Wenige Stunden nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt Magdeburg werden erste Einzelheiten zu dem mutmaßlichen Täter bekannt. Dieser wurde unmittelbar nach der Tat noch an Ort und Stelle festgenommen.
Während in der Öffentlichkeit schnell der Verdacht aufkam, es handele sich bei dem Tatverdächtigen um einen islamistischen Terroristen, zeichnen die Behörden ein differenzierteres Bild.
Anschlag in Magdeburg: Tatverdächtiger seit 2006 in Deutschland
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Bei dem festgenommenen Verdächtigen handele es sich den Ermittlern zufolge um einen 50-jährigen Arzt, der in Bernburg an der Saale (Sachsen-Anhalt) lebe und auch arbeite. Er sei nach bisherigen Erkenntnissen ein Einzeltäter und war den Behörden nicht als Islamist bekannt, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). In das weit verbreitete Klischee des jungen radikalen Islamisten passt der Täter demnach nicht.
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„Nach jetzigem Stand ist es ein Einzeltäter, sodass auch für die Stadt nach jetzigem Ermessen keine weitere Gefahr ausgeht, weil wir ihn festnehmen konnten und jetzt alle Untersuchungen laufen“, führte Haseloff am Freitagabend weiter aus. Der Hintergrund des Vorfalls oder das Motiv des mutmaßlichen Täters sind noch unklar. Handelt es sich um einen sogenannten „Schläfer“, der jetzt aktiv wurde? War die von Kriegen, Leid und Unruhen geprägte Situation im Nahen Osten ein Auslöser? Gab es im Hintergrund eine Verschwörung? Diesen und vielen weiteren Fragen müssen die Ermittler jetzt nachgehen, dafür Handys, Computer und mögliche Chat-Verläufe untersuchen.
Recherchen: Vor Jahren vom Islam losgesagt
Landesinnenministerin Tamara Zieschang sagte, der Mann stamme aus Saudi-Arabien. Er sei 2006 erstmals nach Deutschland gekommen und habe einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Wie „tagesschau.de“ berichtet, soll der Tatverdächtige in der saudischen Exil-Community bekannt sein. Er habe Asylsuchenden, insbesondere Frauen, als Ansprechpartner zur Verfügung gestanden. Seit dem Jahr 2016 habe er den Asylstatus als politischer Flüchtling. Den Recherchen zufolge habe der Mann sich bereits in den 1990er-Jahren vom Islam losgesagt. Er sei in der Heimat mit dem Tod bedroht worden und daher nach Deutschland geflüchtet sein.
Der Täter raste laut Ministerpräsident Haseloff mit einem Leihwagen, einem schwarzen BMW, in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt Magdeburg. Das Auto fuhr im Zickzack-Kurs und mit sehr hoher Geschwindigkeit. Es ging dem Täter offenbar darum, viele Menschen zu erfassen.
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Für den Anschlag nutzte der Mann einen Zugang zum Weihnachtsmarkt Magdeburg, der nicht von Pollern oder andere Schutzmechanismen gesichert war. Warum der Weihnachtsmarkt an dieser Stelle für Fahrzeuge zugänglich war, ist noch unbekannt. Spätestens seit dem verheerenden Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin mit 13 Todesopfern vor acht Jahren ist es bundesweit üblich, solche Veranstaltungen mit Absperrungen gegen derartige Terror-Angriffe zu sichern.