Im Internet gibt es ja fast alles, sogar die Möglichkeit, sich in rechtlichen Dingen beraten zu lassen. Doch was taugen solche Rechtsportale im Netz? Und wie findet man den passenden Fachmann? Gemeinsam mit einem Experten von Stiftung Warentest geben wir Tipps und Infos.
Berlin.
Die Antwort kam prompt und verbindlich. Wir erbaten von dem Internetportal „Frag-einen-Anwalt.de“ eine rechtliche Auskunft in einer Mietangelegenheit und boten dafür 70 Euro. Rechtsanwalt Jan Wilking aus Oldenburg reagierte in weniger als zwei Stunden – mit einer fundierten Einschätzung, die auch einschlägige Urteile samt Aktenzeichen und Internet-Links zum geschilderten Fall aufführte.
Wir waren zufrieden: Eine erste juristische Einschätzung ist schließlich das, was man von einer Online-Rechtsberatung wie „Frag-einen-Anwalt.de“ erwarten darf, sagt Michael Sittig, Rechtsexperte bei der Stiftung Warentest.
Eine Auskunft einholen
Der große Vorteil eines solchen Portals: Die Kosten sind für Verbraucher überschaubar und transparent. Denn viele Leute scheuen aus Sorge vor hohen Kosten einen Gang zum Rechtsanwalt, wenn sie zunächst nur eine allgemeine juristische Einschätzung benötigen. Bei „Frag-einen-Anwalt.de“ läuft es so: Man registriert sich, stellt eine Frage und bietet ein Honorar.
Das können 25 Euro sein, 50 Euro oder auch mehr. Je nachdem, für wie komplex man das Thema hält. Hält einer der dort registrierten Anwälte das angebotene Honorar für angemessen, kann er sich den Auftrag angeln – und muss ihn in der Regel binnen zwei Stunden bearbeiten.
Fast 400.000 Nutzer sind inzwischen bei „Frag-einen-Anwalt.de“ registriert. Die Anwälte haften dafür, dass sie keine rechtlichen Falschauskünfte geben, ihre Antwort ist verbindlich.
Verbraucher mit einer Rechtsschutzpolice sind keineswegs gezwungen, den von der Versicherung empfohlenen Anwalt zu engagieren. Stiftung Warentest weist darauf hin, dass der von der Assekuranz ausgewählte Rechtsanwalt keineswegs schlecht sein muss – aber doch in einer Geschäftsbeziehung zu der Versicherung steht, weil er mit ihr Honorare aushandelt.
Darauf müssen sich Verbraucher nicht einlassen, sie können ihren Anwalt immer frei wählen. Wegen des Honorars muss dieser dann mit der Versicherung verhandeln, eventuell fallen Mehrkosten an, die die Versicherten übernehmen müssen.
Auch Verbraucher, die erst mal kein Geld ausgeben wollen, können sich auf den Seiten des Portals umsehen. Alle – anonymisierten – Fragen und Antworten werden veröffentlicht. Nutzer können nachsehen, ob es zu ihrem Thema schon einen Fall gibt, der ihnen weiterhilft. Nach Einschätzung der Stiftung Warentest hat das aber auch noch einen anderen positiven Effekt: Der Rechtsanwalt tritt mit Klarnamen und Antwort öffentlich in Erscheinung; er wird also alles daran setzen, eine möglichst gute Antwort zu geben. Schließlich können auch Fachkollegen Einsicht nehmen, der gute Ruf steht auf dem Spiel, wenn ein Anwalt Unsinn verbreitet. Das Veröffentlichen der Antworten ist nicht selbstverständlich, das machen nicht alle Portale. Auch die Qualität der Rechtsberatung sei unterschiedlich, sagt Sittig.
In einer Untersuchung von „Finanztest“, die allerdings schon einige Jahre zurückliegt, zeigten sich gravierende Unterschiede hinsichtlich Qualität und Preis. „Frag-einen-Anwalt.de“ schnitt damals am besten ab; allerdings steht und fällt auch hier die Qualität der Rechtsberatung mit dem jeweiligen Anwalt. Einen Hinweis können die Bewertungen andere Nutzer geben, diese sind – wie bei Ärzten – jedoch mit Vorsicht zu genießen. „Man sollte wissen, was man von so einem Portal erwarten kann. Und was nicht“, sagt Sittig.
Für eine erste Rechtsauskunft können solche Dienste sehr hilfreich sein. „Sie ersetzen aber keine umfassende juristische Beratung, für die zum Beispiel die Einsicht von Unterlagen erforderlich ist“, sagt der Warentest-Rechtsexperte. Auch wir wurden von Rechtsanwalt Wilking darauf hingewiesen, dass seine Antwort sich naturgemäß allein auf unsere Schilderung des Falls beschränken kann. Und dass zu einer belastbaren juristischen Einschätzung des konkreten Falls ein Fachanwalt hinzugezogen werden muss und einschlägige Dokumente geprüft werden sollten. Daran ist nichts auszusetzen, im Gegenteil. Wir wissen nun, was zu tun ist.
Einen Anwalt finden
Wie aber findet man einen guten Fachanwalt in seiner Gegend? Das ist nicht ganz einfach. Hat man nicht zufällig eine Empfehlung eines Kollegen oder eines Bekannten bei der Hand, muss man sich selbst auf die Suche machen. „Die Anwalt-Suche über das Internet ist inzwischen weit verbreitet“, berichtet Stiftung Warentest. Aber: Eine Suchanfrage bei Google und Co. ist eher ein Schuss ins Blaue.
Eine Alternative sind Anwaltsportale, die Stiftung Warentest hat vor allem die Seite „Anwaltsauskunft.de“ überzeugt. Sie wird vom Anwaltsverein betrieben. Vorteil: Dort findet man die meisten Rechtsanwälte, weil alle dem Anwaltsverein angehörigen Rechtsberater automatisch dort verzeichnet sind. Und: Das Suchportal ist nach Einschätzung der Tester übersichtlich und benutzerfreundlich, auch wegen der eingebundenen Umkreissuche. Damit hat man freilich noch lange keine Gewissheit, einen guten Anwalt zu finden. Michael Sittig empfiehlt, sich bei der Suche Schritt für Schritt „heranzutasten“. Handelt es sich um einen Fachanwalt? Welche Eindruck vermittelt die Homepage? Wie sieht es eventuell mit Veröffentlichungen in Fachzeitschriften zum Thema aus?