Butter, Öl, Brot – gestiegene Preise für Lebensmittel spüren wohl derzeit viele Kunden beim täglichen oder wöchentlichen Einkauf. Für viele wird so auch die Zubereitung des Weihnachtsessens zur Belastungsprobe.
Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen oder Bürgergeld-Bezieher können sich aufgrund der anhaltenden Lebensmittelkosten oft nur schwer das Nötigste für ihren Lebensunterhalt leisten. Die Tafel kommt genau dort zu Hilfe und unterstützt rund zwei Millionen Menschen in Not (mehr dazu hier). Die Dunkelziffer an bedürftigen Menschen sei noch höher. Denn auch Scham spiele ein große Rolle, wie Andreas Steppuhn, Vorsitzender von Tafel Deutschland, im Gespräch erläutert.
Bürgergeld: „Armut macht einsam“
In Deutschland gibt es rund 970 gemeinnützige Tafeln – dort verteilen hauptsächlich Ehrenamtliche gespendete Lebensmittel an bedürftige Menschen. Denn die Preise im Supermarkt sind stark nach oben geklettert, auch wenn die Inflation insgesamt zurückgegangen ist. Ein Weihnachtsessen wird teurer.
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Die Tafeln helfen rund 1,6 bis zwei Millionen Menschen – zu Weihnachten nehme das nicht exorbitant zu, betont Andreas Steppuhn. „Was aber zunimmt“, sagt Steppuhn, „ist, dass Armut auch oft einsam macht.“ Das merke man nicht nur zu Weihnachten. Aber: „Das ist natürlich eine Zeit, in der man das besonders spürt – wenn man kein Geld für Geschenke hat, für eine Einladung zum Familienessen oder für einen Restaurantbesuch mit Freunden.“
„Die Themen Armut und Einsamkeit sind in der kalten und grauen Jahreszeit noch einmal verstärkt spürbar, das kann die Betroffenen zusätzlich psychisch belasten“, so Steppuhn im Gespräch mit dieser Redaktion. Die Tafeln seien nicht nur Essensausgabestellen, sondern auch Orte der Begegnung, des sozialen Miteinanders. Zu Weihnachten werde das nochmal verstärkt wahrgenommen. So bieten viele Tafeln Senioren-Cafés oder Aktivitäten für Kinder an. An den Feiertagen sind manche Ausgabestellen offen, manche schließen bewusst. „Wenn Tafeln zumachen, ist das begründet“, betont Steppuhn, „denn die ehrenamtlichen Helfer sind physisch als auch psychisch an ihren Belastungsgrenzen und die brauchen auch mal eine Pause“.
Vor allem Rentner sind auf die Hilfe angewiesen
Immer mehr Menschen greifen auf das Angebot der Tafeln zurück – vor allem aber ältere Menschen. „Die größte Gruppe sind Rentnerinnen und Rentner“, so Tafel-Vorsitzender Steppuhn. „Es sind aber auch erwerbslose, sowie vermehrt Menschen mit einem Job im Niedriglohnsektor oder einem Minijob. Auch kommen Menschen, bei denen das Gehalt in Zeiten von Inflation und gestiegenen Kosten nicht mehr ausreicht, um über die Runden zu kommen.“
Dazu kommen seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 auch Geflüchtete aus der Ukraine. „Nahezu jede Tafel hat Kontakt zu geflüchteten Menschen aus der Ukraine“, so Steppuhn. In NRW habe sich die Zahl der Kunden von 350.000 auf jetzt mehr als 600.000 verdoppelt, so Petra Jung, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Tafel NRW, gegenüber der „Rheinischen Post“. Aber: „Die Tafeln befinden sich seit Jahren im Ausnahmezustand: die Pandemie, der Angriffskrieg auf die Ukraine, gestiegene Preise und Inflation verschärfen die Lage natürlich“, mahnt Steppuhn.
Die Ausgebstellen seien also am Limit. Und: „Dementsprechend sind auch die Helfer stark belastet.“ Zum größten Teil helfen und arbeiten bei den Tafeln ältere Menschen in Rente. Denn: „Für andere Menschen ist es kaum möglich, schon vorher zu helfen.“ Kutzner fordert: „Die Politik und auch Unternehmen müssen Lösungen finden und kreativ werden, dass es Menschen auch im Beruf beispielsweise ermöglicht wird, sich ehrenamtlich zu engagieren. Einige Arbeitgeber ermöglichen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereits ein solches Engagement.“
So kannst du die Tafeln unterstützen
Rund ein Drittel der Tafeln haben bereits Aufnahmestopps verhängt. „Es ist eine Dilemmarolle, in der wir uns befinden“, beklagt Steppuhn. „Zum einen haben die Supermärkte oftmals weniger Lebensmittel übrig, was wir grundsätzlich begrüßen. Zum anderen haben die Tafeln mehr Kundinnen und Kunden und benötigen Lebensmittel.“
Die Tafel versucht so auch direkt mit den Produzenten in Kontakt zu treten. „Wir müssen verstärkt neue Wege gehen, um unter anderem besser auf Großspenden von Herstellern reagieren zu können“, erklärt der Tafel-Vorsitzende. Selbst erfährt die Tafel auch viel Solidarität, vor allem in den Monaten November und Dezember gehen die meisten Spenden von Privatpersonen ein.
Diese werden nicht verwendet, um Lebensmittel zu kaufen, sondern um die Tafeln zu unterstützen beispielsweise mit Reparaturen oder neuen Fahrzeugen. Auch können Lebensmittel direkt bei den Ausgabestellen abgegeben werden. Steppuhn rät: „Einfach bei der Tafel vor Ort fragen, wie man unterstützen kann und was gerade am nötigsten gebraucht wird.“ Am besten wäre es, so Steppuhn, vor allem haltbare Lebensmittel wie Reis, Bohnen und Nudeln zu sammeln.