Kann man Rechtspopulisten wie AfD-Chef Tino Chrupalla im Fernsehen entlarven? In der Sendung „Hart aber fair 360“ stellt sich Chrupalla kritischen Wählerinnen und Wählern vor der Bundestagswahl. Im neuen Diskussionsformat von Louis Klamroth zeigt sich schnell, dass man damit an seine Grenzen stoßen kann. Weil der Politiker einfach abblockt oder seine Positionen binnen Sekunden wie ein Chamäleon verändert, wie es ihm gerade passt. Das wird besonders bei einem Streitgespräch mit einem ARD-Gast deutlich.
Es geht um die Frage, ob Hitler ein Linker war. Diese absurde Diskussion machte Kanzlerkandidatin Alice Weidel kürzlich auf. Der bekannte YouTube-Videocreator Tim Jacken (TJ) steigt gegen Chrupalla sozusagen in den Ring. Er will ihn in der TV-Show damit konfrontieren.
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Binnen Sekunden ändert Chrupalla einfach seine Meinung – sein Gegenüber wirkt hilflos
„War Hitler für Sie ein Linker?“, fragt Jacken direkt, als er sich zu Chrupalla an den Diskussionstisch setzt. „Nein, war er nicht“, antwortet Chrupalla. Darauf ist der YouTuber offenbar nicht vorbereitet und er muss sich kurz sammeln. „Okay. Warum wird das dann von ihrer Partei gerade so viel behauptet?“ Chrupalla spielt den Ahnungslosen: „Von welcher Partei? Ich behaupte es nicht.“
Die Antwort ist offensichtlich: Alice Weidel sagte genau das im Gespräch mit Elon Musk. Diese Frau ist die Kanzlerkandidatin und Co-Chefin der AfD. Plötzlich argumentiert Chrupalla anders: „Es gibt unterschiedliche Interpretationen. Kann doch jeder für sich das so interpretieren.“ Dann folgt die Standardtaktik von Chrupalla, wenn er auf umstrittene oder extreme Zitate von Leuten aus seiner Partei angesprochen wird: „Da müssen Sie Frau Weidel fragen.“ Der Sachse gibt den bürgerlichen Vorsitzenden, als hätte er in diesem höchsten Parteiamt nichts am Hut mit Aussagen oder Positionen von anderen Funktionärsträgern in der AfD.
Der 28-jährige AfD-Kritiker bleibt dran. Es sei doch interessant, dass man Geschichte einfach neu interpretieren könne. Auf einmal hört sich Chrupalla dann doch an wie Weidel. Das AfD-Chamäleon ändert schon wieder seine Argumentation: „Ich meine, er war ein Nationalsozialist. Ein Sozialist ist für mich definitiv ein Linker.“ Noch wenige Sekunden zuvor hatte der AfD-Chef gesagt, er halte Hitler nicht für einen Linken, nun offenbar doch.
Diskussion mit AfD-Chef sinnlos: Er blockt einfach ab
Der YouTube-Star versucht Chrupalla den logischen Widerspruch mit einem Vergleich zu verdeutlichen: „Also ist die Demokratische Volksrepublik Korea für Sie auch eine Demokratie?“ Nordkorea bezeichne sich als demokratisch, ebenso wie die Nationalsozialisten sich Sozialisten nannten – es seien zwei Irreführungen im Namen, so die Argumentation von Jacke. Doch Chrupalla lässt sein Gegenüber erneut auflaufen, indem er sich auf diesen Vergleich gar nicht erst einlässt. „Ich weiß gar nicht, worauf Sie hinauswollen“, gibt Chrupalla erneut den Ahnungslosen. Doch sein leichtes Lächeln dabei verrät, dass er seine Rolle genießt.
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Die YouTube-Berühmtheit resigniert schon etwas. Von der AfD werde Geschichte einfach neu interpretiert, klagt er den Parteichef erneut an. „Aha, wo denn?“, blockt Chrupalla wieder kühl ab. Dann behauptet der Mann aus dem Bundestag, es sei „in der Geschichtswissenschaft unumstößlich und unumstritten“, dass Hitler ein Sozialist war. Eine falsche Behauptung! Genau an dieser Stelle aber scheitert das neue Format von Louis Klamroth, denn Chrupalla gehört die Bühne und er wirkt nun wie der Sieger dieser Runde.
Hämisch bemerkt Chrupalla im Schlussgespräch mit Moderator Klamroth noch: „Die Sendung hätte ein bisschen kontroverser sein können.“ Er fühle sich ganz wohl.