrt.“