Es soll das Sommermärchen 2.0 werden. In einer Welt, in der der Nationalismus und die Abschottung immer stärken zu werden scheinen, sollte die Europameisterschaft neben tollem Fußball die Einladung zu einem weltoffenen Fest in Deutschland sein. Doch das Fest scheint schlecht organisiert, unsere ausländischen Gäste sind verstimmt.
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Hauptkritikpunkte: Verkehrschaos, überfüllte Züge, ÖPNV nah am Zusammenbruch, Frust bei Fans, Sorgenkind Gelsenkirchen.
„EM ist extrem schlecht organisiert“
“Die meisten Engländer haben erwartet, dass es so reibungslos und perfekt ist wie bei der WM 2006. Doch diese EM ist extrem schlecht organisiert. Vor allem der Transport hin und zurück zu den Stadien“, sagt der Journalist Ben Rumsby “The Daily Telegraph“ dem ZDF.
Auch Miguel Delaney, Reporter von “The Independent England”, kritisiert: “Es ist nicht annähernd so gut organisiert, wie man es sich vorgestellt hat. Ewige Wartezeiten, Verspätungen.” Karl Olof Lundh von “TV 4” aus Schweden zeigt sich ebenfalls fassungslos: “Ich bin schockiert, wie alles funktioniert. Oder besser: nicht funktioniert. Es ist unglaublich, vom Transport bis zu Sicherheitsfragen.”
Deutsche Tugenden? Mitnichten!
Bereits in einen früheren Artikel zitierten wir ausländische Stimmen. Die „New York Times“ schrieb: „Effizienz. Zuverlässigkeit. Funktionalität. Viele Leute verbinden Deutschland mit diesem Klischee. Aber bei der Europameisterschaft 2024 hat sich bisher keines dieser Klischees bewahrheitet. Die Turnierorganisatoren hatten Probleme, die Zuschauer vor den Stadien unter Kontrolle zu halten. Die Fans mussten auf dem Weg zu und von den Spielen miserable Bedingungen ertragen. U-Bahn- und Bahnverbindungen in den Austragungsstätten waren aufgrund der zusätzlichen Nachfrage überlastet.“
Die Association of Tartan Army Clubs (ATAC) kritisierte: „Die Züge zu und von den Stadien in München und Köln sind gefährlich überfüllt. Sie sind unzuverlässig, glühend heiß und weit über ihr Fassungsvermögen mit Fans vollgestopft worden.“
„Wenn wir auf Schalke verzichtet hätten, hätten uns alle den Hals umgedreht“
Und weiter forderte sie: „Wenn die UEFA darauf besteht, dass die Spiele um 21 Uhr angepfiffen werden, müssen die öffentlichen Verkehrsmittel verbessert werden, um dies zu ermöglichen.“ Und weiter: „Wir sind mit unserer Erfahrung nicht allein, wir wissen, dass die Fans anderer Nationen die gleichen schlechten Erfahrungen machen.“
Immerhin: Die EM-Organisatoren räumen dem ZDF gegenüber Fehler ein. So sagt der Geschäftsführer EURO 2024, Andreas Schär, dass es von Beginn an klar gewesen sei, dass “Gelsenkirchen eine harte Nuss” werde. Es sei ein zu großes Stadion in einer zu kleinen Stadt.
“Aber wenn wir auf Schalke verzichtet hätten, hätten uns alle den Hals umgedreht“, so Schär. Die Probleme mit der DB seien bekannt gewesen. Und: Die regionalen ÖPNV-Betriebe reagieren mittlerweile mit einem größeren Aufgebot an Bussen und Zügen, sodass erste Verbesserungen sichtbar werden.