Warum der Sender viele Schlagerstars aus dem Tagesprogramm verbannt hat
Helene Fischer ist atemlos, Andrea Berg fühlt sich betrogen, und Hit-König Roland Kaiser wurde abgesetzt. Nach der jüngsten Programmreform hat der WDR fast alle deutschen Schlagerlieblinge auf den Index gesetzt. Ihre Hits werden auf Anregung von Hörfunkchefin Valerie Weber (50), die Intendant Tom Buhrow von einem Privatsender geholt hatte, nicht mehr im Tagesprogramm von WDR 4 gespielt. Die anderen Stationen des Kölner Senders hatten die meisten alten deutschen Schlagerstars schon lange abgeschaltet. Dabei feiert der deutsche Schlager gerade bei jungen Leuten derzeit sein großes Comeback.
WDR 4 – das war einmal das Paradies für schlagerliebende Hörer. Überwiegend deutsche Kost mit Peter Alexander oder Marianne Rosenberg, auch mal ein bisschen Flippers oder James Last. Nun mussten fast alle deutschen Schlagersänger beim größten deutschen Sender verstummen. Lediglich deutschsprachige Musiker wie Grönemeyer und Westernhagen tauchen bei WDR 4 noch auf, dazu eine Handvoll aktueller Interpreten wie Andreas Bourani, Adel Tawil oder Tom Bendzko, deren Zuhause eigentlich 1Live oder WDR 2 ist.
Warum hat der WDR viele Lieblinge der Masse gestoppt? Unternehmenssprecherin Ingrid Schmitz: „WDR 4 hatte bis vor einigen Jahren ein rein deutschsprachiges Musikangebot, spielte Instrumentaltitel und volkstümliche Musik – damit hatte die Welle sehr großen Erfolg.“ Ab 2005 habe sich das deutlich geändert. WDR 4 habe bis 2010 stetig Hörer verloren – „etwa ein Drittel der Hörerschaft!“ „Deutschsprachige Musik, der Schlager, mit dem wir früher punkten konnten“, habe rapide an Akzeptanz verloren, so Schmitz. Darauf habe der WDR als beitragsfinanzierter Sender reagieren müssen. „Wir wollten vermeiden, dass WDR 4 auf lange Sicht zu einem Spartensender mit begrenzter Hörerzahl wird.“ Daher habe der Sender das Musikangebot verändert. „Wir wollen die Akzeptanz von WDR 4 wieder auf das frühere hohe Niveau bringen.“ Musiktests „von seriösen Instituten“ hätten ergeben, dass internationale Musiktitel wesentlich besser abschnitten als klassische deutschsprachige Schlager.
Eine Schlagerwelle? Nicht beim WDR
Mit der Entscheidung, den Sender zur international ausgerichteten Welle zu machen, werden nun viele ältere Hörer um ihr Programm gebracht. Bevormundet der WDR seine Kundschaft? Ingrid Schmitz: „Wir haben unser Programm den Bedürfnissen angepasst.“ Der Musikgeschmack der älteren Menschen von heute unterscheide sich deutlich von dem Musikgeschmack der älteren Generation von vor ein paar Jahren. „Die heute 70-Jährigen haben Woodstock, Flower-Power, Stones- und Beatles-Hysterie mitbekommen.“ Dies spiegele sich in deren Musikgeschmack wider. Zudem habe WDR 4 doch am Abend nach 20 Uhr ein paar „Liebhabersendungen“, die deutsches Liedgut und traditionellere Klänge anböten.
Kein Heino mehr? Andere ARD-Wellen haben eine Lösung gefunden: die eigene Schlagerwelle. Ist so ein populärer Sender auch beim WDR geplant? Beispielhaft sei der Bayerische Rundfunk, der nun die Schlagerliebhaber über DAB+ glücklich macht, sagt Sprecherin Ingrid Schmitz. „Diesem Beispiel wäre der WDR allzu gerne gefolgt“, sagt Schmitz. Der Sender habe deshalb ein zusätzliches digitales Programm beantragt – und „hätte den Schlagerfans wieder ein Zuhause gegeben“. Der Antrag wurde abgelehnt. Und Helene Fischer bleibt im WDR stumm.