Ein Zebrastreifen, den Eltern aufmalen. Ein Streifenwagen, der keiner ist. Eine Blitzer-Atrappe, die im Vorgarten steht. Wie weit dürfen Bürger gehen?
Essen.
„Das kann so nicht weitergehen“, dachte sich wohl der besorgte Vater eines Grundschülers, als er zum Pinsel griff, um einen Zebrastreifen vor dessen Schule zu malen. Der neue Fußgängerüberweg sollte in Zukunft die Kinder sicher auf die andere Straßenseite bringen. Das war in der Vergangenheit nämlich nicht ohne Weiteres möglich. Denn: Der Haupteingang einer Iserlohner Grundschule musste verlegt werden und vor dem neuen Haupteingang gab es keinen Zebrastreifen mehr.
Kinder nutzten alten Zebrastreifen nicht mehr
Viele Kinder nutzten den vorhandenen Zebrastreifen nicht mehr, weil sie den kürzesten Weg nehmen wollten. Diesem Risiko wollte der Vater die Kinder nicht weiter aussetzen und nahm die Sache selber in die Hand. Zwar konnte die Stadt dem fürsorglichen Bürger seine Malaktion nicht durchgehen lassen und entfernte den Überweg. Trotzdem: Seine Initiative bewirkte etwas. Die Schule verlegte den Haupteingang zurück, sodass die Schüler seitdem den Zebrastreifen wie gewohnt nutzen können.
Eine ähnliche Idee hatten auch einige Bürger in Recklinghausen. In einem von verschiedenen Fällen baute ein Anwohner ein Männchen aus Kunststoff in einer 30er-Zone auf. Mit einem Tempo-30-Schild in der Hand und einem daneben stehenden Bobbycar und Tretroller sollte es Autofahrer an Kinder im Straßenverkehr erinnern.
Anwohner beschwerten sich über Kunststoff-Figur
Als sich jedoch andere Anwohner beschwerten, forderte das Ordnungsamt den Mann auf, die Figur zu entfernen. Die Ähnlichkeit mit einem echten Verkehrsschild war zu groß. „Schilder nachzubauen, die wie echte wirken, ist nicht zulässig, da sie Autofahrer täuschen können“, erklärt Lars Kriebel, Anwalt für Verkehrsrecht in Duisburg. „Nicht jeder kann den Dorfsheriff spielen“, ergänzt ein Essener Verkehrsrechtler. Hingegen sei es in Ordnung auf dem eigenen Grundstück – also nicht im öffentlichen Verkehrsraum – Hinweistafeln aufzustellen, die beispielsweise mit der Aufschrift „Achtung, spielende Kinder“ versehen sind.
Trotzdem animierte der Vorfall in Recklinghausen die Stadt. Sie installierte Radarfallen, um zu testen, wie viele Autos tatsächlich zu schnell fuhren. Und tatsächlich: Die Messung bestätigte die Angst der Bürger: Viele Autos fuhren zu schnell. Weitere Schilder, ein Piktogramm auf dem Asphalt und ein Dialog-Display fordern nun Autofahrer auf, sich an das Geschwindigkeitslimit zu halten.
Bestrafung für das Aufstellen illegaler Verkehrsschilder
Eine Strafe musste der Recklinghausener nicht zahlen. Doch es hätte auch anders ausgehen können: Wer beim Aufstellen illegaler Straßenschilder oder anderer Objekte erwischt wird, muss mit einem Bußgeld zwischen 50 und 500 Euro rechnen. Würde ein Autofahrer abbremsen und ein Unfall geschehen, müsste laut dem Essener Juristen im Einzelfall die Schuldfrage geklärt werden.
Ein anderer Vorfall in Essen zeigt jedoch, dass die Behörden auch vieles durchgehen lassen. So parkte ein Duisburger mit seinem „falschen“ Polizeiauto an der Gladbecker Straße und täuschte die Autofahrer, die vom Gas gingen. Die Überprüfungen der Polizei ergaben, dass eine Zulassungsbehörde in Duisburg alle Umbauten an dem Fahrzeug genehmigt hatte. Nur Aufkleber mit der Aufschrift „Polizei“ und das Fahren mit Blaulicht sei verboten.
An selbstgebaute Schilder muss sich niemand halten
Auch wenn solche Aktionen zur Vorsicht im Straßenverkehr mahnen – daran halten muss sich keiner. Verschiedene Verwaltungsgerichte urteilten übereinstimmend: „Ein Verkehrszeichen ist unwirksam, wenn seiner Aufstellung durch einen Privaten keine verkehrsrechtliche Anordnung durch die Straßenverkehrsbehörde zugrunde liegt.“ Ignoriert werden können ebenfalls die Absperrungen an Parkbuchten, wenn sie von Privatleuten etwa wegen eines bevorstehenden Umzuges aufgestellt sind. Ohne amtliche Genehmigung sind sie nicht gültig.
In Mülheim gab es in der Vergangenheit einen Vorfall, bei dem ein Anwohner an der Dohnestraße einen selbstgebauten Blitzer aufgestellt hatte. Den ließ die Stadt sofort abmontieren, denn durch unvermitteltes Bremsen eines Fahrers hättte es zu einem Unfall kommen können. Auch in der Stadt Wetter baute ein Anwohner einen solchen Starenkasten auf sein Grundstück – die Stadt ließ ihn ebenfalls sofort abmontieren.
Selbstgezimmerte Warnpuppen genehmigte das Ordnungsamt
Es gibt aber auch auch positive Beispiele von selbstgebauten Objekten, die von Anwohnern akzeptiert werden und die Verkehrslage verbessern. So zum Beispiel im Gladbecker Stadtteil Ellinghorst. Dort stellte der Verein Luftschacht Lebenswerter Wohnen e.V. vor zwei Jahren vier selbstgezimmerte, kindergroße, lustig-bunte Holzfiguren vor einer Grundschule auf.
Die in Bobby-Cars einzementierten Warnpuppen sind auf der Brust mit dem Hinweis: „Hier spielen wir.“ „Unser Schulweg!“ versehen und warnen vor dem Befahren des Gehwegs. Denn dieser ist abgesenkt und wurde von Autofahrern häufig als Ausweichstrecke verwendet. Das Ordnungsamt genehmigte die Aktion, und die Figuren zeigten Wirkung. „Die Puppen schrecken ab und viele Autofahrer gehen auf die Bremse. Der Schulweg ist nun viel sicherer“, versichert Horst Helmich, Mitglied des Vereins.