Berlin.
Es ist ein einfacher Satz. Kompromisslos in seiner Kürze und unmissverständlich: „Die Todesstrafe ist abgeschafft.“ So steht es in Artikel 102 des Grundgesetzes.
Es ist einer jener Sätze, an denen nicht gerüttelt wird, die als gegeben gelten. So wie „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Oder „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“.
AfD-Mann Thomas Seitz ist nicht mit dem Grundgesetz einverstanden
Der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Staatsanwalt Thomas Seitz (AfD) sieht das anders. Er ist mit dem deutschen Grundgesetz nicht einverstanden, wie er jetzt via Twitter bekundete. Da teilte der AfD-Mann einen Artikel von „Die Welt“, in dem es um den abgeschobenen Kameruner Alassa M. geht, der nun wieder in Deutschland ist.
Alassa M. hatte im Mai 2018 in der Erstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen eine Demonstration gegen Polizisten mitorganisiert. Zusammen mit anderen Asylbewerbern wollte M. die Abschiebung eines Mannes aus Togo verhindern. Nach erheblichen Drohungen seitens der Bewohner hatte sich die Polizei zeitweise sogar zurückziehen müssen. Erst bei einer anschließenden Großrazzia konnten sie den Mann festnehmen.
Alassa M. galt als Rädelsführer und wurde abgeschoben, hat inzwischen aber erneut Asyl beantragt und befindet sich in der Erstaufnahmeeinrichtung in Stuttgart.
Todesstrafe: „Kein Tabu“
„Für solche Fälle braucht es einer wirksamen Abschreckung. Dafür darf eine Änderung von Art. 102 GG kein Tabu sein“, schreibt der AfD-Politiker dazu. Indirekt fordert Thomas Seitz eine Wiedereinführung der Todesstrafe, so verstehen es viele andere Twitter-Nutzer, die empört reagieren.
„Seitz hatte lange wenig Aufmerksamkeit – aber für einen Juristen ist das als Schrei nach Beachtung zu krass. Ich fürchte, er meint es ernst. Damit stellt er Grundfesten des Grundgesetzes in Frage“, schreibt eine Nutzerin.
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Ein anderer kommentiert: „Der Vatikan äußerte sich dieses Jahr zur Todesstrafe: sie sei „unzulässig, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt“. Als Mitglied einer Partei, die sich als Verteidiger des christlichen Abendlandes sieht, sollten Ihnen diese Worte zu denken geben.“
Mausrutschen gehört zur Strategie der AfD
Es gehört zur Strategie der Rechtspopulisten, immer wieder mit haarsträubenden Thesen und Forderungen zu provozieren und Aufmerksamkeit zu erzeugen. Im Nachhinhein rudern die AfD-Leute dann gern zurück: Es war ja nicht so gemeint, man hat uns da wohl nicht ganz richtig verstanden.
Ex-AfD-Vize Beatrix von Storch hat durch diese Strategie sogar ein Wort geprägt, das gute Chancen hat, mal irgendwann im Duden zu stehen. Unter M wie Mausrutschen steht dann da: „Etwas wirklich Dämliches und Menschenverachtendes in die Welt rausposaunen, um dann am nächsten Tag zu behaupten, man meine alles ganz anders, ein technischer Fehler habe das Missverständnis wohl verursacht.“
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Manchmal ist es gut, solche Mausrutscher einfach zu ignorieren. Thomas Seitz aber ist diesmal viel zu weit gegangen. Der Staatsanwalt a.D. sitzt als Abgeordneter im Bundestag: Das sollte er als Mensch, der das Grundgesetz derart hinterfragt, nicht.
Beamtenstatus aberkannt
Bekanntheit hatte Seitz zuletzt vor allem dadurch erlangt, dass das baden-württembergische Justizministerium ihm den Beamtenstatus aberkennen lassen will. Unter anderem, weil AfD-Mann Seitz in seiner außerdienstlichen Tätigkeit bei Wahlkämpfen seine Pflichten als Beamter regelmäßig verletzt hatte.
In der Verhandlung hatte die Vorsitzende Richterin Ute Baisch zudem erklärt, dass manche seiner Äußerungen „dem rechtsextremen Gedankengut zugeordnet“ werden können. Auch die neuerliche Äußerung auf Twitter könnte Konsequenzen für den Abgeordneten haben.