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Wahl in Großbritannien: Favorit Keir Starmer ist „der langweiligste Mensch der Insel“

Am 4. Juli wählt Grußbritannien ein neues Unterhaus. Nach 14 Jahren könnten die Tories abgelöst werden, Keir Starmer steht parat.

Ab Freitag (05. Juli) könnte Keir Starmer das Amt des britischen Premierministers ausüben.
© IMAGO/Avalon.red

Keir Starmer neuer Labour-Chef in Großbritannien

Keir Starmer ist zum neuen Chef der britischen Labour-Partei gewählt worden. Der bisherige Brexit-Sprecher der Partei tritt die Nachfolge des glücklosen Jeremy Corbyn an. Seine Wahl ist ein Signal für eine Neuausrichtung von Labour.

Am Donnerstag (4. Juli) wählt Großbritannien ein neues Unterhaus. Auf der Insel bahnt sich nach 14 Jahren ein Machtwechsel an, denn laut Umfragen hängen die regierenden Tories der oppositionellen Labour-Partei weit hinterher. Premierminister Rishi Sunak könnte sein Amt an Keir Starmer verlieren. Bekommt Großbritannien einen Scholz 2.0?

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Seit über einer Dekade wird Großbritannien von konservativen Kräften regiert. Unter dem ehemaligen Premierminister Boris Johnson setzten die Tories den Brexit um und traten als erstes Land überhaupt aus der Europäischen Union aus. Seitdem findet das Regierungsschiff nicht zurück in ruhige Gewässer.

Wahl in Großbritannien: Tories hinterlassen Chaos

In Folge des Austritts versank das Land im wirtschaftlichen Chaos, reihenweise wurden Kabinetts-Mitglieder ausgetauscht und Johnson verwickelte sich in Skandale. Beispielsweise soll er mit seiner „Partygate“-Affäre während der Corona-Pandemie gegen die eigens formulierten Lockdown-Regeln verstoßen haben. Nach Aufständen zahlreicher Minister trat er im Sommer 2022 zurück. Auch seine Austeritätspolitik, das heißt sein strenger staatlicher Sparkurs und die folgende Unsicherheit an den Finanzmärkten, wurden ihm zum Verhängnis.

Es folgte ein kurzes Gastspiel von Liz Truss. Sie protzte mit Steuersenkungen, die allerdings nicht gegenfinanziert werden sollten. Ein weiterer Nackenschlag für die Finanzmärkte, in dessen Folge Großbritannien auf dem globalen Markt an Ansehen verlor. Nach nur 49 Tagen war auch für sie Schluss im Amt.


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Seitdem sitzt Rishi Sunak auf dem Chefsessel. Seine Aufgaben beim Amtsantritt im Oktober 2022 waren ebenso vielseitig wie herausfordernd: Er versprach die Wirtschaft zu stabilisieren, das nationale Gesundheitssystem NHS zu revolutionieren und die illegale Migration zu bekämpfen. Im Mai hatte Sunak die Neuwahlen für den 4. Juli angekündigt.

Laut Wahlperiode (5 Jahre) hätte erst im Januar 2025 gewählt werden müssen, doch die Opposition hatte seit Monaten auf Neuwahlen gedrängt. Sunaks jetzige Hoffnung: Die deutlich gesunkene Inflationsrate, welche zwei Prozent unter der Inflationsrate der Eurozone liegt, könnte ihm zusätzliche Stimmen einbringen.

Keir Starmer: mit Besonnenheit auf den Chefsessel?

Doch diese Rechnung geht kurz vor der Abstimmung nicht auf. Laut der jüngsten Prognose von „weThink“ eilt die oppositionelle Labour-Partei mit 42 Prozent davon. Die Konservativen würden demnach lediglich 20 Prozent der Stimmen erhalten.

Herausforderer von Sunak ist Keir Starmer. Der 61-Jährige ist seit April 2020 Vorsitzender der Labour Party und brilliert vor allem mit mangelnder Dynamik. In den britischen Medien wird er als „Mr. Boring“, „langweiligster Mensch der Insel“ und „Antipopulist“ abgefertigt. Innerhalb seiner Partei krempelte Starmer allerdings vieles um. Er schloss etliche Mitglieder wegen anscheinend antisemitischer Tendenzen aus und sorgte für einen internen Konflikt mit dem linken Flügel der Labours.

Keir Starmer führte die sozialdemokratische Partei zurück zur Mitte-Politik. Die Diskussionen um Verstaatlichung und Steuererhöhung flachten ab, der Diskurs rund um die nationale „Law and Order“-Politik wurde wieder lauter. Für diese radikalen Wenden wurde er bereits als „Sir U-Turn“ verspottet. Sein Biograf, Tom Baldwin, bezeichnete Starmer als den „unpolitischsten Politiker“, den er je getroffen habe. „Keir Stramer besteht aus vielen verschiedenen Schichten“, so Baldwin weiter.

Starmer stammt aus London, studierte in Leeds und Oxford und etablierte sich später als Rechtsanwalt für Menschenrechte. Im Jahr 2008 wurde er zum Chef des Crown Prosecution Service ernannt und stieg somit zum mächtigsten Strafverfolgungsbeamten auf. 2014 bekam er für seine Dienste als Beamter den Ritterschlag, 2015 folgte seine Wahl ins Unterhaus.

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Doch nach den zurückliegenden Chaos-Jahren könnte das britische Unterhaus durchaus etwas mehr Ruhe und Besonnenheit vertragen. In der Biografie wird er als prinzipientreuer Pragmatiker beschrieben – diese eher steife, von vornherein durchgetaktete Politik könnte ihn nun in das Amt des Premierministers hieven.