Die Situation in Afghanistan ist eskaliert – weil das Land jetzt unter der Kontrolle der Taliban steht, sind Ortskräfte und Helfer der deutschen Bundeswehr aktuell in großer Gefahr. Neben Sorge um die Menschen werden auch Vorwürfe gegenüber der Bundesregierung und führenden Politikern laut – warum kam es nicht schon früher zu Rettungsmaßnahmen?
In der ARD stellte sich CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet am Montagabend den Fragen von Ingo Zamperoni. Der nahm dabei kein Blatt vor den Mund – und wird dafür gefeiert.
Armin Laschet wird in der ARD in die Mangel genommen – „Habe ich das richtig verstanden?“
Bei den „Tagesthemen“ kommt Ingo Zamperoni im Gespräch mit Armin Laschet gleich zur Sache: „Habe ich das richtig verstanden, da klammern sich verzweifelte Menschen an startende Flugzeuge und Ihre größte Sorge ist, dass sich 2015 hier bei uns nicht wiederholt?“
Damit spielt der Nachrichtensprecher auf Laschets Aussage am Sonntag an, dass sich das Fluchtgeschehen im Jahr 2015, das Jahr, in dem Angela Merkel viele Flüchtlinge ungeprüft nach Deutschland ließ, so nicht wiederholen solle – für viele Menschen eine Absage an mögliches Asyl für viele Afghanen in Not.
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Das ist Armin Laschet:
- Der 61-Jährige ist Kanzlerkandidat von CDU und CSU.
- Er ist 1,72 Meter groß – Merkel kommt auf 1,65 Meter.
- Laschet soll ein direkter Nachfahre von Karl des Großen sein.
- Seit 2017 ist er Ministerpräsident von NRW, seit 2021 CDU-Bundesvorsitzender
- Armin Laschet lebt in Aachen und hat mit Ehefrau Susanne drei erwachsene Kinder (zwei Söhne und eine Tochter)
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Doch der CDU-Kanzlerkandidat wiegelt ab: „Nein, das haben Sie nicht richtig verstanden, ich habe gestern drei Vorschläge gemacht“. So habe er am Sonntag gefordert, die Ortskräfte, die die Bundeswehr unterstützt haben, sofort nach Deutschland zu holen – allen voran auch die Frauen, „die unter den Taliban besonders leiden werden“. Die Ortskräfte und gefährdeten Frauen, wie Schriftstellerinnen, Journalistinnen, Aktivistinnen müssen jetzt die Chance haben, das Land zu verlassen – und Deutschland sollte von den Geretteten „ auch so viele wie möglich aufnehmen in den nächsten Tagen.“
+++ Afghanistan: Wegen Vorrücken der Taliban – damit beginnt die Bundeswehr am Montag +++
Armin Laschet: ARD-Journalist Ingo Zamperoni kritisch – „Die Menschen fühlen sich im Stich gelassen“
„Tagesthemen“-Journalist Zamperoni bleibt allerdings hartnäckig: „Aber Herr Laschet, die Menschen, die sich jetzt auf uns verlassen, fühlen sich jetzt im Stich gelassen. So viele werden wir da gar nicht mehr rausholen können.“ Er fragt den CDU-Politiker: „Müssten wir jetzt nicht mit anderen europäischen Ländern über Kontingente reden, wieviele Afghanen wir aufnehmen können, nachdem sie uns geholfen haben?“
Laschet stimmt zu: „Ja, wir müssen diesen Prozess ordnen. Das ist ja der Vorschlag, den ich gemacht habe, aber der muss europäisch abgestimmt sein.“ Aber dann wird klar, dass sich der CDU-Chef lediglich nach wie vor auf die Helfer der Bundeswehr bezieht – deren Rettung sei die größte Aufgabe der nächsten Stunden. Zu einer Aussage, ob darüber hinaus weitere Flüchtlinge oder Afghanen in Not aufgenommen werden, lässt sich Armin Laschet nicht hinreißen.
Deshalb nimmt Ingo Zamperoni ihn noch einmal in die Mangel: „Es wirkt halt nur so, wenn Sie und auch ihre Parteimitglieder sagen, 2015 darf sich nicht wiederholen, als sei der Blick auf die innenpolitische Botschaft wichtiger, als eben diese Rettungsaktion.“ Dann übt der Journalist weiter Kritik: „Die deutsche Botschaft hat ja in Kabul vor Wochen auf die Gefahren für Mitarbeiter und Ortskräfte hingewiesen, wie kommt es dazu, dass erst jetzt – die von Ihrer Partei geführte Bundesregierung – diese Ausreise jetzt erst anleiert?“
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Armin Laschet wehrt sich – er gehörte sowohl 2015 als auch heute, zu denen, die den Kurs der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingsfrage immer für richtig gehalten haben. Aber: „Die gemeinsame Lehre war ja, ein solch unkontrollierbarer Zustand, dass plötzlich über eine Million Menschen an der österreichischen Grenze stehen, den darf es nicht mehr geben.“ Stattdessen müsse man proaktiv und humanitär helfen, erklärt der 61-Jährige den Hintergrund seiner Bemerkung. Damit lässt Zamperoni seinen Interview-Partner jedoch nicht davon kommen: „Aber jetzt ist es zu spät für viele Menschen, die unsere Hilfe brauchen in Afghanistan.“ Laschet unterbricht: „Nein, wir müssen erstmal alles tun, was noch geht, und danach wird es weitere Bewegungen geben.“
Armin Laschet: „Die Schuld ist eingestanden“
Zu dem Fehlverhalten der Regierung räumt der Kanzlerkandidat ein: „Ja, die Schuld ist eingestanden. Die Bundesregierung hat, wie alle internationalen Institutionen und Dienste, eine Fehlkalkulation gemacht. Das muss auch aufgearbeitet werden.“
Das reicht Zamperoni allerdings nicht: „Sie selbst haben noch vor zwei Wochen, als der Vormarsch der Taliban schon absehbar war, sich für Abschiebungen nach Afghanistan ausgesprochen. Wollten Sie nicht wahrhaben, was in dem Land passiert?“ Laschet rechtfertigt sich mit den Lageberichten des Auswärtigen Amtes, die beurteilen, ob Abschiebungen möglich sind.
Weitere Kritik des ARD-Journalisten, zum Beispiel warum die CDU gegen einen Rettungs-Entwurf der Grünen im Juni stimmten, bügelt Armin Laschet ab – man könne nun zwar in „parteipolitisches Hick-Hack verfallen“, das habe jetzt aber keinen Sinn, „wo die Bundeswehr, unsere Soldaten versuchen, Menschenleben zu retten.“ Er sage zu, dass alles aufgeklärt werde und Konsequenzen gezogen werden.
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Auch wenn dem NRW-Ministerpräsidenten das Interview mit Ingo Zamperoni wohl kaum gefallen hat, zeigen sich die Zuschauer auf Twitter umso begeisterter von dem Schlagabtausch:
- „Ihr habt die richtigen Fragen gestellt…Chapeau!“
- „Danke für dieses hervorragende Interview. Sie haben sich nicht zufrieden gegeben mit Herrn Laschets Antworten und alles auf den Punkt gebracht. Es war eine Freude, das zu sehen. Meinen Respekt dafür!“
- „Für Ingo allein hat sich die GEZ-Erhöhung gelohnt.“
- „Exzellentes Interview von Ingo Zamperoni. Bestes deutsches politisches Interview an das ich mich erinnern kann.“
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