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Was Sie bei Hagelschäden beachten sollten

Was Sie bei Hagelschäden beachten sollten

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Nach einem Hagelschlag in Hagen in Westfalen müssen Hunderte von beschädigten Autos in den Werkstätten bearbeitet werden. Wie hier bei der Firma Luhof werden die Autos von Spezialisten repariert. Foto:Ralf Rottmann / WAZ FotoPool Foto: Ralf Rottmann/WAZ FotoPool
Bei einem Unwetter mit heftigen Hagelschlag haben Ausbeuler gut zu tun. Damit die Schadensregulierung mit der Versicherung reibungslos abläuft, sollten Autobesitzer einige Dinge beachten.

Hagen. 

Heftige Gewitter hat jeder schon erlebt, doch was der Himmel über Hagen Ende Juni zu bieten hatte, war außergewöhnlich. Minutenlang prasselten golfballgroße Hagelkörner auf die Erde nieder und hinterließen auf rund 18.000 Autos verheerende Spuren.

Seitdem haben Hagens Werkstätten die Auftragsbücher bis ins Frühjahr 2014 hinein gefüllt und sogar externe Experten zur Schadenbeseitigung eingestellt. Für die Regulierung ist in jedem Fall die Versicherung zuständig. Damit diese reibungslos abläuft, sollten Autobesitzer nach einem Hagel-Sturm einige Dinge beachten.

Schadensmeldung

„Melden Sie sich in jedem Fall baldmöglichst telefonisch bei Ihrer Versicherung“, rät Elke Weidenbach, Referentin für Versicherungsfragen bei der Verbraucherzentrale NRW. Bei dem Telefonat sollten sich Autobesitzer die Schadensnummer geben lassen, um sicher zu gehen, dass der Fall registriert wurde. „Die Versicherung wird danach noch einmal schriftlich mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Das ist auch für den Geschädigten wichtig, damit er im Ernstfall jeden Schritt schriftlich dokumentieren kann“, erklärt Elke Weidenbach. Zudem rät Kathrin Jarosch, Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), selbst einige Fotos von den Schäden am Auto zu machen und diese der Versicherung zu schicken.

Auf jeden Fall sollten Versicherte vor der Kontaktaufnahme mit dem Versicherer einen Blick in die Police werfen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Ein Hagelschaden wird immer über die Teilkasko-Versicherung reguliert. Das ist auch bei Vollkasko-Versicherten nicht anders, da hier die Teilkasko integriert ist. Daher ist es ratsam, sich zu vergewissern, welche Selbstbeteiligung der Vertrag vorsieht. „Es gibt natürlich Vollkasko-Verträge, die eine Selbstbeteiligung von null Euro bei Hagelschäden vorsehen. Das muss aber nicht sein“, erläutert Elke Weidenbach. Der Schadenfreiheitsrabatt wird von der Regulierung eines Hagelschadens nicht betroffen.

Erster Werkstattbesuch

Um einen ersten Richtwert für die Reparaturkosten zu bekommen, sollten Autobesitzer den Wagen in einer Werkstatt vorstellen. Ein geschultes Auge kann schnell einschätzen, wie teuer die Reparatur wird. „Diese Einschätzung kann man dann der Versicherung mitteilen, so dass es schnell zu einer unkomplizierten Regulierung kommen kann“, sagt Elke Weidenbach . In vielen Fällen schicken die Versicherungen aber auch einen Gutachter, um selbst eine Taxierung des Schadens vorzunehmen.

Wer mit der Einschätzung des Gutachters nicht zufrieden ist, kommt um ein zweites Gutachten, das zunächst selbst gezahlt werden muss, nicht herum. „Weichen die Einschätzungen der beiden Gutachter stark voneinander ab, muss ein drittes Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen erstellt werden“, so Weidenbach. Danach richte sich, ob die Versicherung einen Teil des Preises für das Zweitgutachten zurückerstatten muss.

Die Reparatur

Sind die Details mit der Versicherung geklärt, geht es mit dem Wagen in die Werkstatt. Bei Großereignissen wie in Hagen kann es sich mit dem Termin hinziehen, denn die „Beulendoktoren“ arbeiten akribisch. „Für stark verbeulte Wagen kann die Reparatur schon mal zwei Tage dauern“, weiß Ulrich Beutel, Geschäftsführer der Firma Luhof in Hagen. Aus ganz Deutschland hat er Experten in seiner Werkstatt, die sich nur um die Abarbeitung der Hagelschäden kümmern. Und manchmal ist es mit dem Ausbeulen noch nicht getan. Einzelne Teile müssen dann auch noch lackiert werden.

Generell gibt es zwei Methoden, die kleinen Krater aus dem Lack zu bekommen. „Entweder man drückt die Beulen vorsichtig heraus oder man zieht sie heraus“, erklärt Beutel. Beim Drücken hat der Beulentechniker die Wahl aus mehr als 50 verschiedenen Werkzeugen, die alle unterschiedlich gebogen sind. Minutenlang drückt er dann behutsam von innen gegen die Beule, ehe er die Oberfläche danach sanft mit einem Spezialhammer glatt klopft. Vorher müssen aber noch Heckklappe und Himmel abmontiert werden. Für das Ziehen wird ein kleiner Plastikzylinder mit Heißkleber auf die Delle geklebt und danach mit einem „Zieh-Klopf-Hammer“ abgezogen. Um alle Dellen zu erkennen – das können nach einem kräftigen Hagelschauer an einem einzigen Auto mehr als 200 sein – stellt der Dellentechniker eine Niedervolt-Neonröhre auf, die alle Unebenheiten sichtbar macht. „Das braucht unglaubliche Geduld und viel Erfahrung. Dafür braucht man erstaunliches Talent“, sagt Beutel.

Die Pflichten der Versicherung

Zahlen muss die Versicherung bei Hagelschäden in jedem Fall, sagt GDV-Sprecherin Kathrin Jarosch. Voraussetzung: eine Kaskoversicherung. Der Haken dabei: „Übersteigen die geschätzten Reparaturkosten den Wert des Fahrzeuges, erhält der Versicherte in der Regel anstelle der Reparatur- die Wiederbeschaffungskosten für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug. Davon wird der Restwert des beschädigten Fahrzeuges abgezogen“, so Jarosch.