Das Bürgergeld wurde bereits mit einer Mehrheit der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossen. Damit das auch pünktlich zum 1. Januar 2023 an den Start gehen kann, muss der Bundesrat noch zustimmen.
Die Union drohte aber bereits mit einer Blockade. Der CDU-Vize, Carsten Linnemann, macht bei „Anne Will“ deutlich, warum die Union dem Bürgergeld skeptisch gegenübersteht. Der Generalsekretär der SPD, Kevin Kühnert, wirft Linnemann einen „billigen politischen Punkt“ vor.
Bürgergeld: „Wie Fußballspiel ohne gelbe und rote Karten“
Zum Jahreswechsel soll das Bürgergeld Hartz 4 ablösen. Der Regelsatz soll dabei auf 502 Euro steigen. Nicht nur die Erhöhung, sondern auch die Schonvermögen von bis zu 60.000 Euro und eine Vertrauenszeit mit wenigen bis gar keinen Sanktionen sorgten im Vorfeld für heftige Diskussionen.
Auch nach Meinung Linnemanns habe das mit dem Sozialstaat nichts mehr zu tun. Kevin Kühnert entgegnet, dass im aktuellen Hartz-4-System lediglich drei Prozent der Bezieher von Strafen wegen Versäumnissen betroffen seien. „Sie sind dafür bereit, in Kauf zu nehmen, dass die anderen 97 von 100 Arbeitslosen als lustlose Trottel dargestellt werden, die sich nicht anstrengen wollen“, beschuldigt der 33-Jährige seinen CDU-Mitdiskutanten. Kühnerts Fazit: „Sie wollen einen billigen politischen Punkt machen, indem Sie entgegen allen Kenntnissen falsche Behauptungen aufstellen.“
Auch die drei Menschen, die sich nicht an die Regeln halten, müssten sanktioniert werden, kontert Linnemann. „Es muss ein Regelsystem im Staat geben, ansonsten verlieren Sie die Akzeptanz bei den Leuten, die jeden Tag arbeiten gehen“, mahnt der CDU-Politiker. Sein Fazit: „Wir brauchen weiter Sanktionen, das ist wie ein Fußballspiel ohne gelbe und rote Karten.“
Bürgergeld: Lohnt sich Arbeit noch?
Doch für Kühnert ist klar: „Wir machen die Bürgergeldreform, damit die Leute aus der Langzeiterwerbslosigkeit wieder in eine Arbeit kommen.“ Die Union sieht das Prestige-Projekt der SPD mit ganz anderen Augen. „Im Kern geht es Ihnen um die Agenda 2010. Sie wollen das rückabwickeln, um damit Schluss zu machen“, wirft der 45-Jährige den Sozialdemokraten vor.
Die Debatte um Bürgergeld und Arbeit reißt nicht ab. Für die Union steht fest, dass es viele Menschen gibt, die Vollzeit arbeiten aber unterm Strich weniger haben als die, die Bürgergeld bekommen, so Linnemann.
Gerade das Gegenteil dieser Behauptung ist laut Kühnert das Ziel, „dass die Leute nachhaltig in Beschäftigung vermittelt werden, von der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.“
SPD gegen Union: „Wen klagen Sie an, wenn nicht sich selbst?“
Die Berechnung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zeigt, dass Menschen, die zum Mindestlohn arbeiten, mehr Geld zur Verfügung haben als Menschen, die Bürgergeld beziehen. Unter der Bedingung, dass zum Beispiel auch Kinderzuschuss oder Wohngeld beantragt werden.
Der SPD-Generalsekretär teilt hier ganz besonders gegen die Union aus: „Da verstehe ich die Position Ihrer Partei nicht, sie ist auch völlig in sich widersprüchlich.“ Damit ein Abstand zwischen Leistungsbeziehern und Arbeitnehmern besteht, könne man entweder die „Leute nach unten drücken“ oder dafür sorgen, dass oben „mehr Kleben bleibt“, so Kühnert. Die Union stehe für keine dieser politischen Strategien.
„Eine Republik nach Ihren Vorstellungen hätte zwar jetzt einen Regelsatz von 502 Euro, aber der Mindestlohn würde bei 10,45 Euro stehen“, greift Kühnert Linnemann an. Empört fragt er weiter: „Über was beschweren Sie sich eigentlich im Moment gerade? Wen klagen Sie an, wenn nicht sich selbst?“
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„Mir geht es darum, dass Sie die Menschen in Deutschland vergessen, die das bezahlen“, mahnt der CDU-Vize Richtung Kühnert. „Das Bürgergeld bezahlen diejenigen, die jeden Tag aufstehen, 40 Stunden arbeiten gehen, Steuern zahlen.“ Das sei das Problem des Bürgergeldes, dass es keine Anreize mehr gebe zu arbeiten. Kevin Kühnert bleibt nur eines übrig: Kopfschütteln.