Hilfe unter Freunden und Nachbarn ist für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Kleine Gefälligkeiten gehören zum Alltag. Weniger Gedanken macht man sich dabei in der Regel um Haftungsfragen. Wer zahlt, wenn etwa beim Blumengießen der teure Teppich unter Wasser gesetzt wird?
Berlin.
Hilfe unter Freunden und Nachbarn ist für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Die Blumen gießen, das Haus hüten oder Hilfe beim Umzug – was ist schon dabei, kleine Gefälligkeiten gehören zum Alltag. Weniger Gedanken macht man sich dabei in der Regel um Haftungsfragen. Wer zahlt, wenn etwa beim Blumengießen der teure Teppich unter Wasser gesetzt wird? Oder beim Umzug die Waschmaschine die Treppen hinunterpurzelt? Alles schon passiert – und immer wieder enden solche Vorfälle im Streit und landen schließlich vor Gericht. Wer also muss zahlen, wenn mal ein kleines oder größeres Unglück passiert?
Grundsätzlich gilt: Wer anderen einen Schaden zufügt, ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) zu Schadensersatz verpflichtet. Bei der Nachbarschaftshilfe und anderen Gefälligkeitsdiensten unter Freunden, Verwandten oder Kollegen hat sich dieser Rechtsgrundsatz jedoch gleichsam ins Gegenteil gedreht. Denn die Gerichte unterstellen bei Freundschaftsdiensten in der Regel einen so genannten „stillschweigenden Haftungsausschluss“. Die Richter gehen meist einfach davon aus, dass derjenige, dem geholfen wurde, automatisch auf etwaige Schadensersatzansprüche verzichtet. Das muss nicht einmal schriftlich fixiert oder tatsächlich besprochen worden sein. Man tut einfach so, als wäre es so gewesen.
Geschädigter hat bei normaler Fahrlässigkeit keinen Anspruch
Die Rechtsfigur ist vernünftig; ohne diesen Trick wäre es um die Gefälligkeitshilfe wohl allzu oft geschehen. Entscheidend dabei: Der Haftungsausschluss greift nur bei leichter oder mittlerer, also bei „normaler“ Fahrlässigkeit. Dabei ist es natürlich Auslegungssache, wo die Trennlinie zur groben Fahrlässigkeit verläuft. Leicht fahrlässig handelte nach Ansicht des OLG Koblenz etwa eine Mutter, die nach dem Putzen der Wohnung ihrer Tochter vergaß, den Wasserhahn zuzudrehen. Als grob fahrlässig hingegen klassifizierten Richter in Dortmund einen Umzugshelfer, der einen sehr schweren Fernsehapparat alleine vier Stockwerke hochwuchten wollte. Die Unterscheidung ist wichtig. Sie entscheidet darüber, wer zahlt.
Durch den „stillschweigenden Haftungsausschluss“ hat der Geschädigte bei normaler Fahrlässigkeit keinen Anspruch. Er geht leer aus, der Helfer muss nicht zahlen. Anders sieht die Sache bei grober Fahrlässigkeit (und natürlich bei Vorsatz) aus. Dann haftet der Helfer. Hat er keine Haftpflichtversicherung, setzt er sich also auch mit nett gemeinten Freundschaftsdiensten womöglich einem hohen finanziellen Risiko aus. Die meisten Leute haben indes eine Haftpflichtpolice, die in solchen Fällen einspringen muss.
Neuere Verträge bieten Versicherungsschutz für Schäden bis zu 10.000 Euro
In der Praxis sieht die Sache freilich meist anderes aus. Missgeschicke beruhen in der Regel auf einfacher Fahrlässigkeit, auf Schusseligkeit. Damit ist zwar der Helfer bei einem Unglück raus aus der Haftung – seine Haftpflichtversicherung aber auch. Der Geschädigte hat dann ein Problem – er bleibt auf seinem Schaden sitzen. Peinlich oder unangenehm kann das zugleich für den Helfer sein, die Situation ist jedenfalls misslich. Er kann sich stur stellen, er kann den Schaden aus eigener Tasche begleichen oder man einigt sich auf einen Kompromiss. Einfacher wäre es natürlich, man hätte eine Haftpflichtversicherung, die den Schaden ungeachtet der Rechtslage trotzdem reguliert.
Die Stiftung Warentest empfiehlt deshalb Tarife, die auf eine Einrede bei Gefälligkeitsdiensten verzichten. Der Vorteil: Falls mal etwas in die Brüche geht, lässt sich der Streit oder zumindest eine peinliche Situation unter Freunden und Verwandten vermeiden. Früher haben die meisten Versicherungen Gefälligkeitsschäden ausgeschlossen. Das ist heute anders. Viele neuere Verträge bieten Versicherungsschutz für Schäden in Höhe von bis zu 5000 oder sogar teils 10.000 Euro. Das sollte unter normalen Umständen reichen. Solche Verträge müssen auch nicht teurer sein, berichtet die Stiftung Warentest. Es empfiehlt sich also, vor dem nächsten Freundschaftsdienst mal einen Blick in die Versicherungsbedingungen zu werfen – und gegebenenfalls über eine neue Haftpflicht nachzudenken. . .