Essen.
Haben Ihre Kegelbrüder Konten in Zürich? Kennen Sie Leute, die Vollzeit arbeiten, aber offiziell nur 400-Euro-Jobs haben? Wollen Sie die mal in die Pfanne hauen? Dann wäre „steuerverrat.de“ die richtige Adresse gewesen.
Es gab sie wirklich, die Internetseite für Denunzianten. Ihre Schöpfer, Jörg Sprave und die Brüder Hartmut und Willi Mattutat, beteuern heute, dass das alles nur ein Scherz, ein Satireversuch „kurz nach Liechtenstein“ gewesen sei: Sie hätten sich geärgert, dass der Staat fünf Millionen Euro für eine CD mit Steuersündern bezahlt hatte. „Ein Rechtsstaat darf kein Recht brechen, keine Geschäfte mit Dieben machen, kein Denunziantentum unterstützen“, sagt Willi Mattutat. „Da wollten wir mal als Makler von vertraulichen Steuerdaten austesten, wie weit Staat und Bürger gehen.“
Die drei Freunde melden im Jahr 2008 ein Gewerbe bei der Stadt Hagen an, eine steuerpflichtige Firma für Steuerverräter. Und die Kunden kommen. „Es ist unglaublich, wie viele Menschen ihre Nachbarn, Bekannten und Kollegen anschwärzen, um an etwas Geld zu kommen“, wundert sich Mattutat.Da ist zum Beispiel der Pommesbudenkunde, der dem Koch seines Vertrauens unterstellte, nur jede zweite Frittenschale korrekt zu verbuchen.
Neuer Pass inklusive
Da ist die Dame, die ausführlich über zwölf Millionen Euro Schwarzgeld ihres „Ex“ plaudern wollte… Die Denunzianten stolpern noch nicht einmal über schräge Sätze wie „Ich wünsche, dass steuerverrat.de für mich mit Behörden über eine neue Identität (Pässe) verhandelt.“
Sechs gut belegte Fälle bieten die Makler diversen Staatsanwaltschaften an. Aber die halten sich zurück. Und das Bundesfinanzministerium stellt klar, dass „Liechtenstein“ die Ausnahme gewesen sei: „Wir wollen keinen Informationshandel und keinen Denunziantenstaat.“ Eine Absage an „steuerverrat.de“. Umso unglaublicher erscheint es Mattutat, dass Berlin nun wieder mit Datendieben ins Geschäft kommen will.
Die drei Freunde würden gern aus ihrer kuriosen Geschäftsidee ein Buch machen. Aber bisher hat kein Verlag angebissen.