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Warum Frauen um die 50 in kein Rollenbild mehr passen

Warum Frauen um die 50 in kein Rollenbild mehr passen

Maria Furtwängler bei der Premiere ihres neuen Kinofilms „Das Wetter in geschlossenen Räumen“ in Düsseldorf.
Maria Furtwängler bei der Premiere ihres neuen Kinofilms „Das Wetter in geschlossenen Räumen“ in Düsseldorf. Foto: Foto: imago/Future Image
Cindy Crawford, Anke Engelke, Maria Furtwängler: Frauen um die 50 sind erfolgreich, schön, genießen ihr Leben. Die Oma hat ausgedient.

Berlin. 

Die Autorin Gail Sheehy hat es schon vor ein paar Jahren prophezeit, dass man auf die 50-jährigen Frauen achten sollte. In Ihrem Buch „Sex und Frauen über 50: Noch einmal leidenschaftlich leben“ schrieb sie, dass sie es wären, die ihr Leben noch einmal umkrempeln, dass sie uns das Staunen lehren würden und mit alten Klischees aufräumen. Dass wir sie häufiger mit jüngeren Männern sehen, dass sie Firmen gründen und Träume verwirklichen. Das war 2007. Und ihre Prophezeiung ging auf.

Wir sahen Demi Moore mit Ashton Kutcher, Madonna mit diversen jüngeren Ausgaben des Latin-Lovers, schauten Iris Berben in ihrer Zeitlosigkeit auf der Leinwand zu. Heute haben wir das Jahr 2016 und kein Alter und Zustand verwundert zur Zeit mehr: Die 50-jährige Frau. Cindy Crawford erklärt gerade ihren Abschied vom Model-Zirkus. Eben hat sie noch mit vier anderen zeitlosen Top-Models für den Fotografen Peter Lindbergh ihre „Reunion“ gefeiert. Sie haben das legendäre Foto der 90er-Jahre nachgestellt. Crawford hat zwei Kinder und führt verschiedene Unternehmen. „Ich werde bestimmt auch noch zehn Jahre lang Fotos von mir machen lassen, aber nicht mehr als Model“, sagte sie dem Magazin „Rhapsody“, dem Bordmagazin von United Airlines. Am 20. Februar wird sie 50 – für sie sei das ein Anlass, um über das Ende ihrer Karriere nachzudenken: „Vielleicht sage ich nicht „Tschüss“, aber ich werde weitergehen.“ Und sie habe schließlich alles erreicht: „Ich habe mit all diesen unglaublichen Fotografen zusammengearbeitet. Was sollte ich denn noch machen?“ Wir werden sicherlich bald die Antwort auf diese Frage bekommen.

Maria Furtwängler wird ebenfalls 50, sie wirkt frei wie nie

Eine, die für sich die Sache schon beantwortet hat, ist die deutsche Schauspielerin Maria Furtwängler. Kürzlich verkündete sie völlig angstfrei im Magazin „Stern“, dass sie früher Marihuana angebaut habe. Furtwängler wird im September 50 und sieht auf den Fotos im „Stern“ so aufregend schön aus, dass man sich fragt, woher kommt das? Im gleichen Atemzug gesteht sie, zwar noch keine Schönheits-OP gemacht zu haben, aber auch nichts dagegen hat, wenn die Zeit komme. Ihr neuer Film „Das Wetter in geschlossenen Räumen“ wirkt wie eine Befreiung, er scheint der Film zu sein, auf den sie gewartet hat. Nicht spröde wie im Tatort gibt sie sich, sondern sexy und stylish. Wie eine, die sich nichts vormacht, aber auch auf nichts wartet.

Die 50-jährige Frau scheint heute überhaupt nicht mehr den Klischees zu gehorchen, die es vor ein paar Jahren noch über sie gab. Die Zeitschrift „myself“ listete einige davon auf und stellte eine erfolgreiche, ältere Fiftysomething dagegen. Auf der Liste standen Sachen wie 50-Jährige sind nicht sexy, Gegenbeweis Michelle Pfeiffer (57) oder 50-Jährige sind unglücklich, Gegenbeweis eine lachende Andie McDowell (57) oder „nicht mehr jugendlich“ wurde gekontert mit Mrs. Sexy überhaupt: Sharon Stone (57).

Früher hieß 50 Jahre alt so viel wie: Das ist das Ende

Der Beginn der Menopause, meist um die 50 herum, beschrieb früher den Beginn des dritten und letzten Lebensabschnitts, die Zeit als Oma. Heute, wo das Durchschnittsalter der ersten Geburt stetig nach oben geht und eine 40-jährige Erstgebärende im Krankenhaus keine Seltenheit mehr ist, fühlt sich die 50-Jährige wie gefühlte 35 oder 40. Als Madonna im vergangenen Jahr auf den Grammy Awards ihren Minirock lüftete, sich die gesammelte Fotopresse darauf stürzte und ihr knallharter Hintern noch einmal um die Welt ging, wunderte sie sich nicht. Sie verkündete nur: „So, sieht ein 56-jähriger Hintern aus!“ Sie verstehe nicht, warum gemeinhin akzeptiert werde, dass Frauen ab einem bestimmten Alter sich nur in einer Art und Weise verhalten dürften. „Aber ich halte mich nicht an die Regeln. Das habe ich nie, und ich werde damit auch nicht anfangen.“

In der Wissenschaft wird der Ausspruch: „Man ist so alt wie man sich fühlt“ zwar nicht als richtig angenommen, aber soziologisch gesehen, wird das gefühlte Alter vom Verhalten der Gesellschaft mitbestimmt. Alter wird als gesellschaftliches Konstrukt begriffen. Die französische Philosophin Simone de Beauvoir, veröffentlichte mit 62 Jahren ihr Werk „Das Alter“, sie schrieb: „(Das Alter) ist der andere in mir, der alt geworden ist, das heißt jener, der ich für die anderen bin: Und dieser andere – bin ich“. Nach ihrer Auffassung spiegelt sich das Erleben des eigenen Alters vor allem in ihrem Gegenüber. Der Gesellschaft. Um so weniger verwundert also eine Studie über 50-jährige Frauen der Klagenfurter Wissenschaftlerinnen Alexandra Grillitsch und Brigitte Jenull, vorgestellt 2015 im „Journal für Psychologie“: Danach fühlten sich die Befragten durchschnittlich elf Jahre jünger. Das ganze ist nicht nur positiv, denn umgekehrt wird die Jugendlichkeit inzwischen eingefordert und stelle die Frauen unter Druck.

Wie dem auch sei: Vielen von ihnen sieht man diesen Druck jedenfalls nicht an.