Das ZDF startet am Donnerstag mit seinem Vierteiler „Wilde Wellen“. Autorin Inga Lindström lieferte dünne Geschichten. Neben ehemaligen Soap-Stars spielen auch Hanns Zischler und Katja Weizenböck.
Mainz.
Der Titel klingt wie feine Ironie. Der „Sturmhöhe“ von Schmonzetten-Queen Emily Bronte setzt das ZDF den Vierteiler „Wilde Wellen“ vom 25. August an donnerstags um 20.15 Uhr entgegen. Weht durch das staubige Romantik-Genre eine frische Brise?
Mehrteiler gelten als Event-Filme in XXL. Mit dem Beginn der Farb-Ära beglückte das Fernsehen das Publikum in der zuschauerträchtigen Weihnachtszeit mit Vierteilern, allen voran das ZDF.
Jetzt wagt der Sender einen neuen Versuch mit einer bekannten Autorin. Inga Lindström griff unter ihrem bürgerlichen Namen Christiane Sadlo in die Tasten. Deshalb stimmt sie ihre mollgetönte Schicksalsmelodie nicht in Schwedens kunterbunter Ikea-Welt an, sondern in den bretonischen Klippen. Regisseur Ulli Baumann und Kameramann Fritz Seemann fingen die herbe Schönheit der französischen Hinkelstein-Region in Hochglanz-Bildern ein – beste Werbung für die Atlantikküste.
Konstruierte Geschichte
Leider steht den satten Bildern eine Geschichte entgegen, die mit einem humorfreien Mix aus Krimi und Melodram Feinkost verspricht, aber bestenfalls Tütensuppe bietet: Sie ist so konstruiert wie vorhersehbar, immerhin werden alle Probleme am Ende so sauber gelöst wie eine Gleichung mit Unbekannten.
Um ein jüngeres Publikum bei Laune zu halten, beginnt der Vierteiler mit einer Schießerei in Paris. Die junge Polizistin Marie (Henriette Richter-Röhl) wird traumatisiert. Sie tötet einen Menschen, wird selbst verletzt und verliert ihr Gedächtnis. Drama pur. Am Unfallort leistet der junge Archäologie-Professor Paul (Johannes Zirner) erste Hilfe. Später, in der Bretagne, treffen sie sich wieder. Sie nutzt den Aufenthalt zur Reha, er will seine leibliche Mutter (Angela Roy) kennenlernen. Das junge Paar verliebt sich, natürlich.
Zugleich wird es unfreiwillig in einen Strudel dunkler Gefühle gezogen, in dessen Mittelpunkt die Oberklassen-Familie Menec steht – Geld, Gier und ein finsteres Geheimnis, die üblichen Zutaten romantischer Dramen. Den Patron (routiniert: Hanns Zischler) drückt alte Schuld, seine böse Gattin (im Finale spitze: Katja Weitzenböck) ergänzt ihn unheilvoll. Sie will besitzen, auch ihren Sohn (Daniel Rösner), der sich vergeblich auf dem Surfbrett in die Wellen und am Strand ins Drogendämmern flüchtet. Diese Konstellation nimmt nach dem ehernen Gesetz des Genres ein böses Ende.
Handwerkliche Fehler
Schlimm dagegen sind allzu viele Szenen und Dialoge, die so weh tun, wie die Schusswunden am Anfang. So will Monsieur Menec sich schließlich der Polizei stellen. Doch seine Gattin bittet ihn, im Interesse der Familie, darauf zu verzichten. Nur ein Atemzug später kippt die Szene, als Madame Monsieur zur Zielscheibe von Wut und Waffe macht, weil auch ihr eigener Vater zu seinen Opfern zählt. Dieser Dreh ist so glaubwürdig wie das Versprechen wundersamer Geldvermehrung.
Obendrein strotzt der Film von handwerklichen Fehlern – etwa als der Archäologe von den Klippen zu stürzen droht und ihn Monsieur Menec völlig überraschend rettet, natürlich mit einem einzigen Griff.
Schlimm auch, dass sich eine deutsche Soap-Truppe wieder einmal als Ausländer verkleiden muss. Selten wirkten Gallier so teutonisch.
Deshalb sind aufmerksame Zuschauer nach 360 Minuten gebügelt. Wer aber den Vierteiler als Fototapete mit bewegten Bildern begreift, kann dabei entspannt bügeln.