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Ob eine Krankheit oder die Geburt der Kinder – beides kann Auslöser dafür sein, dass es im Bett nicht klappen will. Ist ein Partner damit unzufrieden, muss er als erster das Gespräch suchen. Paartherapeut Mürmann-Golding rät, nicht die Sex-Häufigkeit zum Erfolgsmaßstab zu machen.
Seit September bin ich mit einem echt lieben Mann zusammen, es läuft eigentlich alles recht harmonisch, außer eben im Bett. Dazu muss ich sagen, er leidet seit fast zehn Jahren an MS und befindet sich zur Zeit in Scheidung. Leider haben wir seit September nur wenig bis gar keinen Sex, da bei ihm sich nichts regt.
Am Anfang hat er es auf seine Tabletten geschoben (Doxepin), seitdem holt er sich ab und zu Viagra vom Arzt (aber selbst damit funktioniert es manchmal nicht). Er hat sich schon untersuchen lassen: Es liegt weder an der MS, noch ist physisch irgendein Fehler vorhanden. Da er am Anfang noch sehr viel Kontakt zu seiner Ex hatte und sie auch einen Monat, bevor wir zusammen gekommen sind, noch miteinander geschlafen haben, stellt sich für mich die Frage, ob es eventuell daran liegt, dass er nicht auf mich kann oder seine Ex vermisst? Er hat bislang auch noch keine klare Aussage gegeben, ob er nun impotent ist oder nicht. Seit September erzählt er mir, dass wohl bald alles wieder normal funktioniert, nur sehe ich keine Fortschritte.
Auch hat er mich diesbezüglich schon ein paar Mal angelogen: Wir hatten Sex und er sagte, er habe keine Tablette dafür gebraucht, hinter her ist jedesmal rausgekommen, dass er doch eine Tablette vorher genommen hat. Ich meine, dass das ja auch nicht gesund ist, sich jedesmal Viagra reinzuhauen, oder seit kurzen noch schlimmer Kamagra. Wie soll ich mich verhalten, damit ich es nicht noch schlimmer mache als es schon ist? Ich möchte auf jeden Fall, dass er nicht weiter seine Gesundheit aufs Spiel setzt und mir mal klipp und klar sagt, woran ich bin. Denn man sagt doch immer, im Bett stirbt eine Beziehung zuerst. Wenn es danach geht, wären wir nicht einmal zusammen. Bitte daher um Hilfe. Maria W., ledig
Die Antwort von Paartherapeut Thomas Mürmann-Golding:
Dass eine Beziehung im Bett zuerst stirbt, halte ich für sehr zweifelhaft. In der gelebten Sexualität scheint sich allerdings oft die Beziehung zu spiegeln, zumal die gemeinsame Sexualität das Exklusive in den Liebesbeziehungen ist.
Zu einer Beziehung gehören zwei Menschen, die „Ja“ sagen zu einem gemeinsamen Leben. Dieses fällt leichter, wenn sie für viele Bereiche gute Lösungen finden. In ihrer Frage beschreiben Sie viele Unsicherheiten darüber, ob ihr Freund wirklich mit Ihnen zusammen sein will oder vielleicht doch lieber mit seiner Exfrau. Diese Frage könnte auch direkt an den Freund gestellt werden. Und ein „Ja“ wäre eine gute Basis, um zusammen nach Möglichkeiten zu suchen, eine Sexualität zu leben, die beiden gefällt.
Das ist um einiges leichter, wenn andere Bereiche in der Beziehung gut sind. Sexualität ist mit Sicherheit eine der intensivsten und schönsten Möglichkeiten, zusammen zu sein. Deswegen lohnt es sich schon, etwas zu riskieren und auszuprobieren.
Es gibt allerdings einige Paare, die auf Sexualität mehr oder weniger verzichten, weil sie keine guten Wege finden und so den alltäglichen Streit darüber vermeiden können. Das ist auch ein Weg, für den sich Mann und Frau entscheiden können. Meistens passiert dieses in Beziehungen, die schon länger andauern.
Ob sich jemand schon zum Anfang einer Beziehung mit einem „recht harmonischen Zusammensein“ zufrieden geben möchte, ist Ansichtssache und manchmal gibt es keine andere Möglichkeit, wenn man unbedingt mit einem bestimmtem Menschen zusammen sein möchte.
Sehr geehrte Damen und Herren, bevor unsere Zwillinge geboren wurden (Juli 2004) hatte ich mit meiner Ehefrau (32 Jahre) regelmäßig, zwei Mal in der Woche, sehr schönen Sex. Nach der normalen Geburt änderte sich dieses schlagartig. Sex, längst nicht mehr vergleichbar mit vorher, gibt es seitdem nur drei Mal im Monat . Auch lässt sie sich an den intimen Stellen nicht mehr anfassen. Gespräche und Therapien lehnt sie strikt ab. Wie bekomme ich da „die Kuh vom Eis“? Horst Z.
Die Antwort von Paartherapeut Thomas Mürmann-Golding:
Eine Kuh ist umso leichter vom Eis zu bekommen, je tragfähiger die Fläche ist. Ansonsten sind Mut und Einfallsreichtum gefragt. Grundlage sind aber immer vertrauensbildende Maßnahmen. Paare, die uns in der Paarberatung aufsuchen, berichten immer wieder, dass der Anfang ihrer Schwierigkeiten mit der Geburt von Kindern zusammentreffen. Ein häufiges Problem ist dann auch, Sexualität schön weiterzuleben.
Die Schwangerschaft und die Geburt verändern eine Frau und manchmal auch die Männer nicht nur körperlich in hohem Maße. Damit ist erst einmal ein neuer Umgang zu finden. Zusätzlich gibt es Kinder, die sich energisch um ihre Bedürfnisbefriedigung bemühen. Damit bleibt automatisch weniger Zeit und Energie für die Paarbeziehung.
Wenn sich, wie in ihrem Beispiel über einen Zeitraum von sechs Jahren dann ein Umgang einschleift, der eher Sexualität vermeidet, ist eine Lösung nur gemeinsam zu erreichen. Startpunkt muss immer die jetzige Situation sein. Es macht keinen Sinn, die Vergangenheit wieder beleben zu wollen. Die Frequenz ist auch nicht unbedingt der beste Maßstab für eine beglückende Sexualität, und es ist leichter Wege zu finden, wenn keine überfordernden Vorstellungen die Lust auf Veränderung gleich im Keim ersticken.
Gute Angebote zu formulieren, die ihrer Frau wieder mehr Appetit auf Sexualität machen, ist wahrscheinlich eher etwas, das Bewegung in ihre Beziehung bringen könnte.
Wenn Sie auch eine Frage an unsere Paartherapeuten haben, schreiben Sie eine Mail an partnerschaft@derwesten.de