Es ist offiziell: Das Bürgergeld wird zum 01. Januar 2024 erhöht. So sollen alleinstehende Erwachsene dann 61 Euro mehr auf dem Konto haben. Der Regelsatz steigt so von 520 Euro auf 563 Euro pro Monat.
Und genau damit bricht eine alte Debatte erneut vom Zaun: Lohnt es sich überhaupt noch zu arbeiten, wenn die staatlichen Leistungen erhöht werden? Oppositionspolitiker brachten diesen Gedanken ins Spiel, und CDU-Chef Friedrich Merz ging sogar so weit zu behaupten, dass Menschen, die „mit staatlichen Transferleistungen am Ende des Jahres mehr herausbekommen, als wenn sie in einer einfachen Beschäftigung arbeiten“.
Bürgergeld: Lohnt sich Arbeit noch?
Der Lohnabstand, also der Abstand zwischen Bürgergeld und Niedrig-Löhnen, ist gesetzlich geregelt. Das ARD-Magazin „Monitor“ versucht damit genau dieser Frage auf den Grund zu gehen.
Das Ergebnis: Eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zeigt, dass Arbeitnehmer, die den Mindestlohn verdienen, auch weiterhin die Nase vorn haben, wenn es ums Geld geht. Egal, wie man es dreht und wendet, die Tatsache bleibt bestehen: Haushalte, in denen zumindest eine Person für den Mindestlohn schuftet, haben immer noch bedeutend mehr auf dem Konto als jene, die ausschließlich auf das Bürgergeld angewiesen sind. Die neuesten Berechnungen des WSI zeigen, dass der Abstand zwischen diesen beiden Gruppen in allen erdenklichen Szenarien mehrere hundert Euro beträgt.
Bürgergeld: So viel mehr gibt es mit Arbeit
Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Selbst nach der Erhöhung des Bürgergeldes haben Haushalte, in denen mindestens eine Person arbeitet, immer noch erheblich mehr Geld zur Verfügung. Alleinstehende können durchschnittlich mit zusätzlichen 532 Euro rechnen, während Familien mit drei Kindern je nach Alter zwischen 506 und 848 Euro mehr auf ihrem Konto haben werden.
Haushaltseinkommen bei Bürgergeld | Haushaltseinkommen bei Mindestlohn | Differenz | |
---|---|---|---|
Alleinstehender Erwachsener | 966 € | 1.498 € | 532 € |
Alleinerziehende, 1 Kind (14-17 Jahre) | 1.701 € | 2.485 € | 785 € |
Familie, 3 Kinder (14 -17 Jahre) | 3.514 € | 4.020 € | 506 € |
Die Studie verglich verschiedene Haushaltskonstellationen, in denen eine Person Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, mit Bedarfsgemeinschaften, die auf Bürgergeld angewiesen sind und keine Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen. Dabei wurden bundesweit durchschnittliche Mietkosten sowie staatliche Leistungen wie Kinderzuschläge und Wohngeld berücksichtigt.
Bürgergeld und Mindestlohn „reichen nicht“
Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin am WSI, fasst die Ergebnisse zusammen: „Wir haben festgestellt, dass man in allen diesen denkbaren Konstellationen mehr Geld hat, wenn man arbeitet, und dass der Abstand teils auch sehr deutlich ist“. Einen Anreiz, wegen des Bezugs von Bürgergeld nicht zu arbeiten, sieht sie daher nicht. Die Berechnung zeige, dass die Debatte „mit falschen und polarisierenden Zahlen“ geführt werde.
Obwohl die bevorstehende Anpassung des Bürgergeldes aufgrund der hohen Inflation der letzten Jahre ungewöhnlich hoch erscheint, haben sich die Mindestlohn- und Bürgergeldsätze im Verhältnis zueinander kaum verändert. Seit der Einführung des Mindestlohns 2015 ist dieser von 8,50 Euro auf geplante 12,41 Euro Anfang 2024 gestiegen, was einem Plus von 46 Prozent entspricht. Im selben Zeitraum erhöhte sich der Regelsatz für das Bürgergeld für Alleinstehende um 41,1 Prozent. Alles in allem hat sich der finanzielle Abstand zwischen den beiden Gruppen also kaum vergrößert.
„Der Lohnabstand ist damit praktisch gleich geblieben“, sagt auch Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Trotzdem reiche das Bürgergeld und auch der Mindestlohn nicht, um ein Leben mit angemessener gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen.