Weil die Corona-Zahlen in Deutschland weiter steigen, wird der Fokus immer mehr auf die Impfung gelegt.
Ab 15. März soll es für Beschäftigte in Pflege und Medizin eine Impfpflicht geben, um betroffenen Personen zu schützen. Während Markus Söder diese für Pflegekräfte in Bayern zunächst aussetzen will, scheiterte nun ein Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht.
———————–
Corona in Deutschland (Stand: 10. Februar):
- 7-Tage-Inzidenz: 1465,4
- Neue Corona-Fälle: 247.862
- Corona-Todesfälle insgesamt: 119.453
- Anteil der Menschen mit mindestens einer Impfung: 76%
- Anteil der Menschen mit Booster-Impfung: 54,7%
———————–
Corona in Deutschland: Höhepunkt der Omikron-Welle noch nicht erreicht
+++ Zum Aktualisieren HIER klicken +++
Freitag, 11. Februar 2022
9.35 Uhr: Bundesverfassungsgericht lehnt Antrag gegen Teil-Impfpflicht ab
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat einen Eilantrag gegen die Impfpflicht für Beschäftigte in Pflege und Medizin abgelehnt.
Laut Begründung des Gerichts sind die Nachteile, die den – überwiegend im Gesundheitswesen tätigen – Antragstellern durch die Impfpflicht drohten, weniger schwer als die Nachteile, die bei einem Aussetzen der Regelung für vulnerable Menschen zu befürchten sind.
Die Ablehnung des Antrags bedeutet allerdings noch nicht, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht grundsätzlich verfassungsmäßig ist –das muss noch im Hauptverfahren geprüft werden.
10. Februar 2022
19.01 Uhr: FDP-Fraktionschef will Maßnahmen-Stopp am 19. März
„Am 20. März sollte Deutschland zur Normalität zurückkehren“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Freitag. „Denn dann laufen die Maßnahmen aus, wenn der Bundestag nicht aktiv eine Verlängerung beschließt.“
Für eine Verlängerung bestehe aus heutiger Sicht jedoch kein Anlass, sagte Dürr. „Der Gradmesser für die Corona-Einschränkungen muss immer die Belastung des Gesundheitssystems sein“, sagte er. „Glücklicherweise gibt es diese Überlastung nicht mehr.“
Derzeit sei zu erleben, dass die Kliniken sehr gut mit der Omikron-Welle umgehen könnten, argumentierte Dürr. „Daher sollten wir schon heute damit beginnen, die Freiheitseinschränkungen Schritt für Schritt zurückzunehmen und zum 19. März – also in über einem Monat – auslaufen zu lassen.“
NRW-Ministerpräsident Wüst sieht das anders. „Corona werden wir perspektivisch nur kontrollieren können, wenn weltweit bewährte Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht, Abstandsregeln und Hygienekonzepte weiter möglich sind – solange sie eben leider notwendig sind“, sagte er dem „Spiegel“.
Die Bundesregierung solle bereit sein, „die eigene Fehleinschätzung aus dem Beginn ihrer Arbeit zu korrigieren“, sagte der CDU-Politiker und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz mit Blick auf die Frist vom 19. März. „Corona wird nicht plötzlich verschwinden, weil es politisch gewünscht ist.“
12.15 Uhr: Lauterbach warnt vor 500 Toten täglich, wenn Deutschland lockern – „Ich habe es mal ausgerechnet“
Obwohl Karl Lauterbach von einer deutlichen Entspannung der Corona-Lage in Deutschland in den kommenden Wochen ausgeht, warnt er eindringlich davor, jetzt zu schnell zu lockern.
Im ZDF-„heute journal“ brachte der Gesundheitsminister die Zahl von bis zu 500 Corona-Toten täglich ins Spiel, wenn Deutschland ähnlich wie Israel sofort die Maßnahmen lockern würde. Wörtlich sagte er: „Ich habe mal ausgerechnet, wie viele Menschen derzeit mit der Strategie Israels sterben würden, wenn wir ähnlich vorgehen würden. Dann kommt man auf eine Quote von vielleicht 400, 500 Menschen, die in Deutschland [pro Tag] sterben würden.“
Aktuell verzeichnet Deutschland zwischen rund 100 bis 200 neue Corona-Todesfälle täglich. In Israel wurden die Maßnahmen weitgehend gelockert, obwohl die Inzidenzzahlen hoch sind.
Das ZDF wollte im Anschluss an die Sendung von Lauterbach genauer wissen, wie er auf diese Hochrechnung kommt, doch auf Anfrage wollten weder das Bundesgesundheitsministerium noch das Robert Koch-Institut Details nennen. Ein Sprecher von Lauterbach sagte lediglich, dass man während der Pandemie immer wieder mit RKI-Modellierungen gearbeitet habe. Durch die Eingabe verschiedener Kernzahlen könnten Todeszahlen prognostiziert werden.
Professor Thorsten Lehr erklärte auf Anfrage von „ZDF heute“, das unter bestimmten Bedingungen diese tägliche Opferzahl möglich wäre. Lehr leitet den Covid-19-Simulator an der Universität des Saarlandes. Der Professor sagt, dass bei einer 7-Tage-Inzidenz von über 3.500 bis 4.000 durchaus „400 bis 500 Tote pro Tag“ möglich wären. Aktuell liegt die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland noch bei unter 1.500.
Jedoch schränkte Lehr ein, dass beispielsweise neue Therapien, die nun gegen schwere Verläufe zur Verfügung stehen, nicht in der Simulation enthalten sind. Das könne die Zahlen deutlich absenken. Auch ist unklar, ob eine 7-Tage-Inzidenz von über 4.000 tatsächlich drohen könnte.
Mittlerweile hat sich Karl Lauterbach auf Twitter zur Kritik an der hohen Prognose der Todeszahlen erklärt. Er schrieb: „Wie stark heute protestiert wird, wenn man das nicht gerne gehörte, aber offensichtliche, sagt: würde unsere Inzidenz deutlich steigen hätten wir deutlich mehr Tote. Gibt man Werte in RKI-Modell ein, zeigt sich das sofort. Omicron Wunschenken hilft nicht.“
9. Februar 2022
17.26 Uhr: Lauterbach verspricht „super Sommer“
Optimistische Worte von Karl Lauterbach im Interview mit „apotheken-umschau.de“.
„Wir werden die Omikron-Welle in den nächsten Wochen brechen können und dann gibt es viele Freiheiten zurück“, so der SPD-Gesundheitsminister. „Es wird ein super Sommer werden. Was im Herbst kommt, hängt im Wesentlichen davon ab, ob wir die Impfpflicht für die Ungeimpften durchsetzen können. Wenn uns das nicht gelingt, wird es im Herbst wieder große Probleme geben“.
Lauterbach plädiert weiterhin für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren, betont aber: „Wenn wir diese Debatte jetzt auf uns nehmen – in der Politik und in der Gesellschaft – dann möchte ich auch, dass die Impfpflicht nachher funktioniert.“
„Wir wissen, wie Omikron sich verbreitet. Wir wissen, wie schwer die Delta-Welle verlaufen ist. Wir wissen, dass es Vorbehalte gegen das Impfen gibt. Vieles von dem wussten wir nicht“, meint Lauterbach. „Für die Erfüllung der Impfpflicht reichen die drei Impfungen zur Grundimmunisierung. Wer sich dennoch infiziert, hat keine schweren Verläufe zu erwarten. Wer sich zur Sicherheit nochmals oder auch jährlich impfen lässt, kann das auch machen“.
Für eine Entscheidung gegen eine Impfung hat Lauterbach nach wie vor wenig Verständnis. „Es ärgert mich, dass die kleine Gruppe der Nichtimpfwilligen einen so großen Einfluss darauf hat, wie wir derzeit leben“, sagt der Gesundheitsminister. Die Selbstgerechtigkeit, mit der Impfgegner ihre Haltung verteidigen, finde er „ziemlich erstaunlich.“
17 Uhr: Völlig neue Covid-19-Variante in New York aufgetaucht – Virologe: „Einzigartige Konstellation“
In sieben Proben aus dem Abwasser von New York (USA) ist offenbar eine neue Coronavirus-Mutation festgestellt worden. Forscher der City University of New York entdeckten die Variante, die bisher in dieser Struktur noch nirgendwo sonst auf der Welt festgestellt wurde, berichtet die „Tagesschau“.
Virologe John Dennehy zeigt sich beunruhigt: „Beim Sequenzieren konnten wir die Covid-Varianten identifizieren, die New York gerade beschäftigen. Aber darüber hinaus sind wir auf Virus-Fragmente gestoßen, die eine einzigartige Konstellation von Mutationen aufweisen. Diese Struktur, die wir in dieser New-York-Variante gefunden haben, die wurde noch nirgends auf der ganzen Welt gesehen.“ Laut Mikrobiologin Monica Trujillo müsse diese Variante im Auge behalten werden und wachsam sein.
Bisher sei diese Mutation noch bei keinem Infizierten nachgewiesen worden. Daher ist es auch möglich, dass diese Viren von Tieren stammen könnten, die in New York leben, also etwa Ratten, Katzen oder Hunde.
