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Ein guter Gastgeber? So überraschend denken die Deutschen nach der EM über sich

Die EM ist vorbei und wie fällt das Fazit der Deutschen aus? Es gibt erste interessante Statements und Einschätzungen.

So denken die Deutschen nach der EM über sich.
© imago images/Sven Simon

Niederländer feiern EM-Saxophonist in Dortmund - im Oranje-Trikot

EM-Saxophonist André Schnura feierte vor dem EM-Halbfinale mit den niederländischen Fans in Dortmund. Dabei trug er ein besonderes Trikot.

Spanien ist zum vierten Mal Europameister geworden, das Wetter hätte besser sein können, dafür war die Stimmung in den Stadien und bei den Fanfesten grandios – und Julian Nagelsmanns Mannschaft präsentierte sich stärker als erwartet. Wie empfindet sich das oft betrübte Land jetzt rückblickend als EM-Gastgeber?

+++ Auch spannend: Spanien – England: Wirbel um Siegtor – Fans haben große Zweifel +++

Die ersten Stimmen sind überraschend – trotz des chronischen Bahn-Chaos!

„Kneipen und Restaurant-Infrastruktur herausragend“

Sportredakteur Fabian Scheler von „Zeit Online“ (Podcast „Kicken kann er“) zieht auf X sein Fazit zur EM 2024. Es fällt fast schon überschwänglich aus:

„Deutschland ist ein perfekter Gastgeber. Riesige Arenen auf Höhe der Zeit, die Gäste haben sie gekapert und für einen Tag zu ihren gemacht. Kneipen und Restaurantinfrastruktur in Ausrichterstädten herausragend.“

Sportjournalist Fabian Scheler in seinem Beitrag auf X

72 Prozent der Deutschen mit sich als EM-Gastgeber zufrieden

Mit dieser positiven Selbsteinschätzung ist der Journalist nicht allein.

72 Prozent der Deutschen meinen, dass man „ein gutes Gastgeberland“ für die EM 2024 war.

Quelle: YouGov-Umfrage

Unter älteren Befragten der jetzt veröffentlichen repräsentativen Umfragen geben sogar 77 Prozent Deutschland ein gutes Zeugnis. Auch wenn es nicht für den EM-Titel im eigenen Land gereicht hat, war das Turnier immerhin für die Stimmung im Land ein Gewinn! Man blickt nach den düsteren Jahren von Corona, Inflation, Wirtschafts- und Energiekrise mal wieder mit mehr Selbstachtung auf sich.

Wären da nicht die chronischen Verkehrsprobleme…

Kann Deutschland also mit sich voll und ganz zufrieden sein? In seinem Tweet geht Fabian Scheler auch auf die DB-Probleme ein – versucht jedoch auch diesen Punkt halbwegs positiv zu drehen. Er meint, dass die EM-Gäste von den Einheimischen Gelassenheit bei Verspätungen abschauen konnten. „Gleichzeitig haben Gäste glaube ich von uns auch ein bisschen das Achselzucken gelernt, weil wir uns an unsere Bahn gewöhnt haben“, so der Journalist. Das hartnäckige Image der überpünktlichen Deutschen dürfte jedenfalls Kratzer bekommen haben!

Was Scheler sonst noch als Reporter in den Städten beobachtet hat: „Die EM fand in den Stadien, auf den Fanmeilen / Fanfesten und in sehr konzertierter Form (Düsseldorfer Altstadt, Münchner Marienplatz, Dortmunder Innenstadt) statt. Hat man diese Pfade verlassen, war es schnell vorbei mit EM-Atmo.“ Der „heimliche Hauptdarsteller“ dieses Turniers bei den Fans sei zudem das deutsche Wegbier gewesen.

Tourismusverband auch happy – erkennt aber Handlungsbedarf

Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft e.V. (BTW) gibt sich ebenfalls zufrieden. BTW-Generalsekretär Sven Liebert meint: „Wir haben ein großes, buntes und friedliches Fußballfest erlebt, bei dem sich Deutschland einmal mehr als toller Gastgeber präsentiert hat.“ Jedoch, so schränkt der Verband ein, sei während der EM „die Dringlichkeit eines Infrastrukturboosts in Deutschland“ sehr deutlich geworden. Da haben wir wieder das Thema der Verkehrsprobleme, die auch während der Europameisterschaft deutlich auftraten. Herr Scholz, Herr Lindner – wir brauchen ein Sondervermögen für Schienen, Straßen und Brücken!


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Ein sicheres Turnier dank der Polizei

Einen Punkt sollte man unbedingt noch erwähnen: Trotz kleinerer unschöner Ausschreitungen und Hooligan-Schlägereien waren es insgesamt sichere Wochen im Land. Urlaubssperren bei der Polizei, Polizisten sowie Rettungskräfte und Feuerwehrler in Dauereinsätzen machten das möglich. Ein von vielen im Vorfeld befürchteter Terroranschlag konnte glücklicherweise verhindert werden. So bleibt unsere EM in noch besserer Erinnerung.