Der Kanzlerkandidat von CDU/CSU Friedrich Merz will zusammen mit der SPD ein Sondervermögen und eine Reformierung der Schuldenbremse durchsetzen – und das mit dem alten Bundestag. Darüber regt sich nicht nur bei FDP, AfD und Linke Widerstand, auch in der Bevölkerung stößt dieses Vorgehen auf Kritik. Ist dieses Vorgehen rechtens?
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Weil es im nächsten Deutschen Bundestag ohne AfD und Linke nicht die notwendige Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes gibt, kommt der alte Bundestag am nächsten Donnerstag und am Dienstag darauf (13. und 18. März) zu Sondersitzungen zusammen, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Möglich ist dies, da ein Drittel der Abgeordneten (CDU/CSU und SPD) Sondersitzungen an diesen Tagen verlangt hätten. Drei Grundgesetzänderungen stehen dann auf der Tagesordnung.
Wenn alter Bundestag aufgelöst ist, existiert er nicht mehr
Über dieses Vorgehen regt sich Widerstand. So schreibt ein X-Nutzer: „Der Bundespräsident hat nach der verlorenen Vertrauensfrage den Bundestag aufgelöst. So steht es im GG. Aufgelöst heißt, er existiert nicht mehr. Wenn jetzt aufgelöste Parlamente die Verfassung ändern können, dann kann auch ein Karnevalsverein seinen Prinzen zum Kanzler wählen.“
Auch die AfD-Politikerin Beatrix von Storch kritisiert auf X: „WARUM wird der neue Bundestag nicht SOFORT konstituiert? Der 25. März ist der *spätest* mögliche Termin. Aber früher wäre möglich. Wer trotzdem mit den ABGEWÄHLTEN Mehrheiten noch Gesetze durchpeitschen will, verachtet Volk und Demokratie.“
FDP-Frau über Verhalten von Union und SPD: „Wenig Demut vor dem Volk“
Und auch die FDP-Frau Katja Adler findet deutliche Worte: „Am 23.2. hat das Volk ein neues Parlament gewählt. Nun soll (aus Angst vor den neuen Mehrheiten im neuen Parlament?) das alte, abgewählte Parlament bemüht werden, das Grundgesetz zu ändern und Schulden in nie da gewesener Dimension zu ermöglichen. Wie wenig Demut vor dem Volk, dem Grundgesetz und der Demokratie kann man haben?“ Die Linkspartei droht zu klagen.
Doch wie ist das Vorgehen von CDU/CSU und SPD juristisch zu bewerten? Dürfen sie mit dem alten Bundestag abstimmen? Verfassungsrechtler bewerten die Situation weitgehend einheitlich. Die Düsseldorfer Staatsrechtlerin Prof. Dr. Sophie Schönberger betonte auf „Lto.de“, dass der alte Bundestag „vollumfänglich handlungs- und entscheidungsfähig, bis der neue Bundestag zusammentritt“ bleibe.
„Es handelt sich um eine Stilfrage, nicht um eine Rechtsfrage“
Auch Prof. Dr. Ulrich Battis, ehemaliger Professor von der HU Berlin, sieht dies so und sagte: „Es handelt sich um eine Stilfrage, nicht um eine Rechtsfrage.“
Sie stützen sich auf Artikel 39 des Grundgesetzes. In Absatz eins heißt es (unter anderem): „Seine Wahlperiode endet mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages.“ Der neue Bundestag tritt erst dann zusammen, wenn er konstituiert wird. Dass der alte Bundestag noch Gesetze beschließen und damit auch das Grundgesetzt ändern kann, ist nachvollziehbar, schließlich soll es keine handlungsunfähige Zeit geben.