7.55 Uhr: Ministerpräsident Söder löst Sturm der Entrüstung aus – Professor: „Praktisch kein Rechtsstaat mehr“
Mit der Ankündigung, die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal, in Bayern auszusetzen und damit aufs Eis zu legen, löst Ministerpräsident Markus Söder einen Sturm der Entrüstung aus. Auch der frühere CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet geht auf Distanz zu Söder.
Laschet im TV-Sender „Welt“: „Diese Strategie erschließt sich mir nicht ganz. Auch Bayern hat im Januar dringend gefordert, man soll diese Impfpflicht in besonderen Einrichtungen einführen. Jetzt haben wir Februar und jetzt will man sie nicht umsetzen.“ Es könne nicht ein Bundesland ein Gesetz einfach nicht umsetzen, so Laschet.
Diese Position teilen auch mehrere Staatrechtler. „Ein solches Handeln wäre verfassungswidrig“, erklärte Joachim Wieland, Professor für Öffentliches Recht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, der „Welt“. Wieland geht noch weiter: „Würden die Länder Bundesgesetze je nach ihrer politischen Einschätzung nicht umsetzen, hätten wir praktisch keinen Rechtsstaat mehr.“
Auch Staatsrechtler Christoph Degenhart hält es für „verfassungsrechtlich problematisch“, wenn ein Land so eindeutig der Intention eines Bundesgesetzes zuwider handle. „Dies widerspricht dem Grundsatz der Bundestreue.“
+++ Corona: Karl Lauterbach sorgt mit zwei neuen Prognosen für Wirbel +++
Kritik an Söder kommt auch vom Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe. Verbandspräsidentin Christel Bienstein sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland: „Pflege ist kein Spielball von Politik und Bürokratie.“ Es brauche „bundeseinheitliche, klare und gut begründete Regelungen“, so Bienstein. Sie plädiert weiter für die einrichtungsbezogene und allgemeine Impfpflicht, „um die Menschen mit Pflegebedarf zu schützen und den Weg aus der Pandemie zu beschreiten“.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterstrich am Dienstag seine Kritik am Vorgehen Söders. „Das gibt das vollkommen falsche Signal, dass die Proteste der Impfgegner und Querdenker bedeutsamer sind als der Schutz der älteren Menschen“, sagte Lauterbach. Der Rückzieher vom CSU-Chef habe ihn „bestürzt“.
Er geht weiter davon aus, dass auch Bayern die Impfpflicht für Pflege- und Klinikpersonal umsetzen wird. Es gebe aber keine „Mechanik“, Ministerpräsident Söder dazu zu zwingen. „Ich hoffe, wir können hier mit der ganz normalen Vernunft auch arbeiten“, sagte Lauterbach am Dienstagabend im ZDF-„heute-journal“.
Aus den Bundesländern kommen unterschiedliche Signale. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) plädiert dafür, die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht bundesweit auszusetzen. Er forderte den Bund auf klarzustellen, wie mit impfunwilligen Pflegekräften verfahren werden soll.
In den ARD-„Tagesthemen“ warnte Hans am Dienstagabend vor großen Unterschieden bei der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern, die teils großzügige Übergangsfristen planten. Das könne zu einem „unverantwortlichen Verschiebebahnhof“ ungeimpfter Pflegekräfte führen, die dann möglicherweise in anderen Ländern arbeiten würden.
Mehrere andere Länder kündigten derweil an, das Gesetz anders als Bayern umzusetzen. Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) warf Söder und anderen Spitzenpolitikern der Union am Dienstag in Mainz vor, dass beschlossene Gesetz „einseitig“ und in einem „handstreichartig im Alleingang“ aufzukündigen und damit „Verunsicherung“ zu schüren.
Viel Solidarität habe sie von CSU-Chef Söder nie erfahren, sagte Dreyer. „Das, was wir gestern erlebt haben, schlägt dem Fass den Boden aus.“ Die Äußerungen aus der Union seien verantwortungslos, rücksichtslos und von parteipolitischer Taktik geprägt. „Das schadet in einer Pandemie, das macht Politik absolut unglaubwürdig.“
Auch der schleswig-holsteinische Regierungschef Daniel Günther (CDU) kündigte an, sein Land werde die Impfpflicht wie geplant zum 15. März umsetzen. „Das ist ein Bundesgesetz, daran halten wir uns“, stellte ebensoh Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) klar.
Nordrhein-Westfalen wird die Corona-Impfpflicht für Pflege- und Klinikpersonal trotz Bedenken an der Praxistauglichkeit umsetzen. Das Gesetz sei beschlossen worden und werde auch so umgesetzt, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag in Düsseldorf. Der Sinn des Gesetzes sei nachvollziehbar, aber die Durchführung schwierig.´