Genau 100 Tage ist es her, dass die letzten drei Atomkraftwerke Isar 2 (Bayern), Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) und Emsland (Niedersachsen) vom Netz gingen. Kritiker befürchteten, dass durch den Wegfall der AKWs der Energiebedarf Deutschlands künftig nicht mehr gedeckt werden könne. Auf den ersten Blick scheinen neue Zahlen zum Stromimport- und export dies zu bestätigen. Doch wie ist das zu erklären?
Während in den Monaten Januar bis März noch ein Exportüberschuss von neun Terawattstunden (TWh) verzeichnet werden konnte, kippten nach einem weitgehend ausgeglichenen April die Monate Mai bis Juli deutlich in Richtung Import. Mit einem Minus von 3,0 beziehungsweise 3,7 TWh waren der Mai und der Juni sogar die importstärksten Monate überhaupt in den Energy-Charts, die vom Fraunhofer ISE in Freiburg bereitgestellt werden.
Energiekrise: Typische jahreszeitliche Entwicklung
Was sind die Gründe dafür? Zum einen fällt die Abschaltung der Atomkraftwerke ins Gewicht, da dadurch die Stromerzeugung hierzulande um zwei bis drei TWh pro Monat gesunken ist. Daneben spielt die Entwicklung vom typischen jahreszeitlichen Verlauf eine Rolle. Denn während das Winterhalbjahr für Deutschland traditionell sehr exportstark ist, kam es im Sommer in der Vergangenheit zu einem Importüberschuss.
Fehlen hierzulande Kraftwerke? Nein. Die grenzüberschreitenden Stromflüsse ergeben sich nicht aufgrund eines Mangels an Erzeugungskapazitäten, sondern aus der ökonomischen Logik heraus. Wenn der Strom im Großhandel in Nachbarländern billiger ist und die Netzkapazitäten es erlauben, dann werden Kraftwerke im eigenen Land gedrosselt und es wird Strom importiert. So importierte Deutschland vergangenen Quartal vor allem aus Dänemark, Norwegen, Frankreich und den Niederlanden Strom, da die Preise oft niedriger waren als hierzulande.