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Wolfgang Rademann brachte die heile Welt in die Fernsehstube

Wolfgang Rademann brachte die heile Welt in die Fernsehstube

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14908200FAB4D4FD.jpg Foto: dpa
Mit seinen TV-Serien und Shows wurde eine ganze Generation Fernsehzuschauer groß. Was die Kritiker sagten, war Wolfgang Rademann egal.

Berlin. 

Am 12. November hielten die Ehrengäste der „Bambi“-Gala in Berlin und gut 3,5 Millionen TV-Zuschauer den Atem an. Wolfgang Rademanns Lebensgefährtin, die Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek, nahm anstelle des Erfolgsproduzenten die Trophäe fürs Lebenswerk entgegen. „Seien sie nicht enttäuscht, dass dieser geliebte Mensch heute nicht hier sein kann“, sagte die 84-Jährige über ihren Freund. Er war damals bereits schwer erkrankt. Am Sonntag starb Rademann 81-jährig in Berlin.

Kurz darauf sagte der TV-Produzent in einem Telefonat mit der „Bild“-Zeitung, er habe die „Bambi“-Verleihung im Fernsehen gesehen und sei ganz stolz gewesen, „wie meine Kollegen über mich gesprochen haben“. Er äußerte noch die Hoffnung, möglichst rasch wieder zu Kräften zu kommen. „Es geht mir jeden Tag besser. Ich kann zwar immer noch nicht laufen und bewege mich derzeit im Rollstuhl. Aber ich bin mir sicher, in ein paar Wochen bin ich wieder fit und es spricht kein Mensch mehr davon.“

Sascha Hehn: „Gute Reise, Wolfgang“

Rademann steht für ein wichtiges Stück deutscher Fernsehgeschichte. Mit dem Dauerbrenner „Das Traumschiff“ und der Krankenhausserie „Die Schwarzwaldklinik“ transportierte der Produzent das Bedürfnis vieler Millionen Menschen nach heiler Welt ins Fernsehen der 80er-Jahre. Einschaltquoten von zum Teil mehr als 20 Millionen Zuschauern lieferten den Beweis, dass Rademann mit dem seinem Gespür für den Geschmack des Publikums goldrichtig lag.

„Gute Reise, Wolfgang“, sagte er am Montag Sascha Hehn, der sowohl beim „Traumschiff“ als auch in der „Schwarzwaldklinik“ als Schauspieler mit dabei war. „Das Rolls-Royce-Abzeichen der Deutschen TV-Branche existiert nicht mehr.“

Der Drang in die Ferne verband die beiden Deutschlands

Dabei war nicht alles, wo Rademann drauf stand, auch wirklich seine Idee. Augenzwinkernd erzählte der Berliner, der sich 1958 vom Ostteil der Stadt in den Westen absetzte und dort als Lokalreporter arbeitete, immer wieder gerne, dass die Vorlage für sein „Traumschiff“ (ab 1981 auf Sendung) die DDR-Serie „Zur See“ war. Der Drang zum Eskapismus, nach weiter Ferne und den Problemen des realen Lebens entfleuchend, verband beide Teile Deutschlands.

Doch Rademann erfand nicht nur die beiden berühmten ZDF-Produktionen. Bereits in den 60er-Jahren trieb er unermüdlich als Promoter die Karriere der Sängerin Caterina Valente voran. Später wurde er Pressechef der Künstler Pierre Brice und Peter Alexander. Der pfiffige Produzent und Ideengeber entwickelte die TV-Specials, unter anderem mit Anneliese Rothenberger und Lilli Palmer. Harald Juhnke und Grit Boettcher verhalf er mit der Sketch-Reihe „Ein verrücktes Paar“ zu Fernsehruhm.

„Ich werde nicht von den Kritikern bezahlt“

Dass seine Erfindungen massentauglich, in den Augen der Kritiker damit aber manchmal zu trivial erschienen, störte den Nichtraucher und passionierten Knoblauch-Konsumenten nicht. „Ich werde nicht von Kritikern bezahlt, sondern von den Zuschauern“, sagte Rademann vor gut zehn Jahren in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Rademann weiter: „,Die Schwarzwaldklinik’ wurde als ,Romanze in Mull’ vom ,Spiegel’ verrissen und ist heute eine Legende. ,Das Traumschiff’ existiert seit 24 Jahren in fünfzig Folgen. So alt werden die Kritiker in ihrem Job nicht.“

Zunehmend haderte Rademann jedoch gerade beim „Traumschiff“ damit, dass ihm die großen Ziele fehlten. „Mir geht die Welt aus. Das ist schon ein Riesenproblem, eigentlich mein größtes“, sagte er vor zwei Jahren: „Ich habe nicht mehr viel auf Lager.“

Das Publikum wollte seine Klassiker sehen

Er wollte auch seinen Stil verändern. Mit der ZDF-Reihe „Engel der Gerechtigkeit“ versuchte der Produzent, zeitkritischere Themen anzupacken. Katja Weitzenböck spielte in den Filmen eine Frau, Ärztin und Anwältin zugleich, die Opfern von Ärztepfusch hilft – reale Fälle lieferten die Grundlage. Doch die ganz große Resonanz blieb aus. Das Publikum gab den Rademann-Klassikern den Vorzug.

Dass er bis fast zuletzt beruflich aktiv war, erklärte er der Münchner Tageszeitung „tz“ 2014 so: „Ich tanze immer noch auf so vielen Hochzeiten – das hält mich frisch. Vor Kurzem war ich erst für zwei Tage in Macao und danach drei Tage in Montenegro auf der Suche nach neuen Drehorten. Komischerweise geht’s mir heute besser als früher, weil ich keinen Jetlag mehr habe. Mein Körper hat vor ein paar Jahren aufgegeben, mir Schwierigkeiten zu machen, weil er sagt, der Idiot kümmert sich sowieso nicht drum.“

Über die mögliche Fortsetzung seines Lebenswerks machte sich Rademann dagegen schon vor gut zehn Jahren keine Illusionen. Auf die „FAZ“-Frage, wen er denn so als möglichen Nachfolger für sich sehe, antwortete er: „Ist ja unmöglich. Ich bin ein Einmannbetrieb. Wenn ich nicht mehr da bin, ist der Fall erledigt.“ (dpa)