Mensch gegen Stier – für die einen ist es eine lange Tradition auf Mallorca, für andere einfach nur Tierquälerei. Dementsprechend groß war der Wirbel bereits im Vorfeld um den angekündigten Stierkampf in Inca, der drittgrößten Stadt auf Mallorca, am 13. April. Unsere Redaktion war vor Ort und hat sich selbst ein Bild von der Lage gemacht.
Peta Deutschland hat vorab versucht durch eine Petition den Stierkampf auf Mallorca zu stoppen, aber das Event fand statt. Aber auch vor der imposanten Stierkampfarena in Inca kam es zu Protesten. Um Demonstranten und Besucher voneinander zu trennen, waren viele Polizisten der Policia Local und Guardia Civil anwesend. Dennoch war die Stimmung sehr aufgeheizt.
Stierkampf auf Mallorca: Sogar Kinder wieder erlaubt
Um 18 Uhr sollte das Event starten, knapp eine Stunde vorher öffneten die Tore. Und der Andrang war gewaltig, die Menschenmengen vor der Straße lösten ein kleines Verkehrschaos aus. Viele Besucher hatten sich schick gemacht, Sitzkissen dabei und konnten es offenbar kaum erwarten endlich in die Arena zu kommen. Immerhin kehrten die Stiere der bekannten Zuchtfarm „Miura“ nach über 100 Jahren endlich wieder zurück.

Besonders auffällig: Auch viele sehr junge Menschen und sogar Kinder waren gekommen, um dem brutalen Spektakel beizuwohnen. Denn, nachdem bei den Stierkämpfen auf Mallorca 40 Jahre lang keine Kinder erlaubt waren, durften diese mit Begleitung eines Erwachsenen nun wieder teilnehmen. Bei einigen Menschen sorgte das für Entsetzen. „Lass die Kinder nicht in meine Nähe kommen“, dieser Schriftzug hing um den Hals einer Torero-Puppe, die von einer Mauer baumelte.
So läuft ein Stierkampf in Spanien ab:
- Eine Stierkampfaufführung dauert klassischerweise 20 Minuten
- Ziel des Toreros: Tod des Tieres
- Toreros agieren im Team
- Picadores (Stierkämpfer zu Pferd) schwächen das Tier mit gezielten Lanzenstichen
- Toreros zu Fuß versetzen dem Tier mit sogenannte Banderillas, also Holzstöcke mit rund fünf Zentimeter langen Widerhaken, einen Stich in den Rücken
- Der Matador reizt den Stier mit einem roten Tuch und gibt den Todesdolchstoß
- Über Ruhm und Ehre des Stiers und des Matadors entscheidet das Publikum durch seine Reaktion
- Stiere werden nur sehr selten begnadigt
- Trophäen für Matadoren können die abgeschnittenen Ohren oder der Schwanz sein
Gleichzeitig hallte es „Mörder, Mörder“- und „Freiheit statt Leiden“-Rufe von der Anhöhe aus. Rund 100 Tierschutz-Aktivisten waren mit großen Bannern gekommen, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Unter ihnen war auch Peter Janssen, Gründer der Tierschutzorganisation „Vegan Strike“. Der Aktivist war extra aus den Niederlanden angereist. „Das ist in meinen Augen grausamste Tierquälerei. Normalerweise springe ich unmittelbar nach den Kämpfen in die Arena, um zu protestieren. Hier klappt das aber nicht aufgrund der Beschaffenheit des Gebäudes“, erklärt er gegenüber unserer Redaktion. Auf beiden Seiten flogen Beleidigungen, Provokationen und die Besucher reagierten mit eindeutigen Gesten wie dem Zeigen des Mittelfingers.
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Nichts geht mehr – ausverkaufte Stierkampfarena!
2017 konnten Tierschützer jubeln, denn die linksgrüne Landesregierung änderte das Tierschutzgesetz, sodass bei den Kämpfen keine Stiere mehr verletzt oder getötet werden durften. Da das jedoch Teil der Tradition war, fanden zunächst keine der sogenannten „Corridas“ mehr statt. Allerdings wurde die Gesetzesänderung ein Jahr später wieder vom Verfassungsgericht gekippt. Schließlich gehörten die Stierkämpfe in Spanien zum „nationalen Kulturgut“ – so lautete auch die Begründung vieler Besucher an diesem Tag.
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„Für mich wäre es sehr traurig, wenn die Stierkämpfe verboten würden, weil ich damals schon mit meinem Großvater da war. Es ist einfach eine lange Tradition“, erklärt der 18-jährige Joan Escanelles. Er ist mit vielen gleichaltrigen Freunden in Inca. Auch eine 19-jährige Besucherin, die ihren Namen nicht nennen möchte, kann über die Aktivisten nur herzlich lachen. „Die Stiere leben vor dem Kampf wie Könige, deshalb verstehe ich die Aufregung nicht. Die Teilnahme von Kindern sehe ich kritisch, aber ich war selbst auch schon mit 16 hier.“
Während sich die Stimmung zwischen Demonstranten und Besuchern weiter aufheizte, wurde es plötzlich auch inmitten der großen Menge bei den Stierkampfliebhabern unruhig. Denn wer nicht bereits im Vorfeld ein Ticket für bis zu 120 Euro ergattern konnte, hoffte noch eine Karte vor Ort zu bekommen. Doch kurz vor 18 Uhr plötzlich die bittere Nachricht: Ausverkauft! Rund 6.000 Menschen finden auf der Tribüne und in den Logen Platz. Verzweifelt versuchte manch einer einem Ticketinhaber seine Karte sogar für den doppelten Preis abzukaufen – doch keine Chance! Aufgrund des großen Andrangs musste der Start für den Stierkampf auch um eine halbe Stunde etwa nach hinten verschoben werden.
Während also die Tierschützer langsam von dannen zogen, ging das Spektakel in der Arena erst los. Die drei Hauptakteure Manuel Escribano, Lea Vicens und Jesús Enrique Colombo ließen sich vom Publikum bejubeln und schnitten sich als Andenken an ihren erfolgreichen Kampf, ganz wie es die Tradition verlangt, ein Ohr der getöteten Tiere ab.