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Experte vor der Europameisterschaft deutlich: „Diese Gefahr ist real“

Wie sicher ist die Europameisterschaft 2024? Diese Frage umtreibt viele Fans. Im Interview spricht Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, von einer „realen Gefahr“.

Sicherheitsexperte Michael Mertens spricht im Interview über die Gefahren bei der Europameisterschaft.
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Der Sportsommer in Deutschland steht ganz im Zeichen der Europameisterschaft. Am 14. Juni steigt das Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Ungarn in München. Einen Monat später wird im Berliner Olympiastadion der Europameister gekürt. Insgesamt 24 Nationen haben sich für das Turnier hierzulande qualifiziert, mehrere Millionen Fans werden erwartet.

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Vor dem ersten Anpfiff ist vor allem die Frage nach der Sicherheit des Turniers in aller Munde. Die Sorge vor terroristischen Anschlägen ist groß. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, aber von einer anderen, realistischeren Gefahr.

Europameisterschaft: „Die Probleme nicht herbeireden“

Die Europameisterschaft in Deutschland soll ein Fest werden – auf und neben dem Platz. In den zehn Austragungsstätten der insgesamt 51 Partien werden 2,7 Millionen Stadionbesucher erwartet. Bis zu zwölf Millionen Fans werden die bundesweiten Fanzonen fluten. Eine gewaltige Menschenmenge, die ohne ein gutes Sicherheitskonzept nicht zu händeln wäre. Doch Deutschland kann das, da ist sich Mertens sicher.


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„Wir haben schon bei der WM 2006 gezeigt, dass wir gute Gastgeber sind und mit dem Zustrom der Fans gut umgehen können. Wir reden ja auch von Metropolen wie Berlin oder Hamburg, die sind es gewohnt, mit solchen Kapazitäten umzugehen. Da werden wir die Sicherheit herstellen können, das sehe ich nicht als großes Thema.“

EM 2024: „Alkohol kann ein Thema werden“

Was diese Ordnung jedoch herausfordern könnte, gerade beim Public Viewing und in den Fanzonen, sei der Alkoholpegel. Zwar würde überall in Europa Alkohol ausgeschenkt und getrunken werden,

„aber scheinbar ist im Bier der Prozentsatz teils sehr unterschiedlich. Es gibt Nationen wie England, die darauf hinweisen, dass das deutsche Bier deutlich stärker ist als das eigene. Dann kann der Alkohol durchaus ein Thema werden. Wir wissen alle, dass Alkohol enthemmt. Den einen macht es lustig, den anderen macht es aggressiv. Die Aggressivität kann mit erhöhtem Konsum leider auch steigen und das ist logischerweise auch ein Thema für unsere Einsatzkräfte in diesen vier Wochen.“

Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, im Interview mit unserer Redaktion

Für Innen- und Sportministerin Nancy Faeser ist das größte Thema derweil ein komplett anderes. Mehrfach hat sie auf das erhöhte Risiko terroristischer Anschläge hingewiesen. Das Ministerium kündigte „erhöhte Maßnahmen“ an. Daher wird es „während des Turniers an allen deutschen Grenzen vorübergehende Grenzkontrollen“ geben, „um mögliche Gewalttäter an der Einreise hindern zu können“, sagte Faeser im März der Rheinischen Post. Die Gewerkschaft der Polizei spricht ebenfalls von einem erhöhten Risiko, will den Teufel aber nicht an die Wand malen.

„Alles, was Sicherheitsfragen in diesem sensiblen Bereich betrifft, da wäre es sehr unklug, diese im Detail öffentlich zu kommunizieren und zu besprechen. Aber wir sind sehr wohl als Polizei auf viele Szenarien eingestellt und haben gute Netzwerke, um Gefahren vorher erkennen zu können. Wir sind in diesem Bereich gut aufgestellt und sind stark und intensiv unterwegs. Man muss aber auch nicht die Probleme herbeireden, wo keine konkreten Probleme sind.“

Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, im Interview mit unserer Redaktion

Mertens: „Das muss man sehr gut beobachten“

Aus polizeilicher Sicht existiere noch ein anderer Konfliktherd. Dieser wurde in der medialen Darstellung bisher eher vernachlässigt. Dabei sei die Eskalationsgefahr bei einem potenziellen Aufeinandertreffen der nationalen Hooligan-Szenen deutlich realer.

„Die Gefahr ist schon sehr real und das wird auch beobachtet. Wir haben ein internationales Polizei-Kommunikationszentrum, wo alle Erfahrungen und Erkenntnisse aus allen teilnehmenden Nationen zusammengefasst werden. Von dort werden die Informationen den Polizeiführern vor Ort zur Verfügung gestellt. (…) Wir haben die Gruppierungen mit ihren Ultra- und Hooliganszenen schon sehr gut erfasst. Das muss man sehr gut beobachten. In den Stadien ist das Problem des Aufeinandertreffens dieser Szenen nicht so groß. Die größere Herausforderung könnte außerhalb des Stadions liegen, wenn irgendwo auf Fanmeilen, wie der Düsseldorfer Altstadt, diese Gruppen aufeinandertreffen.“

Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, im Interview mit unserer Redaktion

Mertens wird im Interview nicht müde zu betonen, dass der deutsche Sicherheitsapparat bestmöglich vorbereitet sei und alle Kräfte mobilisieren wird. So hätten die Polizeien in fast allen Bundesländern während der Europameisterschaft eine Urlaubssperre verhängt. „Das sagt schon alles über die Bedeutung und die Größe des Einsatzes aus. Trotzdem wird es nur mit deutlichen Überstunden einhergehen, dass dieser Einsatz in diesen vier Wochen auch bewältigt werden kann.“

Sein Appell an die Bevölkerung vor dem Start der Europameisterschaft ist eindeutig. „Ich kann sagen, auch wenn es nirgendwo im Leben eine hundertprozentige Sicherheitsgarantie geben kann, wir sollten uns die Freude am Leben nicht nehmen lassen.“ Für Freude am Leben dürfte auch sein persönlicher EM-Tipp sorgen: „Ich habe schon vor einem halben Jahr gesagt, dass sie so schlecht, wie sie aktuell spielen, gar nicht sind. Wir haben ein riesiges Potenzial an Fußballspielern, die richtig gut sind. Wir brauchen jetzt eine Mannschaft, die geformt wird. Ich vertraue dem Naturell der Deutschen, dass sie eine Turniermannschaft sind und auch Trainer Nagelsmann, dass er diese Mannschaft findet. Darum sage ich, das Halbfinale ist drin.“