Erst TV, dann DVD: Das ist üblich. Bei der ARD-Serie „Weissensee“ ist es anders herum. Produzentin Regina Ziegler wehrt sich gegen medienpolitische Kritik – und kündigt eine deutsche Version von „Homeland“ an.
Berlin.
Die zweite Staffel der ARD-Kultserie „Weissensee“ wird – ungewöhnlich – zuerst als DVD vermarktet. Vom 15. März an ist sie auf Silberscheibe zu haben. Im Fernsehen läuft sie erst im September. Das rief den sächsischen Medienpolitiker und Chef der Staatskanzlei, Johannes Beermann (CDU), auf den Plan. ARD-Produktionen sollten zuerst den ARD-Zuschauern gezeigt werden, polterte er. TV-Produzentin Regina Ziegler, die zuletzt am Dienstag mit der „Holzbaronin“ einen großen Quoten-Erfolg feierte, wehrt sich.
Der Medienpolitiker Johannes Beermann hat eine Vorabvermarktung der ARD-Serie „Weissensee“ als DVD kritisiert. Er meint: Fernsehen zuerst. Was sagen Sie dazu?
Regina Ziegler: Medienpolitiker wie er müssten wissen, dass es verschiedene Formen der Zusammenarbeit mit den Sendern gibt. Wenn die ARD etwas zu 100 Prozent bezahlt, dann kann sie damit machen, was sie will. Aber wenn sich Produzenten am Budget beteiligen, müssen sie die Möglichkeit haben, ihr Geld zurückzuverdienen. Das ist hier der Fall. Ich verstehe daher die ganze Aufregung nicht.
DVD-Vorlauf wirkte in Österreich wie ein Trailer für die Fernsehausstrahlung
Verändert hat sich nur das Verfahren: Diesmal kommt die DVD zuerst, und dann folgt die TV-Ausstrahlung; normalerweise ist es ja umgekehrt.
Ziegler: Auch in Holland oder beim österreichischen ORF kommt es immer wieder vor, dieses umgekehrte Verfahren. Für den ORF hat der Vorlauf der DVD wie ein riesiger Trailer gewirkt. Die spätere Fernsehquote war super.
Nun hatte ich damit gerechnet, dass die zweite Staffel von „Weissensee“ bereits im vorigen Herbst gezeigt worden wäre. Tatsächlich wird sie erst im September gezeigt.
Ziegler: Da zeigt sich das Problem der Sendeplätze. Zum Glück bin ich für die Planung in der ARD nicht verantwortlich, sondern nur für Ziegler Film. Und da muss ich darauf achten, dass ich meine Investition zurückverdiene. Und das wird umso schwerer, je später die TV-Ausstrahlung stattfindet. Denn ich zahle für mein Geld Zinsen. Je länger je mehr.
Per DVD ein junges Publikum für TV-Inhalte interessieren
Schadet die Vorabveröffentlichung der DVD der Quote?
Ziegler: Wie schon gesagt: es gibt Gegenbeispiele. Und bedenken Sie: Die Sehgewohnheiten vieler Menschen haben sich zuletzt erheblich verändert. Das merke ich auch an mir selbst. Ich habe mir die erste Staffel der Serie „Homeland“ gekauft und sie am Stück gesehen. Das machen mittlerweile viele so. Aber ich schaue mir „Homeland“, obwohl ich es kenne, nun auch noch aktuell bei Sat 1 an.
Die DVD schafft zudem eine Möglichkeit, vor allem auch junge Menschen zu erreichen, die sich vom Fernsehen abgewandt haben, und ihnen zu zeigen: Hallo Freunde! Fernsehen ist besser als sein Ruf! Und dann gibt es die Masse der Zuschauer, die kaufen keine DVD, die warten auf die Sendung. Diese Segmentierung des Publikums muss man in Betracht ziehen, wenn man sich so einen Fall wie den meinen ansieht. Das gilt speziell für Medienpolitiker, bevor sie ihr kraftvolles Urteil abgeben.
Wie ist die Resonanz auf „Weissensee“?
Ziegler: Es ist unglaublich, welchen Zuspruch ich da eingesammelt habe. Offenbar stößt auf großes Interesse, dass diese Serie in der DDR spielt. Die erste Staffel 1980 und die Zweite 1987. Die dritte Staffel, die wir derzeit vorbereiten, geht dann allerdings ins Jahr 1990. Da ist die DDR passe. Mein Eindruck ist: Eine Familienserie mit einem hochpolitischen Hintergrund, der in alles „hineinregiert“, stößt offenbar in eine Programmlücke. Und wenn dann die Bücher von Anette Hess stammen, dann können wir der ARD wirklich eine Serie vom Feinsten anbieten. Jetzt brauchen wir nur noch das Budget dafür und einen guten Sendeplatz
Deutsche Version von „Homeland“ würden Zuschauer „massenhaft honorieren“
Noch mal zur Quoten-Frage: Werden die DVD-Verkäufe der Fernsehausstrahlung nützen oder schaden?
Ziegler: Genaues werden wir im Herbst wissen. Aber ich glaube nicht, dass der Verkauf der DVD im März der Ausstrahlung im Fernsehen im Herbst etwas nimmt. Und man muss noch etwas bedenken: Normalerweise haben Serien und Miniserien einen bestimmten Ausstrahlungsrhythmus.
Die erste Staffel startete im Herbst 2011, und eigentlich hätte die zweite Staffel schon im vorigen Herbst, 2012 laufen müssen. Das ging nicht. Es ist ein Zeitloch entstanden. Und da denke ich, dass dieses Loch durch die Aufmerksamkeit für die DVD ein bisschen zugeschüttet wird. Die Serie bleibt sozusagen im Gespräch.
Sie haben „Homeland“ erwähnt, eine US-Serie mit einem Thema von größter Bedeutung für die amerikanische Gesellschaft, was aber ohne weiteres auf Deutschland übertragbar wäre. Ein Thema für Sie?
Ziegler: Auch wenn das ein bisschen vorlaut klingen mag, sage ich: Jederzeit. Man muss sich das nur trauen. Und für gute Bücher sorgen. Aber dann brauchte ich auch ein Budget wie das in den USA üblich ist. Zwei Millionen etwa pro Folge. Ich würde mir natürlich die DVD-Rechte sichern und dafür bezahlen. Und die ARD würde ganz sicher die passenden Sendeplätze finden. Und die Käufer und Zuschauer würden das massenhaft honorieren. Da bin ich ganz sicher.